Reporting

Integrated Reporting zwischen Anspruch und Umsetzung

Das Innovationspotenzial integrierter Berichterstattung bleibt aktuell noch weitgehend ungenutzt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der imug Beratungsgesellschaft aus Hannover. Die Best-Practice-Studie zeigt auf, dass heutige integrierte Berichte nur bedingt den zentralen an sie gerichteten Erwartungen und Anforderungen gerecht werden. Insbesondere die Managementprozesse hinken der geforderten Integration noch recht deutlich hinterher.

16.06.2015

Integrated Reporting zwischen Anspruch und Umsetzung zoom

Die viel diskutierte Neuausrichtung der Unternehmensberichterstattung wird seit einigen Jahren maßgeblich durch das Integrated Reporting Council (IIRC) vorangetrieben. Das IIRC verfolgt in seinem Rahmenwerk für integrierte Berichterstattung einen prinzipienbasierten Ansatz, der den Unternehmen viel Gestaltungsspielraum bei der Berichterstattung lässt. Vor diesem Hintergrund beleuchtet die imug-Studie, wie die IIRC-Pionierunternehmen diese Vorgaben beim Reporting interpretieren. Es stellt sich die Frage, inwieweit können hier die Erwartungen hinsichtlich höherer Prägnanz, besserer Vergleichbarkeit und weiterer Einsichten über Wechselwirkungen zwischen ESG-Themen bereits erfüllt werden?

Die Auswahl von Best-Practice-Beispielen erfolgte in einem mehrstufigen Prozess. In der Vorauswahl wurden über hundert Unternehmen berücksichtigt, die am IIRC-Pilotprogramm teilgenommen haben. Letztlich wurden 25 Unternehmen ausgewählt, die in einem vergleichsweise hohen Maße den angelegten Bewertungskriterien entsprechen. Die Bewertungskriterien orientieren sich dabei an den im IIRC-Rahmenwerk formulierten Guiding Principles, da diese derzeit als zentrale formale Anforderungen an integrierte Berichterstattung anzusehen sind.

Zentrale Ergebnisse:

Kein Bericht wird derzeit bereits sämtlichen Kriterien im hohem Maße gerecht. Einem Großteil der ausgewählten Best-Practice-Beispiele kann attestiert werden, dass die Anforderungen hinsichtlich der strategischen Ausrichtung und Zukunftsorientierung zumindest teilweise erfüllt werden. Die unter dem Stichwort Konnektivität zusammengefassten Anforderungen sind insgesamt am ambitioniertesten. Folglich verwundert es nicht, dass bei diesem Kriterium bei den Unternehmen noch am meisten Entwicklungsspielraum zu sehen ist. Die Anforderungen hinsichtlich der Beschreibung von Stakeholderbeziehungen werden aufgrund eher oberflächlicher Beschreibungen ebenfalls größtenteils nur teilweise erfüllt.

Bei einer Vielzahl der analysierten Berichte ist aktuell zu beobachten, dass eine transparente Beschreibung von Materialitätsprozessen noch nicht selbstverständlich ist. Viele Unternehmen haben zudem Schwierigkeiten, Informationen möglichst prägnant wiederzugeben. Nur wenige Unternehmen haben den Mut, über kritische Ereignisse und Entwicklungen zu berichten. Genauso wenig gelingt es den Unternehmen bislang, eine ausreichende Grundlage zum umfassenden Vergleich verschiedener Unternehmensleistungen herzustellen.

Kein Best-Practice-Beispiel erfüllt alle Kriterien.
Kein Best-Practice-Beispiel erfüllt alle Kriterien.

„Gemessen an den Anforderungen des IIRC sind die deutschen integriert berichtenden Unternehmen noch relativ weit von den Idealvorstellungen des IIRC entfernt“, so Stefan Dahle, Leiter CSR- und Nachhaltigkeitsmanagement im imug. Bei einem für diese Studie angestellten Ratingvergleich des imug Bereichs Nachhaltiges Investment zu ESG-Kriterien zwischen integriert berichtenden Unternehmen und einer jeweiligen Branchenvergleichsgruppe fällt auf, dass die untersuchten Unternehmen teilweise deutlich über den Ergebnissen des Branchendurchschnitts liegen.

