Biodiversität

Grönlandwal nach 211 Jahren getötet

211 Jahre alt ist er geworden. Der Grönlandwal (Balaena mysticetus), der damit das älteste - bisher bekannte - Säugetier der Welt ist. Das Tier wurde Ende des 20. Jahrhunderts in der Arktis von Walfängern erlegt. Und es war Jeffrey Bada, der nun sein unglaubliches Alter herausfand. In diesem Zusammenhang hat die freie Journalistin Sabine Gmeinwieser für UmweltDialog berichtet.

15.06.2007

Der Meereschemiker am Scripps Institut für Ozeanographie in La Jolla, Kalifornien, benutzt zur Altersbestimmung von Lebewesen eine Methode, bei der er Veränderungen in der Asparginsäure verfolgt. Dabei handelt es sich um eine Aminosäure, die in den Linsen der Augen und in den Zähnen vorkommt. Auf den bisher ältesten Vertreter seiner Art stieß Bada während einer Untersuchung von 48 tiefgefrorenen Augäpfeln von Grönlandwalen. Biologen hatten diese bei ihren Untersuchungen als Proben genommen. Sie stammten allesamt von Walen, die zwischen 1978 und 1997 bei Jagden getötet worden waren. Von den 48 Tieren zeichneten sich laut Bada insgesamt fünf durch ihr hohes Alter aus. Drei waren deutlich über 100 Jahre alt, einer eben sogar 211.
 
Einen weiteren Hinweis auf die außergewöhnliche Lebenserwartung von Grönlandwalen fand auch der Wildtierbiologie Craig George. Im Rahmen eines Forschungsprogramms für die Internationale Walfangkommission (IWC) untersuchte er in den Neunzigerjahren mehrere Wale, die von den Inupiats - einer Ureinwohnergruppe in Alaska und Kanada - während ihrer jährlich stattfindenden Jagden getötet worden waren. Dabei fand er Steinharpunen, die im Fleisch der erlegten Säugetiere eingewachsen waren. Allerdings wurden solche Harpunen bereits seit 1860 in der Arktis kaum mehr verwendet. Dies legte also nahe, dass die untersuchten Wale mehr als hundert Jahre alt gewesen sein mussten.
 
Auch andere Walarten, wie beispielsweise Nar-, Blau- oder Finnwale, können ein Alter von mehr als 100 Jahren erreichen. Wenn man sie lässt! Denn viele Wale sterben keines natürlichen Todes. Zwar ist der kommerzielle Walfang auf Großwale seit 1986 offiziell von der IWC verboten, aber noch immer gibt es viele Gefahren, die die sanften Riesen bedrohen. Beispielsweise der Beifang in Fischernetzen, die zunehmende Umweltverschmutzung, immer mehr Unterwasserlärm oder Schiffskollisionen.
 
Gerade der Grönlandwal ist auch durch die Klimaerwärmung stark bedroht. Diese außergewöhnlichen Lebewesen sind nämlich perfekt an ein Leben in der Kälte angepasst. Der Grönlandwal ist der einzige große Wal, der ausschließlich in der Arktis - und dort meist am Rande des Packeises - lebt. Um unter diesen extremen Bedingungen zu überleben haben die Tiere eine bis zu 70 Zentimeter dicke Speckschicht. Der außergewöhnlich große Kopf, der bis zu einem Drittel der Körperlänge von bis zu 18 Metern ausmacht, ermöglicht es ihnen außerdem Eisschichten zu durchbrechen, die bis zu 30 Zentimeter dick sind. "Der Zerstörung des Lebensraumes für Grönlandwale durch die zunehmende Abnahme der Packeisflächen und der damit verbundenen Veränderungen des gesamten marinen arktischen Ökosystems stellt eine ernstzunehmende Bedrohung für den Fortbestand dieser langlebigen Meeressäuger dar", erklärt Nicolas Entrup, Geschäftsführer der internationalen Wal- und Delfinschutzorganisation WDCS in Deutschland.
 
Im Rahmen des Washingtoner Artenschutzübereinkommens ist die Art schon jetzt als vom Aussterben bedroht gelistet. Einer der fünf Bestände gilt sogar schon als praktisch ausgestorben. Dennoch werden auch Grönlandwale noch heute offiziell gejagt. Insbesondere die Inuit in Alaska machen Jagd auf Grönlandwale, die natürlich auch durch die dramatische Veränderung des arktischen Lebensraumes beeinflusst wird. Vom 28. bis zum 31. Mai wird darüber auf der 59. Tagung der IWC erneut verhandelt. Die WDCS sieht in der Situation des Grönlandwales eine parallele für viele Walbestände und Grund genug, dass insbesondere das kommerzielle Walfangverbot nicht aufgehoben werden darf. Die WDCS fordert hier einen besseren Schutz für die Grönlandwale. „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Bejagung von Walen sich über Jahrzehnte hinaus auswirkt. Von den fünf Grönlandwalbeständen scheint sich nach dem Ende des kommerziellen Walfangs nur ein einziger leicht erholt zu haben“, warnt Entrup.
 
Grönlandwal in Fakten:

Größe: 14-18 m, Neugeborene 4 - 4,5 m (allein die Zunge eines Grönlandwals kann bis zu 5 m lang und 3 m breit werden)
Gewicht: Erwachsene 60-100 t
Nahrung: Krill und / oder andere Krebstiere
Verbreitung: Arktis
Bestandesgröße: Insgesamt noch etwa 11.000 von ehemals mehr als 50.000 Tieren. Kleinster Bestand um Spitzbergen mit weniger als 100 Tieren.
Quelle: UD
 
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