EU Reporting

Zwischen Entlastung und Unsicherheit: Was der Mittelstand aus der Omnibus-Verordnung mitnimmt

Die EU signalisiert Entlastung für den Mittelstand – doch in der Praxis herrscht Unsicherheit. Wo können kleine und mittlere Unternehmen unter wechselnden regulatorischen Bedingungen nachhaltig wirtschaften?

09.10.2025

Zwischen Entlastung und Unsicherheit: Was der Mittelstand aus der Omnibus-Verordnung mitnimmt

Entlastung unter Vorbehalt: Die Omnibus-Verordnung im Überblick

Im Februar 2025 hat die EU-Kommission das erste Omnibus-Paket vorgestellt, um kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von Teilen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zu entlasten. Diese verpflichtete Unternehmen, regelmäßig über Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) zu berichten, inklusive Angaben zu Wertschöpfungskette.

Als Teil des Pakets wurde zudem der Voluntary Sustainability Reporting Standard für KMU (VSME) eingeführt: ein freiwilliger Standard, der KMU die Berichterstattung praxisnah gestaltet und den Aufwand für KMU reduziert, ohne die Anforderungen der CSRD vollständig abzuschwächen.

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Das Omnibus-Paket reduziert diese Berichtspflichten deutlich:

  • Rund 80 Prozent der Unternehmen werden von der Pflicht ausgenommen.
  • Die Stop-the-Clock-Directive verschiebt die Anwendung der CSRD um zwei Jahre.
  • Nur große Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden und bestimmten Umsatz- und Bilanzgrenzen müssen berichten. Kapitalmarktorientierte KMU fallen komplett raus.

Warum Mittelständler verunsichert sind

Der späte Zeitpunkt macht vielen Mittelständlern zu schaffen. Viele hatten bereits in Wesentlichkeitsanalysen und Berichtsvorbereitungen investiert, als die EU-Kommission den Aufschub verkündete. Diese Aufwendungen lassen sich nicht rückgängig machen, während gleichzeitig neuer Anpassungsdruck entsteht.

Mittelständische Unternehmen müssen sich auf wechselnde Szenarien einstellen. Statt abzuwarten, nutzen viele die Entwicklungen, um eigene Nachhaltigkeitsinitiativen voranzutreiben.

Zwischen Vorschrift und Nachfrage

Im Tagesgeschäft zeigt sich die Unsicherheit besonders deutlich. Kunden fordern kurzfristig detaillierte Daten – von Energie- und Emissionsdaten bis hin zu Sozialstandards wie dem Mindestlohn. Zulieferer müssen Audits bestehen und Lieferantenselbstauskünfte ausfüllen. Solche Abfragen kommen oft ohne klare Vorlaufzeit und verursachen erheblichen Mehraufwand. Jedes Unternehmen nutzt dabei eigene Abfrageformen: Tools, Fragebögen sowie Codes of Conduct, die anerkannt werden müssen. Zwar gibt es dort inhaltliche Überschneidungen, jedoch ist die Art der Abfrage ständig unterschiedlich. Sich in die verschiedenen Tools einzuarbeiten, ist aufwendig. Während die Kommission von Entlastung spricht, wächst die Arbeitsbelastung in den Betrieben.

Gleichzeitig eröffnen sich auch Chancen: Wer diese Standards früh erfüllt, sichert sich selbst ab und stärkt seine Position bei Kunden und Neukunden. Die Insta GmbH nutzt diese Möglichkeit bereits, um Nachhaltigkeitsanforderungen strategisch in Unternehmensprozesse zu integrieren, was zeigt, wie ESG frühzeitig wirksam umgesetzt werden kann.

Chancen früh nutzen

Das Omnibus-Paket und der VSME eröffnen Unternehmen die Möglichkeit, ESG-Themen strategisch zu verankern. Wer Nachhaltigkeit früh integriert, profitiert gleich mehrfach: Lieferketten werden effizienter, die Marktposition gestärkt und das Unternehmen attraktiver für Fachkräfte. ESG wird so nicht nur zur Pflicht, sondern zu einem Treiber für Innovation und Zukunftsfähigkeit.

