Von der Rohstoffaufbereitung bis zum Recycling: Neue Wege in der Batteriefertigung
Die Batteriefertigung steht im Zentrum globaler Industrie- und Klimapolitik. Mit dem weltweit wachsenden Bedarf an Energiespeichern für Elektromobilität und stationäre Anwendungen steigt auch die Bedeutung einer effizienten, nachhaltigen und regional unabhängigen Produktion.
20.05.2025
Insbesondere die Rahmenbedingungen der Batterieproduktion stellen Unternehmen vor immense Herausforderungen: Die Abhängigkeit von Rohstoffen wie Lithium, Kobalt und Nickel sorgt für geopolitische Spannungen. Gleichzeitig werden Lieferketten durch globale Krisen und steigende Transportkosten immer fragiler. Europa steht also vor der Aufgabe, eine resiliente Wertschöpfungskette aufzubauen, die sowohl Rohstoffförderung als auch Weiterverarbeitung umfasst sowie Recycling – immerhin sind Altbatterien die ergiebigste deutsche Lithiumressource. Hinzu kommt, dass sich Produktionsprozesse aus Gründen der Investitionssicherheit flexibel an neue Batteriekonzepte wie Festkörper- oder Natrium-Ionen-Batterien anpassen lassen müssen.
Angesichts dieser Herausforderungen wird klar, dass die Zukunft der Batteriefertigung in Europa nur durch den Einsatz modernster Technologien gesichert werden kann. Vor allem die Lasertechnik bietet Lösungen, um die zentralen Anforderungen – Effizienz, Präzision und Nachhaltigkeit – zu erfüllen. Ob in der Materialbearbeitung, der Elektrodenherstellung oder im Recycling: Ohne innovative Laserprozesse ist eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Batterieproduktion in Europa kaum denkbar.
Rohstoffaufbereitung und Materialveredelung: Basis einer nachhaltigen Batterieproduktion
Materialien wie Lithium und Nickel sind nach wie vor Bestandteile aktueller Batteriezellen. Ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften ermöglichen hohe Energiedichten und lange Lebensdauern, ihre Gewinnung und Verarbeitung indes bringen komplexe Probleme mit sich.
Doch Batterietechnologien entwickeln sich rasant weiter, mit dem Ziel, den Einsatz seltener und teurer Rohstoffe zu minimieren. CATL präsentierte bereits 2021 eine Natrium-Ionen-Batterie, die vollständig auf Lithium und Kobalt verzichtet. Im April 2024 hat der chinesische Batteriehersteller eine kobaltfreie Lithium-Eisenphosphat-(LFP-)Batterie eingeführt mit einer Reichweite von über 1 000 Kilometern. In nur zehn Minuten kann sie genug Energie für 600 Kilometer laden, was einer Ladegeschwindigkeit von einem Kilometer pro Sekunde entspricht.
Toyota plant, ab 2025 Feststoffbatterien in Hybridfahrzeugen einzusetzen. Nissan hat in Japan eine Prototypen-Produktionsanlage für laminierte Feststoffbatterien in Betrieb genommen. Panasonic hat eine Feststoffbatterie für Drohnen vorgestellt. VW und Mercedes, Ford und BMW stehen kurz vor der Einführung von Feststoffbatterien oder sind strategische Partnerschaften eingegangen.
Ein wesentlicher Ansatzpunkt für neue Batterietechnologien ist die Materialveredelung auf Nanoebene, bei der Rohstoffe gezielt aufbereitet und funktionalisiert werden, um ihre Leistungsfähigkeit in Batterien zu maximieren. Daran forscht die Abteilung Oberflächentechnik und Formabtrag am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik. Moderne Lasertechnologien ermöglichen präzise Eingriffe in die Materialstruktur und minimieren gleichzeitig den Ressourcenverbrauch.
