Umwelt

UNO-Hochseeschutzabkommen tritt 2026 in Kraft – ein historischer Schritt für die Meere

Nach jahrzehntelangen Verhandlungen tritt am 17. Januar 2026 das UNO-Hochseeschutzabkommen in Kraft. Erstmals gibt es damit verbindliche Regeln zum Schutz von Artenvielfalt und Ökosystemen auf der Hohen See, die rund zwei Drittel der Weltmeeresfläche umfasst. Der Vertrag sieht Meeresschutzgebiete, verpflichtende Umweltprüfungen und Vorgaben zur Nutzung genetischer Ressourcen vor – ein historischer Schritt für den internationalen Meeresschutz.

23.09.2025

UNO-Hochseeschutzabkommen tritt 2026 in Kraft – ein historischer Schritt für die Meere

Ein historisches Kapitel im Meeresschutz zeichnet sich gegenwärtig ab. Nach gut fünfzehn Jahren intensiver Verhandlungen steht das UN-Hochseeschutzabkommen (BBNJ) kurz davor, in Kraft zu treten. Der Vertrag markiert einen Wendepunkt: Meere jenseits nationaler Hoheitszonen, die bislang weitgehend als rechtsfreier Raum galten, könnten bald völkerrechtlich verbindlich geschützt werden. Was bisher abstrakt erschien, erhält eine juristische Struktur und konkrete Wirkung – wenn genügend Staaten den Vertrag ratifiziert haben. Vom Inkrafttreten hängt nicht allein formaljuristische Bedeutung ab, sondern der Erhalt ganzer Ökosysteme, eine nachhaltige Meeresnutzung und eine lebendige Biodiversität in den Weltmeeren.

Der Weg dorthin war lang. Erste Gespräche über den Schutz der sogenannten Hohen See begannen bereits in den frühen 2000er Jahren. Ab 2018 wurden die Verhandlungen unter dem Dach der Vereinten Nationen offiziell geführt. Im Frühjahr 2023 einigten sich mehr als 160 Staaten in New York auf den Text. Im Juni desselben Jahres erfolgte die formale Annahme des Abkommens

Für das Inkrafttreten ist eine Ratifizierung durch mindestens 60 Staaten erforderlich. Sobald diese Schwelle erreicht ist, tritt das Abkommen 120 Tage nach der Hinterlegung der letzten erforderlichen Ratifizierungsurkunde in Kraft – das wäre nach derzeitiger Planung der 17. Januar 2026. 

Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass diese Voraussetzung nun erfüllt ist: Marokko und Sierra Leone haben als letzte Staaten ihre Ratifizierung eingereicht und damit die nötige Zahl auf 60 gebracht. Damit ist das Inkrafttreten des Vertrages ab Januar 2026 gesichert. 

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Das Abkommen bringt Regeln, die bislang nicht global verankert waren. Es schafft erstmals verbindliche Instrumente zum Schutz der Biodiversität außerhalb nationaler Grenzen. In den Vordergrund treten drei Bereiche: Meeresschutzgebiete, Umweltverträglichkeitsprüfungen bei menschlichen Aktivitäten mit wesentlichem Einfluss auf die Meeresumwelt und Regelungen zu genetischen Ressourcen. Schon das Seerechtsübereinkommen (UNCLOS) umfasste einige Aspekte von Meeresnutzung und Schifffahrt, jedoch blieben Lücken bestehen, besonders hinsichtlich des Schutzes wildlebender Arten und ihrer Lebensräume auf der Hohen See. Das neue Abkommen will diese Lücken schließen.

Genehmigt werden Meeresschutzgebiete mit effektiven Schutzmaßnahmen, also Gebiete, in denen menschliche Eingriffe beschränkt oder reguliert sein müssen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wird verpflichtend in Kraft treten für Projekte, die einen signifikanten Einfluss auf die Meeresumwelt haben. Darüber hinaus wird geregelt, wie genetische Ressourcen, etwa von Mikroorganismen oder Pflanzen der Tiefsee, genutzt und wie finanzielle Vorteile daraus verteilt werden können. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Kapazitätsaufbau und Technologietransfer – insbesondere für Staaten des Globalen Südens. Diese Aspekte waren Zankpunkte in den Verhandlungen, weil sie Gerechtigkeit und Zugang in einer globalen Dimension betreffen. 

