Emissionshandel: Immobilien-Analyse zeigt Risiko massiver Kostensteigerungen
Ab dem Jahr 2027 ersetzt das neue Europäische Emissionshandelssystem („ETS-2“) schrittweise den nationalen Emissionshandel („nEHS“), sodass die Kohlendioxid-Bepreisung in diesen Bereichen künftig einheitlich auf europäischer Ebene geregelt wird. Im Gebäudesektor kann das für Immobilienbesitzer erhebliche finanzielle Auswirkungen haben.
23.06.2025
Bis zu 627 Prozent Mehrkosten: Das neue Europäische Emissionshandelssystem („ETS-2“) bringt für Immobilienbesitzer erhebliche finanzielle Risiken. Ab dem Jahr 2027 ersetzt das „ETS-2“ schrittweise den nationalen Emissionshandel („nEHS“), sodass die Kohlendioxid-Bepreisung in diesen Bereichen künftig einheitlich auf europäischer Ebene geregelt wird. Um die finanziellen Auswirkungen zu beziffern, haben die Berliner Energieeffizienzexperten von Purpose Green die zusätzlichen Kosten von über 4.000 Immobilien in den 30 größten Städten Deutschlands mithilfe von unterschiedlichen Kohlendioxid-Preis-Szenarien errechnet.
ETS-2: Ab 2027 steigende Kohlendioxid-Kosten für Vermieter
Ab dem Jahr 2027 tritt das neue Emissionshandelssystem („ETS-2“) in Kraft. Das „ETS-2“ ersetzt in Deutschland den nationalen Emissionshandel, der für Gebäude im Jahr 2021 eingeführt wurde. Entsprechend der bundesdeutschen Verordnung liegt der Kohlendioxid-Preis in diesem Jahr noch bei 55 Euro pro Tonne, im Jahr 2026 wird er zwischen 55 und 65 Euro pro Tonne liegen. Ab dem Jahr 2027 bestimmen Angebot und Nachfrage der Emissionszertifikate den Preis. Experten erwarten einen Preis zwischen 100 und 150 Euro pro Tonne Kohlendioxid bis zum Jahr 2030, ab dem Jahr 2040 könnte der Preis sogar auf bis zu 400 Euro steigen.
Für die Berechnung der finanziellen Auswirkungen der steigenden Kohlendioxid-Preise hat Purpose Green vier verschiedene Szenarien erstellt:
- Szenario I (2025): 55 Euro pro Tonne Kohlendioxid
- Szenario II: 100 Euro pro Tonne Kohlendioxid
- Szenario III: 150 Euro pro Tonne Kohlendioxid
- Szenario IV: 400 Euro pro Tonne Kohlendioxid
Kohlendioxid-Kosten könnten um mehr als 600 Prozent steigen
In den vier Szenarien von Purpose Green würde der Kohlendioxid-Preis so um circa 82 Prozent (Szenario II), circa 355 Prozent (Szenario III) oder circa 627 Prozent (Szenario IV) steigen. Um die durchschnittlichen jährlichen Kohlendioxid-Kosten für Hauseigentümer zu berechnen, hat Purpose Green Wohnfläche, Energieträger und den Energiebedarf von über 4.00Immobilien (Eigenheime und Wohnungen) in den dreißig größten Städten analysiert. Für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern und großen Immobilien mit schlechtem energetischen Zustand könnten die Kosten – im Vergleich zu kleinen Eigenheimen und Wohnungen – um ein Vielfaches höher ausfallen.
Beispiel Hamburg: Mehrkosten von durchschnittlich bis zu 2.704 Euro pro Jahr denkbar
In Hamburg wurden 650 zum Verkauf stehende Immobilien untersucht, die durchschnittlich 165 Quadratmeter groß sind. Basierend auf den unterschiedlichen wesentlichen Energieträgern beläuft sich der jährliche Ausstoß im Durchschnitt auf 7,84 Tonnen Kohlendioxid pro Immobilie. Im aktuellen nationalen Emissionshandelssystem kommen im Jahr 2026 so durchschnittlich 431 Euro an Kohlendioxid-Kosten auf Eigentümer zu. Bei Eintritt des Szenarios II würden die Kosten auf 784 Euro steigen. Im dritten Szenario lägen die Kosten bei über 1.960 Euro pro Jahr und im vierten Szenario würden die jährlichen Kohlendioxid-Kosten bereits 3.135 Euro übersteigen.
Der energetische Zustand entscheidet über die Mietnebenkosten
Die Aufteilung der Kohlendioxid-Kosten zwischen Mieter und Vermieter hängt von dem energetischen Zustand einer Immobilie ab: Bei sehr schlechter Energiebilanz (Kohlendioxid-Ausstoß über 52 Kilogramm pro Quadratmeter) müssen Vermieter 95 Prozent der Kohlendioxid-Kosten übernehmen. Ist ein Haus bereits energetisch saniert und der Ausstoß beträgt nur bis zu 12 Kilogramm pro Quadratmeter, verbleiben die (geringen) Kosten vollständig bei den Mietern. Bei einem Kohlendioxid-Ausstoß zwischen 32 und 37 Kilogramm pro Quadratmeter teilen sich Mieter und Vermieter die Kosten gleichmäßig.
Beispielsweise wird in Augsburg ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen und einer Gesamtfläche von 386 Quadratmetern angeboten. Das Gebäude hat einen schlechten Energiebedarf von 1.306,2 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr und wird mit Gas beheizt, wodurch 121 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr verursacht werden. Während im Jahr 2026 circa 6.655 Euro auf den Eigentümer zukommen, wären es im zweiten Szenario circa 12.101 Euro, im dritten circa 30.252 Euro und im vierten Szenario sogar fast 48.403 Euro jährlich. Aufgrund der schlechten Energiebilanz des Hauses muss der Eigentümer im Fall einer Vermietung nach dem gültigen Zehn-Stufenmodell 95 Prozent dieser Kosten selbst tragen – also je nach Szenario zwischen 6.322 Euro und 45.983 Euro pro Jahr.
Kohlendioxid-Kosten können durch energetische Sanierungen gesenkt werden
„Die Einführung des ‚ETS-2‘ und die damit verbundenen steigenden Kohlendioxid-Kosten machen energetische Sanierungen für Eigentümer unvermeidlich. Es gibt eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten, die bei der Umsetzung von klimafreundlichen Heizsystemen und Sanierungsmaßnahmen unterstützen. Der EU-Klima-Sozialfonds sowie nationale Förderprogramme wie die BEG-Förderung und KfW-Zuschüsse bieten finanzielle Hilfen, um den Umstieg auf effizientere Heiztechnologien und den Ausbau von Wärmedämmung und Photovoltaikanlagen zu erleichtern.
Das europäische Emissionshandelssystem ‚ETS-2‘ wird die Betriebskosten unsanierter Gebäude spürbar erhöhen – und das bereits zeitnah. Vermieter, die nicht rechtzeitig in energetische Sanierungen investieren, laufen Gefahr, in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten. Eine verbesserte Wärmedämmung, der Umstieg auf Wärmepumpen oder der Einsatz von Photovoltaik senken nicht nur den Kohlendioxid-Ausstoß und damit die Kosten, sondern steigern auch die Attraktivität und den Wert der Immobilie. Wer jetzt handelt, profitiert doppelt – durch langfristige Planungssicherheit und durch eine zukunftsfähige Immobilienstrategie“, erklärt ESG-Experte Daniel Schreiner von Purpose Green.