EU Reporting

CSRD-Prüfung: Deutsche Unternehmen tappen im Dunkeln

Richtlinie noch nicht umgesetzt – Omnibus-Paket bringt zusätzliche Unsicherheit für Nachhaltigkeitsberichte

26.11.2025

CSRD-Prüfung: Deutsche Unternehmen tappen im Dunkeln

Während andere EU-Staaten längst ihre Hausaufgaben erledigt haben, harrt Deutschland weiterhin aus: Die Corporate Sustainability Reporting Directive wurde bis heute nicht in nationales Recht umgegossen. Unternehmen befinden sich in einem Schwebezustand zwischen alten Berichtspflichten nach CSR-RUG und kommenden CSRD-Anforderungen. Ein gemeinsames Unterstützungsdokument des Deutschen Nachhaltigkeitskodex und des Instituts der Wirtschaftsprüfer zeigt, wie komplex die Situation für berichtspflichtige Firmen geworden ist.

Die Lage ist paradox: Obwohl die CSRD bereits 2022 verabschiedet wurde und große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern eigentlich ab dem Geschäftsjahr 2024 hätten berichten sollen, gilt in Deutschland weiterhin das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz von 2017. Erst am 3. September 2025 legte die Bundesregierung einen Referentenentwurf zur Umsetzung vor. Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt abzuwarten, während betroffene Unternehmen nicht wissen, nach welchen Regeln sie künftig spielen müssen.

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Erschwerend kommt hinzu, dass auf europäischer Ebene eine grundlegende Überarbeitung der Vorschriften läuft. Im Februar 2025 präsentierte die EU-Kommission ihr erstes Omnibus-Paket mit zwei Richtlinienvorschlägen. Der sogenannte „Stop-the-Clock“-Vorschlag wurde bereits im April als Richtlinie veröffentlicht und gewährt Unternehmen, die ab 2025 oder 2026 erstmals berichtspflichtig gewesen wären, jeweils zwei Jahre Aufschub. Die Mitgliedstaaten müssen diese Änderungen bis Ende 2025 umsetzen.

Deutlich weitreichender ist der noch verhandelte Content-Vorschlag, der eine drastische Reduzierung des Anwendungsbereichs vorsieht. Statt wie ursprünglich geplant sollen große Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern erst ab einer Schwelle von 1.000 Beschäftigten berichtspflichtig werden. Zusätzlich steht ein sogenannter „Value Chain Cap“ im Raum, der die Pflicht zur Einholung von Informationen aus der Wertschöpfungskette begrenzen würde. Die Europäische Finanzaufsichtsbehörde EFRAG hat Ende Juli ihren Entwurf der überarbeiteten European Sustainability Reporting Standards zur öffentlichen Konsultation gestellt.

Parallel dazu hat die EU-Kommission im Juli 2025 eine delegierte Verordnung verabschiedet, die bestehende Übergangsvorschriften ausweiten soll. Dieser „Quick-Fix-Delegated-Act“ befindet sich derzeit in der zweimonatigen Überprüfung durch das Europäische Parlament und den Rat. Für Unternehmen bedeutet diese Gemengelage aus verzögerter nationaler Umsetzung und parallelen europäischen Überarbeitungsprozessen eine erhebliche Planungsunsicherheit.

Das Unterstützungsdokument von DNK und IDW rät Unternehmen dennoch eindringlich, ihre Prozesse zur Nachhaltigkeitsberichterstattung kontinuierlich weiterzuentwickeln. Auch wenn sich der Kreis der verpflichteten Unternehmen durch den Omnibus-Vorschlag voraussichtlich verkleinern wird, sollten Firmen nicht auf Entspannung hoffen. Vielmehr gilt es, frühzeitig ein belastbares internes Kontrollsystem für Datenerhebung, Verarbeitung und Berichterstattung zu etablieren.

Ein zentraler Baustein ist die doppelte Wesentlichkeitsanalyse, bei der sowohl die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen auf das Unternehmen als auch die Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft betrachtet werden. Diese Analyse muss nachvollziehbar dokumentiert sein und unter Einbeziehung der Stakeholder-Perspektive erfolgen. Darauf aufbauend sollte eine unternehmensspezifische Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt werden, die sich schlüssig in die Gesamtstrategie einfügt.

Besonders herausfordernd wird die erstmalige Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die CSRD sieht eine verpflichtende externe Prüfung mit begrenzter Sicherheit vor. Diese unterscheidet sich grundlegend von der Abschlussprüfung mit hinreichender Sicherheit. Bei der Prüfung mit begrenzter Sicherheit sind die durchgeführten Handlungen weniger umfangreich. Häufig reichen Befragungen aus, während bei der Abschlussprüfung zusätzlich die Wirksamkeit von Kontrollen getestet werden muss.

Das Prüfungsurteil fällt entsprechend anders aus: Statt der positiven Formulierung aus der Abschlussprüfung gibt der Wirtschaftsprüfer bei begrenzter Sicherheit ein negativ formuliertes Urteil ab. Es wird also nicht bestätigt, dass der Bericht in Übereinstimmung mit den Standards aufgestellt ist, sondern lediglich festgestellt, dass keine Sachverhalte bekannt geworden sind, die zu einer anderen Auffassung veranlassen würden. Möglich ist auch eine Kombination, bei der einzelne Angaben mit hinreichender und andere mit begrenzter Sicherheit geprüft werden.

Unternehmen müssen für die Erstprüfung ausreichende Zeitpuffer einplanen. Da viele Prozesse neu sind und ein völlig neues Rahmenwerk zur Anwendung kommt, empfehlen die Experten mehrere Feedback-Schleifen im Zeitplan. Zudem sollte frühzeitig mit den Wirtschaftsprüfern abgestimmt werden, welche Dokumente, Nachweise und Unterlagen benötigt werden. Eine kritische Analyse muss auch klären, ob auf externe Daten aus der Wertschöpfungskette oder Sachverständige zurückgegriffen werden muss.

Die Integration der Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Lagebericht erfordert eine Anpassung des bisherigen Aufstellungsprozesses für Jahres- und Konzernabschluss. Klare Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten sind ebenso essenziell wie die rechtzeitige Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen in zeitlicher, personeller und finanzieller Hinsicht. Die Einbindung externer Fachexperten kann helfen, spezifisches Know-how und aktuelle regulatorische Entwicklungen optimal zu nutzen.

Für kleinere Unternehmen, die nicht mehr unter die verschärften Berichtspflichten fallen, aber dennoch freiwillig berichten wollen oder als Zulieferer Informationen bereitstellen müssen, bietet sich der Ende 2024 veröffentlichte „Voluntary Standard for SME“ an. Dieser wurde im Juli 2025 als Empfehlung der Europäischen Kommission veröffentlicht und könnte Orientierung bieten, bis ein eventueller Standard für freiwillige Berichterstattung aus dem Content-Vorschlag verabschiedet wird.

Die zentrale Botschaft des Unterstützungsdokuments ist eindeutig: Trotz aller Unsicherheiten sollten Unternehmen nicht abwarten, sondern sich aktiv vorbereiten. Die sogenannte „Audit Readiness“ umfasst nicht nur Daten und IT-Systeme, sondern auch die zeitliche Verfügbarkeit von Ansprechpartnern für die Wirtschaftsprüfer und eine realistische Gesamtplanung von der Wesentlichkeitsanalyse bis zur Fertigstellung des Nachhaltigkeitsberichts. Wer jetzt die Grundlagen legt, wird von den kommenden Regelungen nicht überrollt.

Quelle: UD
 

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