Podcast: Warum Interface mehr will als Klimaneutralität
Klimaneutral? Das reicht längst nicht mehr. Während die Baubranche noch über CO2-Kompensationen diskutiert, geht Interface einen radikalen Schritt weiter: Der Bodenbelagshersteller will bis 2040 CO2-negativ werden – ganz ohne Ausgleichszahlungen. Mehr Kohlenstoff speichern als ausstoßen, lautet die Devise. Carbon Net Positive statt Net Zero. Doch wie realistisch ist diese Vision in einer Industrie, die noch immer auf Bitumen und fossile Rohstoffe setzt?
03.11.2025
Im Gespräch mit Gritli Heitbrink, Sustainability Manager DACH bei Interface, gehen wir der „All in“-Strategie auf den Grund. 39 Produkte mit negativem CO2-Fußabdruck sind bereits im Sortiment, Kohlenstoff aus Produktionsabfällen wird als Rohstoff zurück in Teppichfliesen integriert, biobasierte Materialien ersetzen Bitumen. Was nach Visionärsdenken klingt, ist bei Interface bereits Realität – zumindest teilweise.
Doch die Fragen bleiben: Sind wir als Industrie überhaupt bereit, der Natur nachzueifern? Wie geht man mit regulatorischer Zersplitterung um, wenn Deutschland auf QNG-Zertifikate setzt, während Frankreich klarere Vorgaben macht?
Heitbrink spricht über CCU-Technologie, die von Kritikern als Verzögerungstaktik gebrandmarkt wird, über die Robustheit von Lebenszyklus-Analysen, die den Anspruch rechtfertigen müssen, und über das klassische Problem im Teppichbereich: die Verbindung von Garn und Rücken. Sie erklärt, wer sich heute für CO2-negative Bodenbeläge entscheidet – einzelne Architekten mit Überzeugung oder zunehmend auch Bauträger, die systematisch nach End-of-Life-Optionen fragen?
Und sie stellt die zentrale Frage: Was muss politisch passieren, damit Carbon Net Positive zur Norm wird statt zur Ausnahme? Denn während Interface seit über 30 Jahren konsequent vorangeht, läuft die Zeit davon. Der Klimawandel drängt. Geschwindigkeit wird zum entscheidenden Faktor.
Ein Gespräch über Geschwindigkeit, Verantwortung und die Frage, ob die Bauindustrie endlich bereit ist für echte Transformation – oder ob wir uns noch immer in der Komfortzone des „Weniger schlecht“ einrichten.
Titelbild: Interface