Ein weiteres Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Lasertechnologien findet sich in der Zusammenarbeit zwischen dem Fraunhofer ILT, dem Lehrstuhl für Lasertechnik LLT der RWTH Aachen, TRUMPF und dem Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY. Durch den Einsatz von Röntgenstrahlen eines Teilchenbeschleunigers konnten tiefere Einblicke in Laserschweißprozesse gewonnen werden. Dabei zeigte sich, dass der Einsatz von Lasern mit grüner Wellenlänge die Materialausnutzung verbessert und den Ausschuss reduziert. Diese Erkenntnisse bieten nicht nur technologische Vorteile, sondern tragen auch zu einer nachhaltigeren Fertigung bei.
„Diese Projekte verdeutlichen, dass innovative Lasertechnik nicht nur die Herausforderungen der Rohstoffaufbereitung meistern können, sondern auch eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Batterieproduktion in Europa ermöglichen“, erklärt Dr. Alexander Olowinsky, Abteilungsleiter Fügen und Trennen am Fraunhofer ILT.
Elektrodenherstellung: Innovationen für eine nachhaltige Produktion
Die Beschichtung der Stromableiterfolien (Kupfer oder Aluminium) mit den Elektrodenmaterialien für Anode und Kathode und deren anschließende Trocknung sind entscheidende Schritte, die sowohl die Energiedichte als auch die Zykluslebensdauer der Batterien beeinflussen. Konventionelle Trocknungsverfahren, die auf Konvektionsöfen basieren, haben jedoch einen erheblichen Energieverbrauch und einen großen Platzbedarf, was die Nachhaltigkeit und Effizienz der Batterieproduktion einschränkt. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt IDEEL („Implementation of Laser Drying Processes for Economical & Ecological Lithium Ion Battery Production“) zeigt, wie Lasertrocknung diese Herausforderungen löst: In dem Projekt wurde erstmals die Trocknung von Anoden und Kathoden im Rolle-zu-Rolle-Verfahren mithilfe eines Hochleistungsdiodenlasers realisiert. Diese Methode senkt den Energieverbrauch erheblich, verdoppelt gleichzeitig die Trocknungsgeschwindigkeit und halbiert den Platzbedarf.
„Die Lasertrocknung ermöglicht nicht nur eine effizientere Prozessführung, sondern trägt auch dazu bei, die Kohlenstoffdioxid-Bilanz der Batterieproduktion signifikant zu verbessern“, erklärt Dr. Samuel Moritz Fink, Gruppenleiter Dünnschichtverfahren am Fraunhofer ILT. Fink und sein Team entwickelten gemeinsam mit den Projektpartnern ein Lasertrocknungsmodul mit angepasster Optik und Prozessüberwachung, die eine gleichmäßige Trocknung gewährleistet. Dieser Ansatz bietet zudem Flexibilität: Bestehende Konvektionsöfen lassen sich mit der Lasertechnologie nachrüsten, was die Implementierung in bestehende Produktionslinien erleichtert.
In einem anderen Forschungsprojekt nutzt das Fraunhofer ILT eine speziell entwickelte Multistrahl-Optik. Diese teilt die Laserstrahlung in mehrere Teilstrahlen auf, die simultan ein 250 Millimeter breites Band einer Lithium-Ionen-Batterieanode bearbeiten. Diese hochpräzise Strukturierung erhöht die Energiedichte und Schnellladefähigkeit. Die Elektrodenherstellung profitiert zudem von der Integration künstlicher Intelligenz in den Fertigungsprozess. Forschende am Fraunhofer ILT untersuchen derzeit, wie KI-gestützte Systeme zur Optimierung von Prozessparametern eingesetzt werden können. Solche Systeme könnten nicht nur die Qualität und Produktivität weiter steigern, sondern auch die Grundlage für eine autonome Fertigung legen.
Zellassemblierung: Präzision und Effizienz durch innovative Technologien
Neben der Trocknung der Elektroden spielt auch die präzise Verbindung der Elektrodenmaterialien eine zentrale Rolle für die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit von Batterien. Hier hat sich das Laser-Mikroschweißen als Schlüsseltechnologie etabliert. Es ermöglicht kontaktloses, hochpräzises Fügen von Materialien wie Kupfer und Aluminium, die für Batterieelektroden essenziell sind. Durch die geringe thermische Belastung bleibt die empfindliche Zellchemie unversehrt, während die elektrische Leitfähigkeit durch reduzierte Übergangswiderstände optimiert wird. Laser-Mikroschweißen bietet eine Kombination aus Flexibilität und Effizienz, die traditionelle Schweißverfahren nicht erreichen können.
