Alternativer Nobelpreis ehrt Zivilgesellschaft
Klimakämpfer aus dem Pazifik, Nothelfer im Sudan, Demokratieverteidiger in Myanmar und eine Digitalpionierin aus Taiwan: Die Gewinner des Alternativen Nobelpreises 2025 zeigen, wie Menschen in Krisenregionen durch kollektives Handeln Veränderung schaffen. Die Right Livelihood Stiftung zeichnet Mut aus, der Millionen Menschen Zukunft schenkt.
03.10.2025
In einer Welt multipler Krisen sendet Stockholm ein Signal der Hoffnung. Die Right Livelihood Stiftung hat die Träger des Alternativen Nobelpreises 2025 bekannt gegeben und würdigt damit Menschen und Organisationen, die fernab der großen Weltbühne beweisen, dass Wandel möglich ist. Die Auszeichnung, mit jeweils rund 73.000 Euro dotiert, geht in diesem Jahr an Aktivisten aus vier Weltregionen, die eines verbindet: Sie setzen auf die Kraft der Zivilgesellschaft.
Die Preisträger könnten unterschiedlicher kaum sein, und doch ziehen sie am selben Strang. Da sind die Emergency Response Rooms im Sudan, ein dezentrales Netzwerk freiwilliger Helfer, das im Chaos des Bürgerkriegs zur Lebensader für Millionen Menschen geworden ist. Während internationale Organisationen oft nicht durchkommen, organisieren diese lokalen Notfallzentralen medizinische Versorgung, Lebensmittel und Schutz für die Zivilbevölkerung. In einer zerbrochenen Nation haben sie ein Modell gegenseitiger Hilfe geschaffen, das Menschen ihre Würde bewahrt.
Aus dem Pazifik kommen gleich zwei Preisträger, die sich gemeinsam gegen die Klimakrise stemmen. Die Studentenorganisation Pacific Islands Students Fighting Climate Change und der Menschenrechtsanwalt Julian Aguon von der Insel Guam haben einen mutigen Weg gewählt: Sie zogen vor den Internationalen Gerichtshof. Frustriert von der Untätigkeit der Weltgemeinschaft, nahmen 27 Jurastudenten der University of the South Pacific den Kampf auf und forderten ein historisches Gutachten zur Verantwortung der Industriestaaten für die Klimakrise. Ihre Inseln versinken im steigenden Meeresspiegel, während die Hauptverursacher der Erwärmung zögern. Der Gerichtshof gab ihnen Recht und stellte fest, dass vor allem die Länder des globalen Nordens für die Verschmutzung verantwortlich sind.
Julian Aguon, der Anwalt aus Micronesien, hat jahrelang für indigene Rechte und Klimagerechtigkeit gekämpft. Seine Arbeit zeigt, dass juristische Wege wirksam sein können, wenn politische versagen. Die jungen Studenten und er haben bewiesen, dass selbst kleine Inselstaaten eine globale Debatte anstoßen können.
Aus Taiwan kommt mit Audrey Tang eine Pionierin der digitalen Demokratie. Die ehemalige Digitalministerin des Landes hat gezeigt, wie Technologie Bürger ermächtigen kann, statt sie zu überwachen. In Zeiten, in denen Algorithmen oft Spaltung säen und Desinformation verbreiten, hat Tang Plattformen entwickelt, die Transparenz schaffen und Menschen an politischen Entscheidungen beteiligen. Ihr Ansatz ist radikal: Technologie muss ethisch sein und der Gesellschaft dienen, nicht Konzernen oder autoritären Regimen. In einer Region, die zunehmend unter Druck autokratischer Systeme gerät, ist ihre Arbeit ein Leuchtturm.
Die vierte Auszeichnung geht an Justice for Myanmar, eine Gruppe anonymer Aktivisten, die nach dem Militärputsch 2021 im Untergrund operieren. Mit investigativen Recherchen decken sie Korruption und Menschenrechtsverletzungen der Junta auf. Ihre Berichte über Kriegsverbrechen und Wirtschaftsverflechtungen des Regimes haben internationale Sanktionen nach sich gezogen. Wer sie sind, wissen nur wenige. Dass sie unter Lebensgefahr arbeiten, steht außer Frage. Der Preis ist auch eine Anerkennung für alle, die in Diktaturen Widerstand leisten.
Ole von Uexküll, Direktor der Right Livelihood Stiftung, betont, dass die Preisträger zeigen, was möglich ist, wenn Menschen zusammenarbeiten. Während Autoritarismus und Spaltung zunehmen, würden die Ausgezeichneten einen anderen Weg beschreiten: einen Weg der kollektiven Aktion, der Resilienz und der Demokratie. Sie seien ein Netz der Hoffnung in einer Zeit der Polykrisen.
Der Alternative Nobelpreis wurde 1980 ins Leben gerufen, nachdem die Nobelstiftung einen Preis für Umweltschutz ablehnte. Seitdem ehrt die schwedische Right Livelihood Stiftung Menschen, die sich für soziale Gerechtigkeit, Frieden, Menschenrechte und den Schutz der Umwelt einsetzen. Die Preisverleihung findet am 2. Dezember in Stockholm statt, eine Woche vor den offiziellen Nobelpreisen.
Die Auszeichnungen 2025 sind eine Erinnerung daran, dass Veränderung nicht nur von oben kommen kann. Sie entsteht dort, wo Menschen nicht resignieren, sondern handeln. Im Sudan, auf pazifischen Inseln, in Myanmar und Taiwan entstehen Lösungen, die zeigen: Eine lebenswertere Zukunft ist keine Utopie. Sie wird gebaut, Tag für Tag, von jenen, die nicht aufgeben.