Faire Regeln für den Agrarhandel

Die katholische Entwicklungsorganisation MISEREOR und die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung haben gemeinsam einen Vorschlag zu einer sozial und ökologisch nachhaltigen Ausgestaltung des Agrarhandels vorgelegt. An die Stelle der Welthandelorganisation (WTO) mit ihrer Freihandelsausrichtung tritt eine Institution, die die Interessen der einzelnen Länder auf Basis festgelegter Prinzipien wie „Multifunktionalität der Landwirtschaft“ oder dem Prinzip der „demokratischen Souveränität“ koordiniert und so für faire Bedingungen sorgt.

07.06.2007

Die Vorschläge wurden im Rahmen eines gemeinsamen Projektes unter dem Namen „EcoFair Trade Dialogue“ erarbeitet und in  Diskussionen mit Vertretern von Bauern- und Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaft und Politik aus der ganzen Welt entwickelt. Der Bericht soll eine breite und intensive Debatte über neue und innovative Lösungsansätze für einen sozial und ökologisch gerechteren Weltagrarhandel anregen.
 
Die vorgestellten „Handelsregeln für eine global zukunftsfähige Landwirtschaft“ basieren auf der grundlegenden Überzeugung, dass Märkte von der Politik gestaltet werden müssen, um dem öffentlichen Interesse zuträglich zu sein. Eine undifferenzierte Deregulierung des Agrarhandels wie sie im Rahmen der WTO seit 1995 verhandelt wird, erscheint gerade im Hinblick auf die große Bedeutung des Agrarsektors für Ernährungssicherheit, Armut und Umweltschutz kontraproduktiv. Die Organisationen fordern daher, die Handlungsspielräume nationaler Politik zu erweitern, damit diese zugunsten von Aspekten wie Ernährungssicherheit und Umweltschutz stärkeren Einfluss auf die landwirtschaftliche Produktion und den Handel mit Agrargütern nehmen kann.
 
Als Steuerungsinstrumente werden sowohl handelsbeschränkende Maßnahmen wie Einfuhrzölle und Quoten als auch handelsgestaltende Maßnahmen wie Nachhaltigkeitsstandards als legitim erachtet, solange sie einer sozial gerechten und nachhaltigen Entwicklung dienen. Nach dem Prinzip der ökonomischen Subsidiarität soll der Handel mit Nahrungsmitteln in erster Linie auf lokaler und nationaler Ebene stattfinden. Denn nach Ansicht der Autoren kann die Masse der Produzenten und Armen nicht von Exporten profitieren. Von einer weiteren Deregulierung der Märkte profitieren in erster Linie wenige kapitalkräftige Marktteilnehmer. Andererseits verursacht die sehr intensive exportorientierte Landwirtschaft mit ihren weiten Transportwegen extrem hohe Umweltkosten.
 
Konkrete Erfahrungen mit der bisherigen Marktliberalisierung im Rahmen der WTO oder mit regionalen Handelsabkommen unterstreichen die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: die internationalen Gespräche zu einer weiteren Liberalisierung des Agrarhandels in Rahmen der WTO drohen derzeit zu scheitern. Auch deshalb veröffentlichen die Heinrich-Böll-Stiftung und MISEREOR jetzt ihren Vorschlag für eine grundlegende Reform des multilateralen Agrarhandelssystems.
Quelle: UD
 
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