Die MDG aus UNEP-Perspektive

Die Vereinten Nationen formulierten auf ihrem Millenniumsgipfel im September 2000 eine Erklärung zur globalen Zukunftssicherung. Daran angelehnt erstellte im Folgejahr eine Arbeitsgruppe aus UN, IWF, Weltbank und OECD eine Liste von Entwicklungszielen. Diese „Millenniums-Entwicklungsziele“ (Millennium Development Goals, MDG) beinhalten verbindliche Vorgaben für einen festgelegten Zeitraum. UNEP-Direktor Prof. Dr.Klaus Töpfer analysiert die Situation aus UNEP-Sicht. Den vollständigen Artikel lesen Sie im aktuellen Jahrbuch des Global Compact Deutschland!

15.02.2006

Als ich kürzlich vor der hochrangig besetzten „Konvention der Vereinten Nationen zum Kampf gegen Wüstenbildung“ (UNCCD) sprach, erinnerte ich die Teilnehmer an unser Motto  „Umwelt für Entwicklung“. Das natürliche Kapital unseres Planeten ist entscheidend für die Millenniums-Entwicklungsziele (MDG). Nehmen Sie nur einmal die Themen Wüstenbildung und Klimawandel: Wüstenbildung, das Verschwinden von nutzbarem Land in trockenen, halbtrockenen oder auch trockenen subhumiden Gebieten, ist ein weltweites Problem, das direkt mit Armut, Hunger und damit erzwungener Vertreibung einhergeht. Es betrifft zwei Drittel der weltweiten landwirtschaftlich genutzten Fläche, und dort leben die Ärmsten der Welt. Verödung und Wüstenbildung zählen zu den zentralen Themen in der internationalen Gemeinschaft, wenn wir die MDGs ansprechen. Wenn die Landverödung weiterhin so schnell wir zur Zeit voranschreitet, dann werden die Ziele und Zeitpläne, wie sie auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung (WSSD) 2002 vereinbart wurden, und die den Verlust der Biodiversität reduzieren helfen sollen, noch schwerer zur erreichen sein.
 
Der enge Zusammenhang zwischen ökologischer Verödung und Armut war auch Konsens beim „Runden Tisch afrikanischer Unternehmen und nachhaltiger Entwicklung“, der von der UNEP, des Internationalen Handelskammer (ICC), und dem World Business Council for Sustainable Development im Februar 2005 in Nairobi veranstaltet wurde. Die Diskussionen konzentrierten sich dabei auf Wasser- und Energieversorgung in Afrika. Nur 64 Prozent der Bevölkerung dort haben Zugang zu angemessener Wasserversorgung. Afrika hat damit die im Verhältnis niedrigste Deckungsrate von allen Ländern der Erde. Schätzungsweise 526 Millionen Menschen in Afrika haben keinen Zugang zu Elektrizität.
 
Es ist entscheidend, dass wir proaktiv werden und den Privatsektor einbinden, um diese Herausforderung in Chancen zu verwandeln. Die Lösungen sind da, aber sie müssen gebündelt werden. Die Welt der Informationstechnologien hat uns gezeigt, dass nicht  verbunden zu sein gleichbedeutend ist mit ausgeschlossen zu sein. Die große Zahl von Menschen, die noch immer nicht ans Energienetz angeschlossen sind, bilden einen enormen Markt für verschiedene Energiesysteme wie Solargeneratoren, Windturbinen, Wasserstoff-Batterien und Biomassegeneratoren, die den ländlichen Energiebedarf auch ohne Elektrizitäts-Infrastruktur, Pipelines oder Kraftwerke decken können. Um eine wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen, die notwendig ist, um der Armutsfalle zu entkommen, brauchen die Familien in städtischen und ländlichen Gebieten bessere und nachhaltige Energiequellen. Manchmal bedeutet dieses auch, kleinere Unternehmen bei der Entwicklung von Kochöfen zu unterstützen, die beim Gebrauch von Kohle effektiver sind oder sauberere Kraftstoffe verbrennen, wie etwa Flüssiggas, was die UNEP erfolgreich mit der Initiative „Ländliche Energie Unternehmens Entwicklung“ (REED) in Afrika realisierte.
 
Um die Millenniums-Entwicklungsziele für Wasserzugang und sanitäre Anlagen bis 2015 zu erreichen, müssen sowohl im ländlichen als auch im städtischen Afrika 350 Millionen Menschen zusätzlich Zugang zu Wasserversorgung und 363 Millionen Menschen zu sanitären Anlagen erhalten. Wenn wir auf diese Ziele hinarbeiten, brauchen wir entwickelte und integrierte Methoden, wie sie in der UNEP Wasserpolitik und Strategie formuliert sind. Ein Ansatz, der sich nicht nur auf neue Versorgungsformen konzentriert, sondern auch die bestehende Versorgung sichert und eine angemessene Aufmerksamkeit auf den Umgang, die Wiederaufbereitung und sicheren Weiterleitung von Schmutzwasser legt.
 
