Hälfte der Minijobber bekommt Mindestlohn nicht
2015 hat knapp die Hälfte der Minijobber in Deutschland weniger als den Mindestlohn von damals 8,50 Euro brutto pro Stunde bezahlt bekommen, wie eine Analyse der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Der Anteil sank im Jahresverlauf nur langsam. Bei der Durchsetzung des gesetzlichen Mindestlohns für geringfügig Beschäftigte gibt es somit nach wie vor erhebliche Lücken, so das Fazit der Experten.
03.02.2017
"Die Zahlen lassen keinen Zweifel daran, dass die Betriebe bei einem erheblichen Teil der Minijobber nicht wie gesetzlich vorgeschrieben die Löhne erhöht haben. Die geringfügige Beschäftigung bleibt weiter überwiegend von Niedriglöhnen geprägt", konstatieren die Studienautoren Toralf Pusch und Hartmut Seifert. Das Mindestlohngesetz werde bei Minijobs offenbar "noch längst nicht flächendeckend angewendet", so die Arbeitsmarktforscher. Es mangele an effektiven Kontrollen.
Pusch und Seifert haben die neuesten Daten aus zwei Quellen ausgewertet: Dem sozio-oekonomischen Panel (SOEP) und dem Panel Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung (PASS). In beiden Panels wurden im Laufe des Jahres 2015 mehrere Tausend Arbeitnehmer zu Einkommen und Arbeitszeiten befragt. Die Forscher konzentrieren sich in ihrer Auswertung auf Menschen, für die der Minijob den Haupterwerb darstellt. Branchen, in denen der gesetzliche Mindestlohn für einen Übergangszeitraum legal unterschritten werden durfte, haben sie für ihre Analyse bereits herausgerechnet. Das betraf 2015 etwa Friseure oder Zeitungszusteller. Auch Praktikanten, Auszubildende oder Langzeitarbeitslose wurden nicht mitgezählt.
Sture Arbeitgeber
Die Lohnsituation der Minijobber hat sich nach Einführung des Mindestlohns am 1. Januar 2015 laut den Forschern "lediglich partiell verbessert". Im Jahresdurchschnitt 2014 verdienten rund 60 Prozent weniger als 8,50 Euro (SOEP: 59,1 Prozent; PASS: 60,9 Prozent). Dieser Anteil sank 2015 auf rund 50 Prozent (SOEP: 50,4 Prozent; PASS: 48,5 Prozent), wobei die meisten Befragungen in der ersten Jahreshälfte durchgeführt wurden. Auch nach fünf bis elf Monaten mit Mindestlohnpflicht mussten sich noch 44 Prozent mit niedrigeren Löhnen zufrieden geben, so eine Analyse der zwischen Mai und November 2015 für das SOEP Befragten.
"Das lässt vermuten, dass ein erheblicher Teil der Arbeitgeber die Bezahlung nicht nur langsam, sondern gar nicht an den Mindestlohn angepasst hat", verdeutlicht Pusch. Selbst extrem niedrige Stundenlöhne sind laut seiner Studie bei Minijobbern nach Einführung der gesetzlichen Lohnuntergrenze zwar seltener geworden, aber keineswegs verschwunden: Laut SOEP erhielten 2015 rund 20 Prozent der geringfügig Beschäftigten weniger als 5,50 Euro brutto in der Stunde, knapp 40 Prozent kamen auf maximal 7,50 Euro.