Textilindustrie in NRW drängt auf bessere Rahmenbedingungen
Beim 19. Branchengespräch in Mönchengladbach diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der nordrhein-westfälischen Textilindustrie mit Wirtschaftsministerin Mona Neubaur über steigende Kosten, bürokratische Hürden – und neue Zukunftsprojekte.
02.06.2025

Angesichts hoher Energiekosten, wachsender Bürokratie und anhaltendem Fachkräftemangel schlägt die Textil- und Bekleidungsindustrie in Nordrhein-Westfalen Alarm. Beim diesjährigen Branchengespräch der Initiative ZiTex – Textil & Mode Nordrhein-Westfalen wurde deutlich: Ohne entschlossenes politisches Handeln drohen Investitionsrückgänge und Standortverlagerungen. Gleichzeitig zeigte die Branche mit Projekten wie der „Textilfabrik 7.0“ Perspektiven für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Zukunft auf.
Gastgeber des Treffens war die AUNDE Group in Mönchengladbach – ein weltweit tätiges Familienunternehmen mit Wurzeln im Rheinland. Dessen CEO Peter Bolten, zugleich Vorsitzender des Verbands der Rheinischen Textil- und Bekleidungsindustrie, zeichnete ein düsteres Bild der aktuellen Lage: Umsatzrückgänge, Stellenabbau und schrumpfende Betriebe prägten weiterhin den Sektor. Verantwortlich seien unter anderem die Folgen globaler Krisen, aber auch strukturelle Probleme in Deutschland wie hohe Energiekosten, schleppende Digitalisierung und eine unzureichende Infrastruktur. Die Erwartungen an die Politik seien daher hoch, so Bolten.
Ministerin verspricht Unterstützung
Wirtschaftsministerin Mona Neubaur sicherte der Branche in ihrer Rede Unterstützung zu. Die Textilindustrie sei ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Nordrhein-Westfalen – insbesondere in ländlich geprägten Regionen. „Die Unternehmen brauchen Planbarkeit, vor allem bei den Energiekosten“, betonte sie. Man arbeite auf Landesebene intensiv an Maßnahmen zur Entlastung – etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Digitalisierung von Genehmigungsverfahren. Auch beim Bürokratieabbau wolle Nordrhein-Westfalen Taktgeber sein: Ab dem Jahr 2026 sollen immissionsschutzrechtliche Prüfungen volldigitalisiert erfolgen.
Energiepreise gefährden Wettbewerbsfähigkeit
Wie gravierend die Belastungen für Unternehmen bereits sind, schilderte Markus Simon, Geschäftsführer von Schmitz Textiles und Vizepräsident des Branchenverbands Textil+Mode. Er warnte eindringlich vor der Deindustrialisierung: Hohe Energiepreise machten Produktion zunehmend unrentabel. Es brauche eine dauerhafte Senkung der Stromsteuer, geringere Netzentgelte und einen Industriestrompreis, der auch für mittelständische Betriebe erreichbar ist. „Entscheidungen fallen jetzt. Und sie fallen nicht mehr zugunsten des Standorts Deutschland“, so Simon.
Kritik an überzogener Bürokratie
Neben Energiekosten bereitet vor allem die Bürokratie vielen Unternehmen Kopfzerbrechen. Dr. Walter Erasmy, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie, kritisierte unter anderem zusätzliche Berichtspflichten und aufwendige Genehmigungsverfahren. Als Beispiel nannte er den Nordrhein-Westfalen-Umweltinspektions-Erlass zur Umsetzung der EU-Industrieemissionsrichtlinie, der über die eigentlichen EU-Vorgaben hinausgehe. Er forderte eine Verwaltungspraxis, die auf Vertrauen setze und sich auf die exakte Umsetzung von Vorgaben beschränke.
„Textilfabrik 7.0“ als Hoffnungsträger
Trotz der aktuellen Herausforderungen zeigt die Branche auch Innovationskraft. Mit der „Textilfabrik 7.0“ soll im Rheinischen Revier ein Modellstandort für eine klimaneutrale, digitalisierte Textilproduktion entstehen. Professorin Maike Rabe von der Hochschule Niederrhein und Detlef Braun, Geschäftsführer der T7 Management GmbH, stellten das 30 Millionen Euro umfassende Projekt vor. Ziel sei es, neue Arbeitsplätze zu schaffen und Nordrhein-Westfalen als Industrie- und Innovationsstandort zu stärken. Der Start der Initialphase ist – vorbehaltlich der Förderzusage – für Herbst 2025 geplant.
Fazit:
Die Textilbranche in Nordrhein-Westfalen kämpft mit strukturellen Problemen – zeigt aber zugleich, dass sie bereit ist, in die Zukunft zu investieren. Damit dies gelingt, braucht es vor allem eines: verlässliche politische Rahmenbedingungen.