Wirtschaft, Zivilgesellschaft und politische Teilnehmer unseres afrikanischen Business Roundtables kamen darin überein, dass private Investitionen kein alleiniges Heilmittel sind. Gemeinsame Anstrengungen, die den öffentlichen und privaten Sektor sowie zivilgesellschaftliche Organisationen einschließen, sind vielmehr essentiell. Sie unterstreichen die Bedeutung von Transparenz und Verantwortlichkeit genauso wie den Bedarf an neuen Geschäftsmodellen, die auf PPP-Kooperationen bei der Versorgung mit angemessenen Kundendienstleistungen basieren. 
 
Der Privatsektor kann uns dabei seine Fähigkeiten und seine Innovationen anbieten, um neue Lösungen für die Millenniums-Entwicklungsziele zu finden. Zugleich haben wir in den UN Global Compact Policy Dialogues und in den Lernforen gesehen, dass ein Wandel in den Werten und der Organisationskultur innerhalb des Privatsektors notwendig ist. Die Managementherausforderung für viele große Unternehmen besteht darin, den politischen Willen sowie das lokale Bedürfnis nach kleineren Lösungen mit ihren weltweiten Fähigkeiten in Einklang zu bringen. Wir müssen den Managern verständlich machen, dass entwicklungspolitische, ökologische oder humanitäre Aktivitäten nicht weniger wichtig und aufregend sind. Diese Herausforderungen sind unmittelbar verbunden mit ihren Kerngeschäftsfeldern, aber es sind Geschäfte auf lange Sicht, die auf universellen Werten und Prinzipien beruhen. Das ist auch der Ansatz, welchen UNEP mit seinen CSR Trainingsunterlagen verfolgt und gemeinsam mit Partnern bei Implementierungslösungen für die Global Compact Prinzipien entwickelt.
 
Die partnerschaftliche Diskussion erinnert uns auch daran, dass wir Dinge nicht alleine schaffen können. Das gilt auch für UNEP. In der Seed-Initiative arbeitet UNEP daher gemeinsam mit dem UNDP und dem IUCN daran, neue, lokale Partnerschaften bei der Umsetzung der MDGs zu entwickeln. Die Seed Initiative geht auf den WSSD zurück, wo große Übereinstimmung darin herrschte, dass wir offene Partnerschaften und innovatives Unternehmertum brauchen. Sie basiert auf dem Mandat vom Rio-Gipfel 1992, und die Seed Initiative erinnert uns daran, dass wir die ökologische Dimension im Entwicklungsgedanken einbinden müssen. „Seed“ steht für Unterstützung von Unternehmern bei Umwelt und Entwicklung.
 
Als die Seed-Initiative auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos und dem Weltsozialforum in Mumbai im Januar 2004 gestartet wurde, gab es eine große Zustimmung für den Gedanken, eine Brücke zwischen dem Big Business und kleinen, ökologisch und sozial engagierten Unternehmen auf lokaler Ebene zu bauen. Diese neue Initiative setzt auf die Unterstützung von aufstrebenden lokalen Partnerschaften mit einer Vielzahl daran beteiligter Stakeholder. Der Anfang wurde dank Anschubfinanzierung durch die deutsche und andere Regierungen und durch erste privatwirtschaftliche Sponsoren gemacht, hier vor allem die SwissRe. Wir rufen andere Unternehmen auf, diese gemeinsamen Anstrengungen ebenfalls zu unterstützen.
 
Anfang 2005 präsentierten wir die ersten fünf Gewinner des Seed Award, die aus Nigeria, Madagaskar, Kambodscha, Sri Lanka, Nepal und Bolivien stammen. Jeder von ihnen steht für den Einsatz von Menschen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund, die zusammen ein gemeinsames nachhaltigen Entwicklungsziel vor Augen haben. Sie wurden aus über 1.000 Einsendungen von Partnerorganisationen aus 71 Ländern ausgewählt. Bei allen aber haben wir die Vorherrschaft von lokalen Organisationen, Ideen und Innovationen gesehen, bei denen örtliche Unternehmer mit Partnern aus dem Ausland zusammenarbeiten. Es ist eben diese Fähigkeit von lokalen Unternehmern, sich Partnerorganisationen aus dem Ausland zu suchen, welche wir unterstützen, weil sie auf dem gemeinsamen Verständnis von grundsätzlichen Prinzipien wie etwa der ökologischen Verantwortung basiert.      
 
[Prof. Dr. Klaus Töpfer ist Direktor des United Nations Environment Programme (UNEP)]
Quelle: UD
 
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