Erdüberlastungstag 2025: Leben auf Pump – Umweltverbände fordern Kurswechsel
Am 24. Juli ist globaler Erdüberlastungstag – früher denn je. Umweltverbände wie der BUND und WWF schlagen Alarm: Der Ressourcenverbrauch übersteigt deutlich die Regenerationsfähigkeit unseres Planeten. Besonders Deutschland lebt auf zu großem Fuß. Die Organisationen fordern verbindliche Reduktionsziele, eine konsequente Kreislaufwirtschaft und internationale Zusammenarbeit. Nur so lässt sich verhindern, dass kommende Generationen für unsere ökologische Schulden zahlen müssen.
24.07.2025
Am 24. Juli ist in diesem Jahr globaler Erdüberlastungstag, wieder einmal früher als im Vorjahr. Ab diesem Tag verbrauchen wir mehr natürliche Ressourcen, als die Erde in einem Jahr regenerieren kann. Zum Beispiel fällen wir zu viele Bäume, produzieren zu viel Fleisch und versiegeln zu viele Flächen. Besonders Industriestaaten wie Deutschland leben deutlich über ihre Verhältnisse und zerstören auf diese Weise unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert daher rasche Maßnahmen von der Bundesregierung, um den Ressourcenverbrauch deutlich zu senken.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Wir verschwenden unsere Ressourcen, als gäbe es kein Morgen. Wir übernutzen unser Wasser, unsere Böden und unsere Wälder. Die katastrophalen Folgen unseres Wirtschaftens wie Starkregen, Überschwemmungen und Trockenheit zeigen sich weltweit und auch bei uns immer deutlicher. Städte müssen sich anpassen; die Landwirtschaft muss sich umstellen; Mikro- und Nanoplastik sind überall. Wir sind abhängig von Rohstoffen, deren Abbau die Natur zerstört und die Klimakrise weiter befeuert.“
Seit 1970 ist der Erdüberlastungstag im Kalender immer weiter nach vorne gerückt. Der weltweite Verbrauch nachwachsender Rohstoffe, wie zum Beispiel Holz, hat sich seitdem ungefähr verdoppelt. Auch andere, nicht nachwachsende Rohstoffe wie Metalle, Gas oder Baustoffe werden immer mehr verbraucht – ihr weltweiter Konsum hat sich insgesamt mehr als verdreifacht. Das sorgt für erhebliche Umweltschäden, Treibhausgasemissionen und soziale Verwerfungen.
Bandt: „Wir leben in einem System, das immer mehr an seine Grenzen kommt. Doch wir können dagegen steuern: Mit besseren Mehrwegsystemen verbrauchen wir weniger Verpackungen und Plastik. Durch gutes Design halten unsere Elektrogeräte länger und sie sind leichter zu reparieren. Das ist nicht nur sinnvoll für die Umwelt, sondern schont auch noch den Geldbeutel.“
In Deutschland gibt es seit letztem Jahr eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS). Die neue Regierung erarbeitet dafür gerade ein ‚Eckpunktepapier kurzfristig realisierbarer Maßnahmen‘. Der BUND fordert, dass darin ein rechtlicher Rahmen zur Reduktion des Primärrohstoffverbrauchs aufgenommen wird. Zudem sollten Maßnahmen aus der NKWS priorisiert und ein wirkungsvolles Monitoring festgelegt werden. Auch braucht es aus Sicht des Umweltverbandes eine Finanzierung dieser Maßnahmen und eine starke Plattform mit Beteiligung der Zivilgesellschaft.
