Dänemark warnt vor hohen Kosten durch neue EU-Regeln – Kreislaufwirtschaft als Chance und Belastung zugleich
Ein neuer Bericht der dänischen Regierung lässt die Alarmglocken schrillen: Die neuen EU-Vorschriften im Bereich Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit könnten Mitgliedstaaten jährlich mit bis zu 124,2 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten belasten. Unternehmen müssten mit etwa 86 Milliarden Euro rechnen, öffentliche Verwaltungen mit rund 38 Milliarden Euro. Der Betrag gleicht in etwa dem Bruttoinlandsprodukt vieler mittelgroßer EU-Länder.
24.09.2025
Die Schätzung basiert auf Daten der Europäischen Kommission und fasst alle im Moment in Verhandlung befindlichen Regelungen kompakt zusammen. Sie zeigt eine wachsende Lücke zwischen politischem Anspruch und wirtschaftlicher Realität. Dänemark, aktuell Ratspräsident, setzt die Entbürokratisierung auf seine Agenda. Wirtschaftsministerin Stephanie Lose bringt es auf den Punkt: Die Last der Regulierung sei bereits heute kaum verkraftbar. Hinzu komme ein gewaltiges Volumen an bevorstehenden Vorschriften, deren Kosten noch lange nicht vollständig klar seien.
Das EU-Parlament wie auch die Kommission arbeiten unermüdlich daran, den ökologischen Wandel zu forcieren – etwa durch schärfere Vorgaben für Extended Producer Responsibility, Effizienzstandards oder Dekarbonisierungspflichten. Doch bislang fehlt der seriöse Gegencheck: Wer trägt die Kosten in der realen Welt, welche Branchen oder Länder sind besonders betroffen, und wie teuer darf Regulierung werden, ehe sie Wachstum erstickt? Kopenhagen signalisiert nun eindringlich: Es ist Zeit für eine systematische Abschätzung der Folgen – und für einen Mechanismus, der neue Vorschriften einem Kosten-Nutzen-Vergleich unterzieht.
Der Untersuchungsansatz betont, dass die Berechnung der Belastungen auf realistischen Annahmen basiert, aber ein entscheidender Faktor fehlt: der Nutzen. Viele der anstehenden Regelungen dienen dem Schutz von Klima und Ressourcen, sie verbessern Lebensqualität, Gesundheit und Innovationsfähigkeit. Monetarisieren lasse sich dieser Mehrwert nur schwer, heißt es in dem Bericht. Viele Vorteile entstünden langfristig oder erst durch Synergieeffekte. Deshalb müsse sich die Diskussion dringend dahin verschieben, Nutzen stärker zu gewichten.
Derzeit zeigt sich, wie fragil das Gleichgewicht zwischen ökologischem Anspruch und wirtschaftlicher Tragfähigkeit ist. Ohne Entlastung durch Bürokratieabbau laufen Unternehmen Gefahr, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Lose warnt: Wenn Regulierung sich häufe und kein Mittel zur Steuerung der Regellast eingeführt werde, drohe Europa zu einem Kontinent der Vorschriften zu verkommen – während wirtschaftliche Dynamik abwandere.
Eine mögliche Antwort darauf sind die sogenannten Omnibus-Regeln, die im Kern darauf abzielen, bestehende Regelungen zu verschlanken oder zu harmonisieren – etwa Berichtspflichten zusammenzulegen, Standardverfahren europaweit zu vereinheitlichen und Doppelarbeiten zu vermeiden. Doch Omnibus soll keine Hintertür für weniger ambitionierten Klimaschutz öffnen, warnt Dänemark. Vielmehr müsse transparenter werden, welche konkreten ökonomischen Auswirkungen neue Vorschriften in den Mitgliedstaaten entfalten.
Diese Debatte wird nun auf die Agenda des Treffens der EU-Finanzminister rücken. Dabei geht es nicht nur um harte Zahlen, sondern um die Zukunftsfähigkeit des gesamten Projekts. Wie lassen sich ambitionierte Ziele realisieren, ohne ökonomische Blockade zu riskieren? Wie kommen Unternehmen über die schweren Startbedingungen hinaus in die Umsetzung – und wie können Politik und Verwaltung unterstützend wirken statt nur zu reglementieren?
Der dänische Vorstoß hat Signalwirkung. Er öffnet den Blick für eine Politik, die nicht nur verordnet, sondern auch prüft. Wer ernsthaft Klimaschutz, Ressourcenschonung und Circular Economy vorantreiben möchte, muss entlasten, fördern, zertifizieren und die Rahmenbedingungen klimaschonender Wertschöpfung stabilisieren. Denn Kreislaufwirtschaft darf kein postmoderner Anspruch sein, sie muss wirtschaftlich tragbar sein – sonst droht sie zur regulatorischen Fallenmarie zu werden, die Aktivität behindert statt neue Wege zu öffnen.