Anpassen statt Abwarten: Klimaresilienz in Rheinland-Pfalz
Die Folgen des Klimawandels sind auch im Landkreis Cochem-Zell in Rheinland-Pfalz deutlich spürbar. Um den zunehmenden Herausforderungen zu begegnen, entwickelt der Kreis ein umfassendes Klimaanpassungskonzept. Unterstützt wird er dabei vom Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE und dem österreichischen Klimakompetenzzentrum alpS. Erste Analysen zeigen: Extremwetterereignisse werden in der Region künftig häufiger und intensiver auftreten.
17.06.2025

Ein wichtiger Anstoß für alle deutschen Kommunen: Mitte Mai 2025 öffnete das Bundesumweltministerium im Rahmen der Förderrichtlinie „Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ ein neues Förderfenster. Damit sollen kommunale Projekte zur Klimaanpassung finanziell gezielt unterstützt und beschleunigt werden.
Die Entwicklung des Klimaanpassungskonzepts für den Landkreis Cochem-Zell basiert auf einer umfassenden Analyse der Anfälligkeit von Landschafts- und Siedlungsstrukturen gegenüber den Folgen des Klimawandels. Die Ergebnisse sind eindeutig: In den kommenden Jahren ist mit einer spürbaren Zunahme von Starkregen, Überschwemmungen und langen Dürreperioden in der Region zu rechnen. Bereits heute sind die Auswirkungen sichtbar – etwa durch die in der Region um 1,8 Grad gestiegene Durchschnittstemperatur und eine abnehmende Zahl an frostigen Nächten. Besonders eindrücklich zeigte sich der Klimawandel in der Region im vergangenen Jahr: Das traditionsreiche Weinanbaugebiet an der Mosel verzeichnete die geringste Ernte seit Jahrzehnten.
Topografische Vielfalt als Risikozone
Zwischen Eifel, Mosel und Hunsrück liegt eine landschaftlich vielfältige, aber auch risikobelastete Region. Die topografischen Gegebenheiten im Landkreis Cochem-Zell, zu denen steile Hänge, schmale Flusstäler und dichte Besiedlung entlang der Mosel gehören, erhöhen die Gefahr für Naturgewalten wie Sturzfluten oder Hangrutschungen. Besonders bei Starkregenlagen schwillt die Mosel binnen kürzester Zeit in ein reißendes Gewässer an. Erste Maßnahmen, wie die Entwicklung kommunaler Starkregenkonzepte, sind bereits angelaufen. Doch die bisherigen Analysen zeigen deutlich, dass die bestehenden Schutzvorkehrungen zunehmend an ihre Grenzen stoßen.
Daher setzt das Klimaanpassungskonzept von Drees & Sommer und alpS auf einen ganzheitlichen Ansatz. Ziel ist es, die Strukturen vor Ort systematisch zu analysieren, Risiken zu identifizieren und konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Dazu zählen sowohl technische Maßnahmen – wie der Ausbau von Rückhalteflächen – als auch naturbasierte Lösungen. Begrünte Dächer und Fassaden, klimaresiliente Bepflanzungen und eine angepasste Landnutzung sollen künftig lokal neben dem Hochwasserschutz auch zur Verbesserung des Mikroklimas beitragen und ökologische Lebensräume stärken.
Nah dran: Ideen aus der Bevölkerung
Ein besonderer Fokus bei der Umsetzung der Maßnahmen vor Ort liegt auf der Einbindung der Bevölkerung. In Workshops, Veranstaltungen und digitalen Formaten werden nicht nur Fachwissen und Informationen vermittelt, sondern auch wertvolle Erfahrungen und Ortskenntnisse gesammelt. So entstehen praxisnahe, regional angepasste Strategien, die langfristig tragfähig sind.
In die Zukunft investieren
Die langfristigen finanziellen, gesellschaftlichen und ökologischen Kosten des Klimawandels schätzen die Drees & Sommer-Experten als deutlich höher ein als die Ausgaben, die heute für präventive Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung erforderlich wären. Extreme Wetterereignisse, steigende Wasserpegel, Ernteausfälle und die Zunahme klimabedingter Gesundheitsrisiken verursachen nicht nur immense wirtschaftliche Schäden, sondern bedrohen auch die Lebensgrundlagen vieler Menschen. Deshalb ist entschlossenes und rechtzeitiges Handeln dringend notwendig. Je früher umfassende Maßnahmen ergriffen werden, desto größer ist die Chance, die gefährlichen Entwicklungen zu verhindern und gleichzeitig zukünftige Generationen vor den Auswirkungen eines ungebremsten Klimawandels zu bewahren.
Zur Autorin:
Tanja Sprenger ist seit mehr als zehn Jahren bei Drees & Sommer tätig und ausgebildete DGNB Auditorin. Als Kompetenzverantwortliche im Bereich Blue City in NRW am Standort Köln liegt der Fokus ihrer Tätigkeit auf dem Projektmanagement und der Beratung rund um das Thema nachhaltige Stadtentwicklung. Zuvor verantwortete Tanja Sprenger Projekte im Bereich Smart Buildings/City am Standort Köln und Aachen. Ihre Expertise erstreckt sich über die Betrachtung von Gebäudehüllen hinaus zu umfassenden, nachhaltigen Lösungen für Gewerbe- und Industriestandorte bis hin zu Stadtquartieren in Neubau und Bestand. Hierbei unterstützt sie Unternehmen, Projektentwickler und Kommunen dabei, wie sie wirtschaftlich tragfähige Maßnahmen im Rahmen der Nachhaltigkeit umsetzen können. Zu ihren Referenzprojekten zählen neben Cochem-Zell beispielsweise die Begleitung der Klimaanpassungskonzepte für den gesamten Landkreis Düren und die Stadt Dormagen sowie diverse Quartierszertifizierungen nach DGNB. Tanja Sprenger studierte Architektur, Projektmanagement und Immobilienökonomie an der TH Köln.