Entlastung braucht klare Regeln

Wie die EU das Omnibus-Paket umsetzt, entscheidet am Ende über die Wirkung für den Mittelstand. Schafft sie klare Grundlagen – mit eindeutigen Vorgaben, wer welche Nachweise bis wann zu erbringen hat – kann das den Mittelstand spürbar entlasten. Eine Deckelung durch den VSME verhindert, dass große Konzerne ihre Anforderungen ungebremst an kleinere Zulieferer weitergeben. Die Insta GmbH bereitet sich bereits aktiv auf neue Vorgaben vor. Der VSME dient dabei als Instrument, um KMU-freundliche Lösungen umzusetzen und eine verlässliche Basis für künftige Nachhaltigkeitsberichte zu schaffen.

Eigeninitiative nach wie vor notwendig

Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn Unternehmen selbst Verantwortung übernehmen, und zwar bereichsübergreifend. Bei der Insta GmbH bildet eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse und gelebte Unternehmenswerte die Grundlage: Sie betrachtet unterschiedliche Blickwinkel innerhalb des Unternehmens sowie von außen und dient so als Perspektivwechsel. Die Analyse zeigt, in welchen Bereichen bereits Fortschritte erzielt wurden und wo ergänzende Maßnahmen sinnvoll sind.

Nach der Ankündigung des Stop-the-Clock-Verfahrens wurde in einem Strategie-Workshop die Nachhaltigkeitsvision überprüft. Auch Mission und Oberziele wurden angepasst. Die Ergebnisse der doppelten Wesentlichkeitsanalyse dienen als Basis für die Aktualisierung der Unternehmenswebsite zum Thema Nachhaltigkeit und für die Erstellung des VSME-Berichts. Dieser standardisierte Bericht legt die Grundlage für künftige eigene Nachhaltigkeitsberichte und ermöglicht eine konsistente, nachvollziehbare Berichterstattung. Ergänzend dienen externe Bewertungen wie EcoVadis als Orientierung, um die Nachhaltigkeitsleistung vergleichbar einzuschätzen und gezielte Maßnahmen abzuleiten.

Die Vielzahl der Datenpunkte im European Sustainability Reporting Standards (ESRS)- und VSME-Bericht zeigt, dass Nachhaltigkeit über den Umweltschutz hinausgeht. Sozial- und Governance-Aspekte spielen eine zentrale Rolle. Durch diese umfassende Betrachtung können Unternehmen erkennen, dass Nachhaltigkeit weit über einzelne Maßnahmen hinausgeht und systematisch in allen Unternehmensbereichen berücksichtigt werden muss.

Was der Mittelstand jetzt braucht

Um trotz der unsicheren Rahmenbedingungen zukunftsfähig zu wirtschaften, sollten Mittelständler ihre Strategien klar ausrichten und Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen verankern.

Für kleine und mittlere Unternehmen gilt:
  • Klare Werte und Prioritäten setzen.
  • Regulatorische Entwicklungen aktiv beobachten und flexibel reagieren.
  • Lieferketten und Kundenanforderungen systematisch einbinden. Dabei ist entscheidend, dass ESG nicht nur von einzelnen Verantwortlichen getragen wird, sondern vom Management vorgelebt und von der gesamten Belegschaft aktiv mitgetragen wird – ein Ansatz, den Insta bereits konsequent verfolgt.

Politisch gilt:
  • Vorgaben rechtzeitig und transparent kommunizieren.
  • Anforderungen realistisch gestalten.
  • Verständnis für Grenzen, aber auch die Bedeutung des Mittelstands entwickeln.

Wer interne Werte mit externen Standards verbindet und Nachhaltigkeit gemeinsam lebt, kann Unsicherheiten in strategische Vorteile umwandeln und ESG als Treiber für Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftssicherheit nutzen.

Über die Autorin

Vivien Sarah Fielk startete 2018 ihre Laufbahn bei der Insta GmbH mit einer Ausbildung zur Industriekauffrau, die sie 2021 mit Bestenehrung der SIHK Hagen abschloss. Anschließend war sie als Assistenz der kaufmännischen Geschäftsführung tätig. Seit Ende 2022 verantwortet sie Aufgaben im Bereich Nachhaltigkeit und ist heute als Sustainability & Material Compliance Officer bei der Insta GmbH tätig. Parallel dazu studiert sie seit 2024 berufsbegleitend Nachhaltigkeitsmanagement.

Quelle: UD
 

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