Die Anforderungen an das Laser-Mikroschweißen variieren je nach Zellformat, da jede Zellart spezifische Herausforderungen bei der Kontaktierung mit sich bringt. Zylindrische Zellen erfordern eine präzise Schweißtiefe, um einerseits die elektrische Leitfähigkeit zu gewährleisten und andererseits Beschädigungen durch Überhitzung zu vermeiden. Besonders anspruchsvoll ist die Kontaktierung des negativen Pols, da eine zu hohe Wärmebelastung die empfindliche Polymerdichtung beschädigen könnte, was zu einem Auslaufen des Elektrolyten führen kann. Bei Pouch-Zellen, die sich durch flexibles Design und hohe Energiedichte auszeichnen, müssen vor allem Durchschweißungen der empfindlichen Folienummantelung vermieden werden.
Eine vielversprechende Entwicklung bei der Zellassemblierung ist das Projekt XProLas, das TRUMPF in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer ILT und weiteren Partnern umsetzt. Ziel ist die Entwicklung kompakter, lasergetriebener Röntgenquellen, die eine Qualitätsprüfung vor Ort direkt beim Hersteller ermöglichen anstatt wie bisher durch den Einsatz großer Teilchenbeschleuniger. Diese Technologie erlaubt es, Batteriezellen in Echtzeit zu analysieren, wodurch sich sowohl die Lade- und Entladeprozesse als auch die Materialqualität präzise überwachen lassen. Besonders bei der Untersuchung des Kathodenmaterials, das maßgeblich die Leistung und Haltbarkeit einer Batterie bestimmt, eröffnet diese Methode neue Möglichkeiten. „Durch den Einsatz brillanter Röntgenquellen können wir Verunreinigungen und Materialdefekte frühzeitig erkennen und so die Entwicklungszeiten erheblich verkürzen“, erklärt Dipl.-Ing. Hans-Dieter Hoffmann, Abteilungsleiter Laser und Optische Systeme am Fraunhofer ILT.
Auch hier eröffnet die Integration künstlicher Intelligenz zusätzliche Potenziale: KI-gestützte Systeme können Prozessparameter in Echtzeit überwachen und anpassen. So lassen sich Abweichungen frühzeitig erkennen und korrigieren, was die Grundlage für eine autonome Fertigung schafft. Die Vision einer „First-time-right“-Produktion, bei der alle Komponenten fehlerfrei im ersten Durchlauf montiert werden, rückt damit in greifbare Nähe.
Modul- und Packproduktion: Laserprozesse für sichere und leistungsfähige Batteriesysteme
Nach der Zellfertigung folgt die Montage zu Modulen und Packs – ein entscheidender Schritt für die Leistungsfähigkeit, Sicherheit und Integration der Batterie ins Fahrzeug oder stationäre Speicher. Auch hier spielen Lasertechnologien eine Schlüsselrolle: Sie ermöglichen nicht nur die präzise Verbindung von Zellverbindern, sondern auch die Integration von Sensoren, Kühlsystemen und Gehäusen.
Ein zentrales Anwendungsfeld ist das Laserschweißen von Zellverbindern, bei dem höchste Präzision und Wiederholgenauigkeit gefordert sind. Insbesondere bei großformatigen Batteriepacks, wie sie in Elektrofahrzeugen verwendet werden, müssen hunderte bis tausende Einzelkontakte mit minimalem thermischem Einfluss verschweißt werden. Moderne Scanneroptiken mit integrierter Prozessüberwachung ermöglichen eine 100-prozentige Qualitätskontrolle in Echtzeit. Fehlerhafte Schweißverbindungen können so unmittelbar erkannt und der Prozess automatisch angepasst werden.