Tommy Piemonte, Leiter Nachhaltiges Investment, vermutet, „dass die integriert berichtenden Unternehmen sich bereits seit längerem mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen und daher auch einen gewissen Führungsanspruch haben“. Eine stichhaltige Aussage zum Einfluss integrierter Berichterstattung auf die Nachhaltigkeitsbewertung eines Unternehmens ist derzeit allerdings noch nicht möglich.

In einem Ausblick liefert die Studie erste Antworten auf derzeit intensiv diskutierte Fragen wie:

  • Wie wird sich die integrierte Berichterstattung zukünftig weiterentwickeln?
  • Was bedeutet die Entwicklung einer integrierten Berichterstattung für deutsche Unternehmen?
  • Welchen Mehrwert kann die Monetarisierung unterschiedlicher Kapitalarten liefern?
  • Welche Relevanz hat integrierte Berichterstattung für mittelständische Unternehmen?
  • Wie kann der Weg zu einem integrierten Bericht aussehen?

Die Idee der integrierten Berichterstattung bietet vielversprechende Ansätze, der Beliebigkeit der Nachhaltigkeitsdefinition ein ambitioniertes Konzept zur Messung der Faktoren nachhaltiger Wertschaffung entgegenzusetzen“, so Tommy Piemmonte. „Im Zuge dessen definiert sich Wertschaffung neu. Dies bedeutet, dass neben der traditionell finanziellen Perspektive ein holistischer Ansatz mit einem integrierten (Management-) Denkansatz um weitere Etablierung bemüht ist.“

Prinzipiell gilt: „Report follows Thinking.“

Grundlegend für die Entscheidung integriert zu berichten ist vor allem, mit welcher Ernsthaftigkeit ein Unternehmen den Managementansatz des „Integrated Thinkings“ verfolgt bzw. plant, dies weiter zu forcieren. Finden entsprechende Abstimmungsprozesse und Steuerungsinstrumente bereits Anwendung, ist eine Berichterstattung in integrierter Form nur eine logische Konsequenz.

Der prinzipienbasierte Ansatz des IIRC verzichtet bewusst auf konkrete Vorgaben. „Die derzeitigen Vorgaben bieten große Spielräume für eine individuelle und nutzenstiftende Umsetzung. Unternehmen, die besonders sinnvolle und kreative Antworten finden, können sich so als Innovationstreiber mit hohen Nachhaltigkeitsansprüchen positionieren“, so Stefan Dahle. Die notwendigen Schritte in Richtung eines integrierten Berichts können je nach Voraussetzung in einem Unternehmen variieren.

Das imug hat für die praktische Umsetzung erste Schritte skizziert. „Wie schnell sich die integrierte Berichterstattung national und international weiter durchsetzen wird, ist maßgeblich von der Bereitschaft der Unternehmensführung abhängig, sich auf die Idee eines Integrated Thinking einzulassen.“

Bei Interesse kann die Studie „Mind the Gap“ - Integrated Reporting zwischen Anspruch und Umsetzung bei imug angefordert werden.

Hintergrund:

Mit dem Thema Integrated Reporting ist die Hoffnung verbunden, dass diese ganzheitliche Form unternehmerischer Rechenschaftslegung den wachsenden Einfluss von Nachhaltigkeitsaspekten auf den Unternehmenserfolg und den Unternehmenswert deutlich besser widerspiegeln wird, als dies in traditionellen Nachhaltigkeitsberichten aktuell der Fall ist.

Integrierte Berichte sollen gemäß dem IIRC aufzeigen, inwieweit die Unternehmensleitung das Unternehmen integrativ führen kann. Integrated Thinking steht dabei für die Managementfähigkeit, die Komplexität des Wertschaffungsprozesses zu verstehen und in die Unternehmensentscheidungen einzubinden. Durch die Verknüpfung von Berichterstattung und Unternehmensführung wird deutlich, dass der integrierte Bericht nicht nur als eine neue Form der Berichterstattung zu verstehen ist, sondern vielmehr eine veränderte, ganzheitliche Unternehmensführung mit sich bringt.

Während in Deutschland die Anzahl von integriert berichtenden Unternehmen noch sehr überschaubar ist, haben weltweit inzwischen mehrere Hundert Unternehmen damit begonnen, ihre Berichterstattung entsprechend zu reformieren.

Quelle: UD/pm
 

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