Deutschland hat eine besondere Rolle gespielt. Das Land gehörte zu den ersten Unterzeichnern des Abkommens, unterzeichnet wurde es im September 2023 in New York. Doch bisher fehlt die Ratifizierung. Damit verbunden ist die Notwendigkeit nationaler gesetzlicher Schritte. Ohne sie kann Deutschland seine Verpflichtungen aus dem Abkommen bei dessen Inkrafttreten noch nicht vollständig einhalten.Die Ratifizierung durch das nationale Parlament und die Umsetzung gesetzlicher Maßnahmen sind unerlässlich. 

Die Bedeutung des Vertrages ist nicht nur rechtlicher Natur, sondern ökologischer und politischer. Die Hohe See macht etwa 64 Prozent der Oberfläche der Weltmeere und 95 Prozent ihres Volumens aus. Sie spielt eine zentrale Rolle für den Kohlenstoffkreislauf, die Klimaregulation und als Lebensraum für zahllose Arten, viele davon noch wenig erforscht. Schädliche Wirkungen von Überfischung, Meeresverschmutzung, Versauerung und Klimawandel bedrohen diese Ökosysteme bereits heute. Das neue Abkommen bietet die Chance, dem entgegenzutreten, durch klare Normen und internationale Zusammenarbeit. 

Trotz der erreichten Ratifizierungen bleiben Herausforderungen. Die Einrichtung und Überwachung von Schutzgebieten auf der Hohen See wird kompliziert: Meere sind groß, ihre Grenzen schwer definierbar, die Durchsetzung von Beschränkungen schwierig. Es wird ein System benötigt, das nicht nur Beschlüsse fassen kann, sondern mit wissenschaftlich-technischen Organen, Monitoring, Transparenzmechanismen und klaren Sanktionen arbeitet. Zudem muss die Frage geklärt werden, wie Nutzung und kommerzielle Interessen, insbesondere tiefseeorientierter Bergbau oder Fischerei, kontrolliert und reguliert werden, ohne dass einzelne Akteure das System untergraben. Staaten mit geringem Zugang zu technologischen Ressourcen benötigen Unterstützung, damit sie nicht abgehängt werden. Finanzierungsmechanismen und Mechanismen zum Technologietransfer sind unerlässlich. Das Abkommen sieht diese vor, doch ihre Umsetzung wird aufwendig sein. 

Für Deutschland beginnt nun eine Phase, in der Ratifikation und nationale Gesetzgebung Hand in Hand gehen müssen. Vor allem muss das Parlament zustimmen, damit das Land seine Unterschrift in bindende völkerrechtliche Verpflichtungen umwandelt. Es geht darum, internationale Verpflichtungen in nationales Recht zu überführen – etwa durch Gesetze, die sicherstellen, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgeschriebener begleitet werden und Schutzgebiete eingerichtet und überwacht werden dürfen. Auch Kooperationen mit Forschungseinrichtungen sind wichtig, um Wissen über marine Arten und bei genetischen Ressourcen auszubauen. Umweltexperten sehen Deutschland in der Pflicht, seiner historischen Mitwirkung nun konkrete Schritte folgen zu lassen. 

Das Inkrafttreten des Vertrags am 17. Januar 2026 wird nicht das Ende, sondern der Beginn der Umsetzung sein. Die Vertragsparteienkonferenz, die spätestens ein Jahr nach dem Inkrafttreten einberufen wird, muss die Rahmenbedingungen für effektiven Schutz liefern: ein institutionelles Sekretariat, wissenschaftlich-technische Organe, klare Regeln, Transparenz und Rechenschaftspflicht. Mit dieser Konferenz wird sichtbar, ob die Ambition hinter den Formulierungen auch in Taten umgesetzt wird. 

Dieser Vertrag ist ein Meilenstein, nicht nur für die Meere, sondern für das Verhältnis der Menschheit zur Natur. Er verdeutlicht, dass globale Probleme wie Biodiversitätsverlust, Klimawandel oder Umweltzerstörung nicht allein in einzelnen Nationalstaaten gelöst werden können. Nur wenn Regeln gelten, die über Grenzen hinweg wirken, kann eine nachhaltige Zukunft gestaltet werden. Die Herausforderung besteht jetzt darin, aus Absicht Handeln werden zu lassen. Wenn Staaten mit Mut, Expertise und Verantwortungsbewusstsein agieren, kann der Schutz der Hohen See zu einem Fundament werden, auf dem eine gesündere, gerechtere, zukunftsfähige Beziehung zur Natur aufgebaut wird.

 

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