Green Deal, Clean Deal & Unternehmenssteuern: Belohnung für Nachhaltigkeit oder neue Steuerlast?
Grüne Gesetzgebung und Steuerpolitik markieren einen fundamentalen Paradigmenwechsel in der Unternehmensführung. Vorgaben wie das EU-Lieferkettengesetz und der CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) sollen Menschen und Firmen auf einen Weg Richtung Nachhaltigkeit lenken, stellen aber vor allem Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Sie müssen nicht nur bestehende Geschäftsmodelle hinterfragen, sondern auch einen Wandel hin zu nachhaltigen Investitionen schaffen. Dabei werden zunehmend auch Steuern als Instrument genutzt, um das ambitionierte Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, zu erreichen.
26.03.2025

Gleichzeitig verbindet der neue Clean Industrial Deal (CID) Wettbewerbsfähigkeit und Dekarbonisierung, sorgt für bezahlbare Energie und Innovationen – so der Plan der EU. Geschehen soll das vor allem durch steuerliche Anreize wie Abschreibungsmöglichkeiten oder Steuergutschriften und staatliche Förderprogramme, etwa im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) oder über zinsverbilligte Kredite der Kfw. Wer hiervon jedoch profitieren möchte, muss möglichst frühzeitig eine langfristige, maßgeschneiderte Strategie entwickeln.
Green Deal – und jetzt?
Vor sechs Jahren wurde der European Green Deal ins Leben gerufen – ein ambitioniertes Programm, das Europa in den ersten klimaneutralen Kontinent verwandeln sollte. Mit einem Investitionsvolumen von über einer Billion Euro wurden Ziele wie die Verringerung der Umweltverschmutzung und der Weg zu Netto-Null-Emissionen bis 2050 definiert. Mit dem Fit-for-55-Paket wurde unter anderem die Energiesteuerrichtlinie angepasst, die darauf abzielt, fossile Energieträger im Vergleich zu klimafreundlichen Alternativen deutlich stärker zu belasten. Derzeit basiert die Besteuerung in vielen Ländern noch auf einem volumenbasierten Ansatz, bei dem beispielsweise Kraftstoffe pro Liter besteuert werden. Künftig soll die Abgabe jedoch anhand des tatsächlichen Energiegehalts und des sogenannten ökologischen Fußabdrucks erfolgen – also danach, wie umweltverträglich ein Energieerzeugnis ist. Somit wird es eine grundlegende Neuordnung der Mindeststeuersätze geben, unter anderem durch die Einführung eines „Energiesteuer Tax Rankings“. Dieses Ranking bedeutet, dass Produkte mit einem höheren schädlichen Einfluss auf das Klima entsprechend stärker besteuert werden. Zudem sollen die bislang geltenden Entlastungsregelungen für fossile Energieträger in der derzeitigen Form abgeschafft werden, um den Umstieg auf umweltfreundlichere Energiequellen nachhaltig zu fördern.
Rahmenbedingungen im Kontext des Klimawandels
Wer einen Blick in die Medienlandschaft wirft, stellt schnell fest, dass der Green Deal in seiner ursprünglichen Form ins Wanken gerät. Manche Gesetze des vermeintlich epochalen Werks gelten längst als Ausdruck von Überregulierung und Micromanagement, die der Wirtschaft ihre Innovationskraft nehmen. Während Donald Trump zur Verteidigung der „Petro-Maskulinität“ ansetzt, sich die USA schon zum zweiten Mal aus dem Pariser Klimaschutzabkommen zurückziehen, hat auch in Europa der Ruf des Green Deals mancherorts gelitten. Aus dem Beitrag zur Weltrettung wird dabei ein Wettbewerbsnachteil, der gelegentlich sogar ganz allein verantwortlich für die Krise der Wirtschaft sein soll. Pure Übertreibung? Laut Ergebnissen des European Green Deal Barometer 2024, einer jährlichen Vertrauensbefragung, äußerte eine Mehrheit der Befragten (55 Prozent) ein gewisses Vertrauen darauf, dass die EU-Institutionen den Green Deal in Gesetzesform bringen werden, um die internationalen Klimaverpflichtungen einzuhalten. Für 2025 steht der Bericht noch aus.