Ein weiterer Vorteil der Lasertechnologie: Sie erlaubt das Verschweißen unterschiedlicher Materialien wie Kupfer und Aluminium – ein typischer Materialmix in Batteriepacks. Durch angepasste Pulsformen und Wellenlängen lassen sich homogene Schweißnähte erzielen, die mechanisch stabil und elektrisch leitfähig sind.
Zusätzlich ermöglichen Laserprozesse das berührungslose Öffnen und Versiegeln von Batteriepacks – ein Vorteil bei Reparatur, Second-Life-Nutzung und Recycling. Hier zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab: Weg von geklebten oder vernieteten Gehäusen, hin zu laserbasierten, reversiblen Verbindungen, die eine einfache Demontage und Wiederverwendung ermöglichen.
Batteriemanagement und Qualitätssicherung: KI als Gamechanger
Neben der Hardware wird die Software zum zentralen Baustein moderner Batteriesysteme. Das Batteriemanagementsystem (BMS) überwacht Ladezustand, Temperatur, Stromflüsse und Zellspannungen und sorgt für Sicherheit und Langlebigkeit. Neue Entwicklungen integrieren künstliche Intelligenz, um aus den Betriebsdaten zu lernen und präzisere Prognosen zur Lebensdauer und Leistung zu treffen.
Auch in der Qualitätssicherung während der Produktion spielt KI eine zunehmend wichtige Rolle. Hochauflösende Sensorik erfasst während des Laserschweißens Temperaturverläufe, Reflektionen und akustische Signale. KI-basierte Algorithmen analysieren diese Daten in Echtzeit und erkennen selbst kleinste Abweichungen vom Idealprozess. Die Folge: Fehler werden frühzeitig erkannt, Ausschuss reduziert, und Nacharbeit vermieden.
„Die Kombination aus Lasertechnologie und KI hebt die Qualitätssicherung in der Batterieproduktion auf ein neues Niveau“, so Dr. Olowinsky. „Sie ermöglicht eine autonome, lernfähige Fertigung, die nicht nur effizienter, sondern auch ressourcenschonender ist.“
Recycling: Lasertechnologie als Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft
Am Ende des Batterie-Lebenszyklus steht das Recycling – ein Bereich, der in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Europa hat sich das Ziel gesetzt, eine geschlossene Kreislaufwirtschaft für Batterien aufzubauen. Hier kommt die Lasertechnologie erneut ins Spiel: Sie ermöglicht eine selektive, materialschonende Demontage von Altbatterien. Mit Laserstrahlung lassen sich Zellgehäuse öffnen, Klebeverbindungen lösen und aktive Materialien freilegen – schnell, präzise und ohne den Einsatz von Chemikalien.
Das Fraunhofer ILT arbeitet derzeit an automatisierten Demontagezellen, die mithilfe von Robotik und Lasersystemen Batteriemodule zerlegen, sortieren und vorbereiten – ein entscheidender Schritt hin zu einer wirtschaftlich tragfähigen und ökologisch sinnvollen Rückgewinnung von Rohstoffen.
Fazit: Europas Chance liegt in der Technologie
Die europäische Batterieindustrie steht vor großen Herausforderungen – aber auch vor ebenso großen Chancen. Die Kombination aus innovativer Lasertechnologie, künstlicher Intelligenz und nachhaltigen Produktionsansätzen bietet einen klaren Weg, um gegenüber asiatischen und amerikanischen Wettbewerbern technologisch aufzuholen und langfristig unabhängiger zu werden.
Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer ILT leisten hier einen entscheidenden Beitrag. Ihre Entwicklungen zeigen: Die Schlüsseltechnologien sind vorhanden. Was jetzt zählt, ist ihre konsequente Umsetzung in die industrielle Praxis – unterstützt durch gezielte Förderung, mutige Investitionen und eine enge Zusammenarbeit von Forschung und Industrie.
„Wenn Europa die Batteriefertigung als strategische Schlüsselindustrie begreift und auf Innovation statt Imitation setzt, hat es die Chance, nicht nur wettbewerbsfähig zu bleiben – sondern Standards zu setzen“, sagt Dr. Olowinsky. „Die Lasertechnologie ist dabei kein Add-on, sondern ein zentrales Element dieser Strategie.“