Bandt: „Es ist gut, dass die Bundesregierung die Kreislaufwirtschaft weiter voranbringen will. Um den Ressourcenverbrauch wirklich zu senken, reichen aber nicht nur ein paar Anreize hier und ein bisschen mehr Recycling da. Auf einem endlichen Planeten können wir mit unserer Wirtschaftsweise nicht auf ewig weiteres Wachstum setzen. Deshalb muss die Ressourcenverschwendung gestoppt werden. Deutschland hat die Köpfe und Unternehmen, die einen unabhängigen und beständigen Wohlstand trotz begrenzter inländischer Ressourcen sichern können.“
Auch der Umweltverband WWF schlägt Alarm: „Mit unserem ökologischen Fußabdruck sind wir bei unserem Planeten Erde bereits so tief verschuldet, dass zukünftige Generationen dafür teuer bezahlen werden“, sagt Florian Titze, Leitung für Internationale Politik beim WWF Deutschland. „Der Erdüberlastungstag zeigt uns jedes Jahr: Mit einer Politik des grenzenlosen Verbrauchs der natürlichen Ressourcen auf einem begrenzten Planeten ist die Katastrophe langfristig vorprogrammiert. Wir wirtschaften und konsumieren auf eine Art, die global unverantwortlich und gegen die eigenen Interessen ist. Deutschland steht auf der Rangliste der historisch gewachsenen ökologischen Schulden auf dem Planeten mit ganz oben. Daraus erwächst auch eine Verantwortung.“
Der Schutz der globalen Gemeinschaftsnaturgüter ist Grundvoraussetzung für ein funktionierendes System Erde und damit für unser aller Wohlergehen. Das erfordert internationale Zusammenarbeit und globale Solidarität. Die Bundesregierung will aktuell bei der Entwicklungszusammenarbeit im Bundeshaushalt kürzen. „Das ist ein fataler Fehler. Wir brauchen mehr internationale Zusammenarbeit, nicht weniger. Gerade jetzt, in Zeiten multipler Krisen. Wir müssen nicht nur auf ein nachhaltiges Wirtschaftssystem umstellen, sondern gemeinsam mit allen Partnern in der Welt die globalen Güter schützen, von denen auch die Stabilität und Resilienz unserer Gesellschaft in Deutschland abhängt: tropische Regenwälder, lebendige Meere und das Klima.“
Weitsichtige Entwicklungspolitik verbindet die Förderung ökologischer Stabilität mit Krisenvorsorge und der Sicherung menschlicher Grundbedürfnisse. Dieser ganzheitliche Ansatz stärkt nicht nur die Partnerländer, sondern auch die Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gegen globale Krisen. Dafür muss die Bundesregierung aber international verlässlicher Partner bleiben. Eine Kürzung der Entwicklungsfinanzierung passt damit nicht zusammen.
Saubere Luft, Trinkwasser, fruchtbare Böden, ein stabiles Klima – eine gesunde Umwelt ist Grundlage für alles. „Wenn die deutsche Wirtschafts- und Entwicklungspolitik die planetaren Grenzen einfach ausblendet, stürzt uns das in immer größere Krisen, anstatt ihnen zu entfliehen“, warnt Titze. „Wirtschaftswachstum, Stabilität und Wohlstand können langfristig nicht funktionieren, wenn ihre systemischen Grundlagen durch Erderhitzung und durch Zerstörung der Natur verloren gehen.“
Hintergrund:
Erdüberlastungstag wird der Tag genannt, ab dem wir für das übrige Jahr mehr Acker- und Weideland, Fischgründe und Wald beanspruchen, als rechnerisch zur Verfügung stehen. Zugleich stoßen wir weitaus mehr Kohlendioxid aus, als Wälder und Ozeane aufnehmen können. Um ihren Verbrauch zu decken, beansprucht die Weltbevölkerung aktuell 1,8 Erden; Deutschland sogar drei Erden.
Zur Senkung des Ressourcenverbrauchs fordert der BUND verbindliche Reduktionsziele im Rahmen eines Ressourcenschutzgesetzes. Weitere Maßnahmen wären die Förderung von Mehrweg, Recycling und Sekundärrohstoffen. Die Kreislaufwirtschafts-Infrastruktur muss dafür aufgebaut werden und kann zum Beispiel über den Klima- und Transformationsfonds finanziert werden.
Ein wichtiger Hebel für den Ressourcenschutz ist die Kreislaufwirtschaft. Dazu braucht es sowohl in Deutschland als auch in der Europäischen Union eine zentrale Infrastruktur, die gezielt gefördert und aufgebaut werden muss. Auf diese Weise könnten die vielen Wertstoffe wie Holz, Plastik, Metalle, Elektrogeräte oder Biomüll gesammelt, hochwertig recycelt oder wiederverwendet werden.
Doch auch Kreislaufwirtschaft hat Grenzen. Kreisläufe können physikalisch nicht komplett geschlossen und primäre Rohstoffe nur zum Teil durch sekundäre Rohstoffe ersetzt werden. Die NKWS folgt deshalb richtigerweise dem Leitbild, den Primärrohstoffverbrauch bis 2045 ungefähr zu halbieren. Um die gewünschte Lenkungswirkung der NKWS zu entfalten und Planungssicherheit für die Wirtschaft zu schaffen, fordert der BUND verbindliche Ziele, die mit ambitionierten Maßnahmen unterlegt werden.