Lenkungswirkung des Steuerrechts
Unabhängig davon, wie sich die Klimadebatte auf internationaler Ebene entwickelt, auf nationaler Ebene ist bisher ein stetiger Fortschritt erkennbar – nicht zuletzt auch, weil Maßnahmen umgesetzt werden. Dazu bekennt sich auch das aktuelle Sondierungspapier von CDU, CSU und SPD. Zum Thema Klimaschutz heißt es: „Wir wollen als marktgerechtes Instrument Leitmärkte für klimaneutrale Produkte schaffen, z. B. durch Quoten für klimaneutralen Stahl, eine Grüngasquote oder vergaberechtliche Vorgaben. (...) Wir stehen zu den deutschen und europäischen Klimazielen. (...) Wir arbeiten entschlossen daran, diese Klimaziele einzuhalten.“ Die grüne Transformation der Wirtschaft ist also in vollem Gange. Dafür haben sich Union und SPD mit Grünen geeinigt und ein Finanzpaket auf den Weg gebracht, das nicht nur die Schuldenbremse aussetzt, sondern auch 100 Milliarden Euro für die Wirtschaft vorsieht. Bisher setzt Deutschland dabei auf einen Mix aus Anreizen und regulatorischen Maßnahmen. Ein Beispiel? Seit das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) eingeführt wurde, gibt es für fossile Brennstoffe eine zusätzliche Abgabe, die sich stufenweise erhöht. Für Benzin, Heizöl und Gas zahlen Unternehmen und Verbraucher zum 1. Januar 2025 55 Euro pro Tonne. Parallel dazu wurde beispielsweise auch die Energiesteuerrichtlinie reformiert, um fossile Energieträger im Vergleich zu klimafreundlichen Alternativen stärker zu belasten. Auch Deutschland plant, die Besteuerung künftig nicht mehr volumenbasiert, sondern anhand des Energiegehalts und der Umweltverträglichkeit von Energieträgern zu gestalten. Der „Energiesteuer Tax Ranking“-Ansatz bedeutet, dass klimaschädliche Produkte stärker besteuert werden, während emissionsarme Alternativen steuerlich entlastet werden. Zudem wurden Entlastungsregelungen für fossile Brennstoffe weitgehend abgeschafft, um den Umstieg auf erneuerbare Energien zu forcieren.
Fördermöglichkeiten und Forschung
Daneben ermöglicht die Steuerpolitik gezielt Vergünstigungen für nachhaltige Investitionen. Investieren Unternehmen etwa in Forschung und Entwicklung, können sie von besonderen Erleichterungen profitieren. Wer klimafreundliche Produkte oder Technologien entwickelt, kann einen Teil der Aufwendungen von der Steuer absetzen. Durch die Forschungszulage erhalten Unternehmen bis zu 25 Prozent der förderfähigen Aufwendungen als Steuervergünstigung, woraus insbesondere technologieorientierte Firmen einen Vorteil ziehen.
Investment in Photovoltaik steuerlich begünstigt
Auch bei anderen geldintensiven Ausgaben für klimafördernde Maßnahmen hat der Gesetzgeber Anreize geschaffen. Um klimaneutralen Strom zu erzeugen, fördert der Staat eigene Photovoltaikanlagen. Sicher, die Investition ist mit hohen Kosten verbunden und erfordert eine betriebliche und unternehmerische Nutzung, doch die steuerlichen Vorteile können die Attraktivität der Photovoltaiknutzung erheblich steigern. Zwar gelten Einnahmen aus der Einspeisung des Stroms grundsätzlich als Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb und unterliegen somit der Einkommensteuer, allerdings führte der Gesetzgeber eine Freistellung der Einnahmen ein. Vorausgesetzt, die Leistung der Anlage pro Wohn- oder Gewerbeeinheit bleibt unter 30 Kilowatt und die Gesamtleistung der insgesamt betriebenen Anlagen beträgt höchstens 100 Kilowatt pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Dank der Freistellung der Einkünfte entfällt außerdem die andernfalls nötige Gewinnermittlung und im Fall von Personengesellschaften bleibt die Abfärbewirkung aus, sodass keine zusätzliche Belastung etwa durch die Gewerbesteuer anfällt.

