Politik

Steigende Kinderarmut beeinträchtigt Chancen fürs ganze Leben

Die Wirtschaft wächst, doch die Kinderarmut auch: In Deutschland leben heute im Vergleich zu 2011 mehr Kinder in Familien, die auf staatliche Grundsicherung angewiesen sind. Das zeigen aktuelle Berechnungen der Bertelsmann Stiftung für Bundesländer, Städte und Kreise. Für die Mehrheit der Kinder ist Armut ein Dauerzustand – staatliche Unterstützung orientiert sich nicht am Bedarf Heranwachsender.

12.09.2016

Fast zwei Millionen Kinder in Deutschland wachsen in Familien auf, die von staatlicher Grundsicherung leben. 14,7 Prozent der unter 18-Jährigen sind 2015 im Bundesdurchschnitt auf Hartz IV angewiesen. Dieser Anteil ist leicht gestiegen, im Jahr 2011 waren es 14,3 Prozent. Besonders betroffen von Armut sind Kinder in zwei Familienkonstellationen: Von allen Minderjährigen in staatlicher Grundsicherung leben 50 Prozent in alleinerziehenden Familien und 36 Prozent in Familien mit drei und mehr Kindern. Die Mehrheit der Kinder in Hartz IV wächst über einen längeren Zeitraum in Armut auf. Von den betroffenen Kindern im Alter von sieben bis unter 15 Jahren bezogen 57,2 Prozent drei und mehr Jahre lang Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II).

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Im Westen steigt die Kinderarmut, im Osten sinkt die Quote

Bundesweit nimmt die Kinderarmut zu, doch es gibt regionale Unterschiede:

  • In Ostdeutschland sinkt die Quote zwar auf 21,6 Prozent, bleibt aber auf hohem Niveau (2011: 24 Prozent). Im Westen ist die Quote 2015 mit 13,2 Prozent höher als 2011 (12,4 Prozent).
  • In neun von 16 Bundesländern ist der Anteil von Kindern in staatlicher Grundsicherung zwischen 2011 und 2015 gestiegen. Am stärksten wächst die Quote in Bremen (+2,8 Prozentpunkte), im Saarland (+2,6 Prozentpunkte) und in Nordrhein-Westfalen (+1,6 Prozentpunkte).
  • Auch in den Bundesländern mit den niedrigsten Quoten wuchs die Kinderarmut. So in Bayern (+0,4 Prozentpunkte), Baden-Württemberg (+0,5 Prozentpunkte) und Rheinland-Pfalz (+0,9 Prozentpunkte).
  • Die höchsten SGB-II-Quoten bei unter 18-Jährigen sind 2015 in Städten zu beobachten, wie zum Beispiel in Bremerhaven (40,5 Prozent), Gelsenkirchen (38,5 Prozent), Offenbach (34,5 Prozent), Halle (33,4 Prozent), Essen (32,6 Prozent) oder Berlin (32,2 Prozent).
Anteil der Kinder unter 18 Jahren in Familien im SGB-II-Bezug auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland im Jahr 2015.

Armut beeinträchtigt das Leben und die Entwicklung von Kindern

Je länger Kinder in Armut leben, desto negativer sind die Folgen für ihre Entwicklung und ihre Bildungschancen. Sie haben häufig kein eigenes Zimmer, keinen Rückzugsort für Schularbeiten, essen kaum oder gar kein Obst und Gemüse. Verglichen mit Kindern in gesicherten Einkommensverhältnissen sind arme Kinder häufiger sozial isoliert, gesundheitlich beeinträchtigt und ihre gesamte Bildungsbiografie ist deutlich belasteter. Das zeigt eine Metastudie, die Claudia Laubstein, Gerda Holz und Nadine Seddig vom „Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V.“ (ISS) in Frankfurt am Main für die Bertelsmann Stiftung verfasst haben.

"Kinderarmut beeinträchtigt die Chancen für das ganze Leben. Um gezielt gegen Kinderarmut und ihre Folgen vorzugehen, brauchen wir mehr Fakten", sagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Bisher werden die Folgen von Einkommensarmut für Kinder in Deutschland weder systematisch noch regelmäßig untersucht. Diese Forschungslücken dokumentiert die Metastudie „Armutsfolgen für Kinder und Jugendliche“. Die Autorinnen fordern, dass vorhandene Datensätze systematisch mit Blick auf die Folgen von Armut ausgewertet und um Fragen zu Einkommensarmut ergänzt werden. Zudem sind Studien notwendig, welche die Dauer des Armutserlebens in Kindheit und Jugend stärker in den Blick nehmen.

Weitere Hintergrundinformationen zur Studie erhalten Sie hier.

Quelle: UD/pm
 

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