Kleine Firmen, große Wirkung: Wie 90 Millionen Unternehmen die Klimawende treiben
Während auf Klimakonferenzen meist über Großkonzerne und nationale Ziele gesprochen wird, rückte auf der COP30 in Belém eine Gruppe in den Fokus, die 90 Prozent aller Unternehmen weltweit ausmacht: kleine und mittlere Betriebe. Die Climate-Proofing SMEs Campaign erreicht inzwischen fast 90 Millionen solcher Firmen. Mehr als 250 globale Konzerne helfen ihren kleineren Zulieferern dabei, Emissionen zu senken – denn genau dort entscheidet sich, ob Klimaziele Realität werden.
27.11.2025
Wenn IKEA, Schneider Electric oder die First Abu Dhabi Bank über ihren CO₂-Fußabdruck sprechen, dann meinen sie längst nicht mehr nur ihre eigenen Fabriken und Büros. Bis zu 70 Prozent ihrer Emissionen entstehen in der Lieferkette – bei den Tausenden kleinen und mittleren Zulieferern, die Teile produzieren, Rohstoffe verarbeiten oder Dienstleistungen erbringen. Genau hier setzt die Climate-Proofing SMEs Campaign an, die auf der COP30 eine Serie von Ankündigungen präsentierte, die zeigen, wie die Klimawende in der realen Wirtschaft Fahrt aufnimmt.
Mehr als 250 globale Unternehmen arbeiten inzwischen mit ihren kleineren Zulieferern zusammen, um deren Emissionen zu senken und Widerstandsfähigkeit gegen Klimafolgen aufzubauen. Die Kampagne, die ursprünglich von Nigar Arpadarai, der High-Level Climate Champion der COP29, ins Leben gerufen wurde, umfasst mittlerweile 49 Partner und erreicht fast 90 Millionen kleine und mittlere Unternehmen weltweit.
„Trotz ihrer entscheidenden Rolle haben viele kleine und mittlere Unternehmen nicht die Werkzeuge, die Unterstützung oder die finanziellen Anreize erhalten, die sie brauchen, um mutige Klimaschritte zu gehen“, sagte Arpadarai aus Belém. Zwei Drittel dieser Betriebe spüren bereits die Folgen des Klimawandels. Doch 63 Prozent derjenigen, die sich zu Netto-Null verpflichtet haben, wurden noch nie gebeten, ihre Emissionen zu reduzieren. 84 Prozent wurden keine finanziellen Anreize dafür angeboten.
Die Zahlen zeigen ein Paradox: Während große Konzerne ehrgeizige Klimaziele verkünden, bleiben ihre Zulieferer oft im Dunkeln. Scope-3-Emissionen – also all jene Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette entstehen – machen bei vielen Unternehmen den Löwenanteil aus. Wer ernsthaft klimaneutral werden will, muss also bei den Zulieferern anfangen. Genau das tun Firmen wie Tech Mahindra oder Natura nun systematisch: Sie bieten Schulungen an, stellen Tools zur Verfügung, helfen bei der Finanzierung von Effizienzmaßnahmen und schaffen Anreize für grüne Innovationen.
Zwei Ankündigungen stachen auf der COP30 besonders hervor. Sebrae, Brasiliens Agentur zur Förderung kleiner Unternehmen, stellte gemeinsam mit der Organização de Estados Ibero-americanos, dem brasilianischen Ministerium für Unternehmertum sowie der Entwicklungsbank BNDES die neue Empreender Clima Platform vor. Die Plattform öffnet kleinen Betrieben den Zugang zu Klimafinanzierung, darunter subventionierte Kreditlinien, kombiniert mit Nachhaltigkeitsschulungen, Umwelt-Tools, Mentoring und Verbindungen zu neuen grünen Märkten.
Die zweite wichtige Initiative ist das South-South Collective for Climate (S2C2), das von Klimatechnologie-Pionieren aus Brasilien und Indien unterstützt wird. Ziel ist es, bis 2030 mehr als 5.000 Klima-Startups zu fördern, die Lösungen entwickeln, mit denen eine Gigatonne CO₂-Emissionen in Afrika, Lateinamerika, Südasien und darüber hinaus eingespart oder vermieden werden können.
Die Kampagne hebt zudem hervor, wie multilaterale Entwicklungsbanken, Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen und Geschäftsbanken ihre Instrumente neu gestalten, damit Klimafinanzierung kleine Unternehmen in Entwicklungsländern erreicht – dort, wo Klimafolgen am härtesten treffen und Lösungen am schnellsten skalieren können.
Was sich in Belém abzeichnete, ist ein Paradigmenwechsel: Klimaschutz wird nicht mehr nur als Aufgabe von Regierungen und Konzernen verstanden, sondern als gemeinsame Anstrengung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die 90 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen weltweit sind keine Randnotiz mehr, sondern der Ort, an dem sich entscheidet, ob die Klimaziele der großen Player aufgehen. Wenn IKEA klimaneutral werden will, muss der Schreiner in Vietnam mitziehen. Wenn Schneider Electric seine Emissionen halbieren will, muss die Zulieferfabrik in Indien folgen können. Die Climate-Proofing SMEs Campaign zeigt, dass dieser Wandel möglich ist – wenn die Großen ihre Kleinen mitnehmen.