IGH-Gutachten: Klimaschutz ist völkerrechtliche Pflicht
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag (IGH) hat jetzt in einem Klima-Gutachten den Klimawandel als „universelle und ernstzunehmende Bedrohung“ für die Menschen eingestuft. Eine „saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt“ sei ein Menschenrecht. Entsprechend sind auch die Staaten völkerrechtlich dazu verpflichtet, Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen und die Erderwärmung zu bekämpfen.
24.07.2025
Mit dem ersten Klima-Gutachten dieser Art unterstreicht der Internationale Gerichtshof die Verantwortung aller Länder, den Klimawandel einzudämmen und die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Ergreifen Staaten keine geeigneten Maßnahmen, könnte dies völkerrechtswidrig sein. Ländern, die durch den Klimawandel geschädigt werden, könnten sogar Entschädigungszahlungen zustehen.
Umweltverbände begrüßen das Gutachten. „Die Stellungnahme ist wirklich von großer Bedeutung und stellt einen Wendepunkt für den internationalen Klimaschutz dar“, meint etwa Sarah Zitterbarth, Expertin für Internationale Klimapolitik bei Greenpeace. Das Gericht läute für Regierungen und Unternehmen eine neue Ära der Verantwortung und Rechenschaftspflicht ein, Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise zu ergreifen.
Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland, sieht das ähnlich: „Die Stellungnahme des Gerichts ist ein Gamechanger für den internationalen Klimaschutz. Staaten tragen Verantwortung dafür, Menschen vor den Folgen der Klimakrise zu schützen – und zwar über die eigenen Grenzen hinweg.“ Dies könne nur über eine schnelle Reduzierung klimaschädlicher Emissionen gehen. Vor allem die Hauptemittenten seien in der Pflicht. „Sie heizen die Klimakrise an, und während einige wenige davon auf kurze Sicht profitieren, leidet langfristig das Wohlergehen aller darunter. Insbesondere ärmere Menschen vor allem in ärmeren Staaten und die Bewohner:innen kleiner Inselstaaten werden von den Folgen der Erderhitzung unverhältnismäßig hart getroffen“, erklärt Raddatz. Als einer der größten Hauptverursacher der Klimakrise stehe Deutschland in der Pflicht „klare Verlässlichkeit zu zeigen, etwa bei der Umsetzung seiner eigenen Klimaziele und der Festlegung des EU-Beitrags (NDC) zum Pariser Abkommen, der bis zum September stehen muss.“
„Das heutige Gutachten des Internationalen Gerichtshof (IHG) stärkt das Völkerrecht hinsichtlich der universellen Rechte auf Leben, Nahrung, Gesundheit und eine saubere Umwelt“, kommentiert auch Nafkote Dabi, Leiterin für Klimapolitik bei Oxfam. Sie fordert vor allem von den großen Wirtschaftsnationen den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und mehr finanzielle Unterstützung für Länder des Globalen Südens, damit diese ihre Emissionen reduzieren und ihre Bevölkerung on den Auswirkungen der Klimakrise schützen können. „Das ist kein Wunschzettel – das ist internationales Recht“, so Dabi.
Rechtlich bindend ist das Gutachten des IGH für die einzelnen Staaten zwar nicht. Dennoch gilt es als wegweißend für künftige Gerichtsverfahren und die öffentliche Debatte.
Hintergrund:
Die UN-Vollversammlung hat im März 2023 den Internationalen Gerichtshof (IGH) beauftragt, ein Gutachten zu völkerrechtlichen Pflichten im Kampf gegen die Klimakrise zu erstellen. Die Initiative ging auf Studierende aus Vanuatu zurück, einem von dem Klimawandel und vom steigenden Meeresspiegel akut bedrohten Inselstaat. Unterstützt von zahlreichen Ländern, darunter Deutschland, sollte der IGH klären, ob und wie Staaten die Umwelt auch zum Schutz künftiger Generationen vor Treibhausgasen bewahren müssen – und welche rechtlichen Folgen Untätigkeit haben kann.