EU Reporting

Europa am Scheideweg: Green Deal und CSRD im Podcast-Diskurs

In Brüssel weht ein rauer Wind für die Nachhaltigkeitspolitik. Unsere aktuelle Podcast-Folge widmet sich gleich zwei Brennpunkten, die das Potenzial haben, Europas Anspruch als Klimavorreiter nachhaltig zu erschüttern: dem politischen und gesellschaftlichen Gegenwind gegen den Green Deal und den tiefgreifenden Veränderungen, die das Omnibus-Verfahren bei der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) nach sich zieht. Gemeinsam zeichnen die Analysen ein Bild von wachsender Skepsis, regulatorischem Rückbau und der Frage, wie Europa im globalen ESG-Kontext bestehen kann.

27.08.2025

Als Ursula von der Leyen Ende 2019 den Green Deal präsentierte, galt er als Europas großer Wurf: ein Kontinent, der bis 2050 klimaneutral sein sollte. Heute zeigt die Diskussion im Podcast, wie brüchig dieses Narrativ geworden ist. Die Kommissionspräsidentin spricht inzwischen lieber vom „Clean Industrial Deal“, eine rhetorische Verschiebung, die symptomatisch für den politischen Realismus in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ist. In der Mode- und Textilbranche, einst Vorzeigesektor ambitionierter Nachhaltigkeitsregulierung, werden Projekte aufgeschoben oder ausgesetzt. „Quite a few brands have said, ‘We can basically put a lot of that on ice’“, zitiert die Runde den Juristen Oliver Scutt. Auch NGOs wie Canopy äußern Alarm: Die „wohl durchdachten“ Regeln zur Lieferkettentransparenz und zu entwaldungsfreien Produkten drohten ihres Kerns beraubt zu werden.

Das Fazit: Während die EU auf dem Papier ambitioniert bleibt, bröckelt das Vertrauen in die Umsetzung. Industrieverbände klagen über Überregulierung, politische Parteien von rechts bis zur Mitte nutzen die Skepsis, um ein Rollback zu fordern. Der Podcast zeigt, wie stark der Green Deal inzwischen zu einem politischen Streitfall geworden ist, der weit über technische Fragen hinausreicht.

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CSRD und Omnibus: Vereinfachung oder Entkernung?

Der zweite Schwerpunkt der Episode gilt den jüngsten regulatorischen Entwicklungen rund um die CSRD. Mit dem Omnibus-Verfahren, offiziell eingeführt, um Bürokratie zu reduzieren, werden zentrale Verpflichtungen spürbar abgeschwächt. Schwellenwerte steigen auf 3.000 Mitarbeitende und 450 Millionen Euro Umsatz, Übergangsfristen werden verlängert, Klimatransitionspläne teilweise gestrichen. Für Kritiker ist dies ein fatales Signal. Die Global Reporting Initiative mahnt, dass eine Abkehr von der Double Materiality und klaren Standards Europa international zurückwerfen würde.

Besonders prägnant sind die Einschätzungen von Andreas Rasche, Professor an der Copenhagen Business School. Er weist darauf hin, dass der politische Prozess zunehmend technische Fragen verdrängt. „De-scoping companies from CSRD & CSDDD makes these directives irrelevant (from a compliance view)“, schrieb er jüngst auf LinkedIn. Ohne verpflichtende Klimatransitionspläne bleibe Symbolik statt Substanz. Zudem warnte er davor, dass die Harmonisierung zwar ein Ziel sei, die Einschränkung des Anwendungsbereichs aber zentrale Akteure aus der Verantwortung entlasse.

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Fragmentierte ESG-Landschaften weltweit

Im Podcast wird auch der globale Kontext gestreift. Während Europa über Vereinfachungen debattiert, investieren andere Regionen in ambitionierte Strategien. In Asien verankern Länder Nachhaltigkeit zunehmend in industriellen Strategien, in Nordamerika agieren einzelne Bundesstaaten deutlich progressiver als die Bundesebene, und in Lateinamerika rücken Biodiversität und Klimagerechtigkeit in den Vordergrund. Die ESG-Landschaft gleicht damit einem Mosaik fragmentierter Prioritäten – ein Umstand, der die europäische Zurückhaltung noch deutlicher macht.

Eine Episode mit doppelter Sprengkraft

Die Podcast-Folge zeigt: Europas Nachhaltigkeitspolitik ist an einem kritischen Punkt. Beim Green Deal droht der große Wurf zur symbolischen Hülle zu werden, bei der CSRD läuft die Vereinfachung Gefahr, zur Entkernung zu mutieren. Gemeinsam ergibt dies ein Bild wachsender Unsicherheit – sowohl für Unternehmen, die Klarheit bei Berichtspflichten brauchen, als auch für Investoren, die auf Verlässlichkeit setzen.

Am Ende bleibt die Erkenntnis: Die EU hat zweifellos Maßstäbe gesetzt, doch der politische Rückhalt bröckelt. Der Podcast macht deutlich, dass Europas Glaubwürdigkeit als globaler ESG-Treiber davon abhängt, ob es gelingt, die Balance zwischen Pragmatismus und Ambition zu halten – bevor andere Regionen den Takt vorgeben.

Quelle: UD
 

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