Mit dem E-Dienstwagen in eine grüne Zukunft
Mit Blick auf den Fuhrpark lässt sich steuerlich auch bei einigen Punkten profitieren. Zwar muss bei betrieblich genutzten E-Dienstwagen der Privatanteil versteuert werden, allerdings wird ein vollelektrisch betriebenes Fahrzeug begünstigt. Bei Verbrennern beläuft sich die monatliche Abgabe auf ein Prozent des Bruttolistenpreises, wenn die betriebliche Nutzung über 50 Prozent beträgt. Ein Stromer hingegen wird nur mit einem Viertel des Bruttolistenpreises bewertet – sofern dieser 70.000 Euro nicht überschreitet. Selbst wenn der Spitzensteuersatz in Höhe von 45 Prozent angewendet wird, beträgt die Steuerersparnis bei einem E-Auto mit 70.000 Euro Bruttolistenpreis jährlich 2.825 Euro – verglichen mit gleichwertigen Verbrennern.
Wer bereits einen Blick in das Sondierungspapier von CDU, CSU und SPD geworfen hat, weiß, dass auch die schleppende Nachfrage nach Elektroautos stärker angekurbelt werden soll. Entsprechend planen die künftigen Koalitionspartner wieder einen Kaufanreiz. Eine bestehende Kaufprämie war Ende 2023 wegen Haushaltsnöten von der Ampel- Koalition abrupt gestoppt worden, danach sackte die Nachfrage spürbar ab.
Geht es nicht schnell genug?
Fakt ist: Führende klimafreundliche Unternehmen steigern ihren Gewinn durch Dekarbonisierung und erzielen durchschnittlich über 200 Millionen USD an jährlichen Nettovorteilen. Das zeigt eine Studie von der Boston Consulting Group (BCG) und CO2 AI aus dem September 2024. Laut DZ Bank investierten Unternehmen in Deutschland 2023 insgesamt 85 Milliarden Euro in Klimaschutzmaßnahmen, was einer Steigerung von 12,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Diese Investitionen führten bei 44 Prozent der Unternehmen zu einer stärkeren Kundenbindung und 38 Prozent konnten so neue Kunden gewinnen. Gleichzeitig stellt die grüne Transformation Unternehmen vor große Herausforderungen – nicht zuletzt weil die Umstellung Gastbeitrag Umwelt auf nachhaltige Geschäftsmodelle und die Investition in klimafreundliche Technologien notwendig sein werden, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und die ambitionierten Klimaziele der EU zu erreichen. Die Steuerpolitik spielt dabei eine zentrale Rolle: Sie lenkt das Verhalten von Unternehmen und Konsumenten hin zu umweltfreundlicheren Alternativen, indem sie den CO2-Ausstoß teurer macht und gleichzeitig nachhaltige Investitionen begünstigt. Die Verknüpfung von Innovationsförderung und steuerlichen Anreizen, wie etwa für die Entwicklung von Photovoltaikanlagen oder den Einsatz von E-Dienstwagen, bietet Unternehmen nicht nur ökologischen, sondern auch ökonomischen Nutzen. Allerdings muss die grüne Transformation in einem globalen Wettbewerb weiter unterstützt und optimiert werden, ohne dabei die Innovationskraft der Wirtschaft zu hemmen. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die EU und nationale Regierungen ihren Kurs im Umgang mit den Herausforderungen des Green Deals beibehalten können. Klar ist jedoch, dass Unternehmen heute bereits die Weichen stellen müssen, um nicht nur von den Fördermöglichkeiten zu profitieren, sondern auch ihren Beitrag zu einer klimafreundlicheren Zukunft zu leisten.
Weitere Informationen unter: https://youtu.be/6ZXfht6vaPQ

Zum Autor:
Prof. Dr. Christoph Juhn ist Professor für Steuerrecht, Steuerberater und besitzt einen Master of Laws. Seine Schwerpunkte in der Gestaltungsberatung liegen auf Umwandlungen und Umstrukturierungen, Unternehmen- und Konzernsteuerrecht, internationalem Steuerrecht, Unternehmenstransaktionen (M&A), Beratung für Berater sowie der laufenden Steuerberatung. Nachdem er 2011 seinen LL.M. an der Universität zu Köln erwarb, wurde er 2013 zum Steuerberater bestellt. Im Jahr 2020 promovierte er zum Dr. jur. im internationalen Unternehmen- & Umwandlungssteuerrecht und wurde noch im selben Jahr zum Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule Bonn berufen. Parallel dazu gründete er – nach Anstellungen in zwei Steuerberatungsgesellschaften – im Jahr 2015 die JUHN Partner GmbH und 2017 die JUHN BESAU GmbH. Außerdem betreibt der Steuerprofi unter @juhnsteuerberater einen erfolgreichen YouTube-Kanal.