Politik

Bessere Wassernutzung könnte globale Ernährungslücke halbieren

Verbessertes landwirtschaftliches Wassermanagement könnte helfen, die globale Ernährungslücke bis 2050 zu halbieren und einige schädliche Folgen von Klimaveränderungen auf Ernteerträge abzufedern. Zum ersten Mal haben Wissenschaftler systematisch das weltweite Potenzial untersucht, mehr Nahrung mit der gleichen Menge Wasser zu produzieren, indem Regennutzung und Bewässerung optimiert werden.

17.02.2016

Bessere Wassernutzung könnte globale Ernährungslücke halbieren zoom

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Möglichkeiten bislang unterschätzt wurden. Investitionen in eine kluge Bewässerung von Agrarflächen könnten den globalen Hunger erheblich verringern und gleichzeitig Bevölkerungszuwächse ausgleichen. Allerdings bedarf die Umsetzung der Ergebnisse in die Praxis spezifischer lokaler Lösungen, was eine Herausforderung bleibt.

„Intelligente Wassernutzung kann die landwirtschaftliche Produktion ankurbeln – wir waren erstaunt, auf globaler Ebene solch beträchtliche Effekte zu sehen“, sagt Leitautor Jonas Jägermeyr vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). In einem Szenario mit ambitioniertem Wassermanagement könnte die globale Kilokalorien-Produktion um 40 Prozent steigen; laut UN-Schätzungen sind etwa 80 Prozent nötig, um Unterernährung bis Mitte des Jahrhunderts auszurotten. Aber selbst bei weniger ambitionierten Szenarien zeigen die Ergebnisse der Untersuchung, dass ganzheitliches Management landwirtschaftlicher Wasserverfügbarkeit einen wesentlichen Beitrag leisten könnte, die Teller der Armen zu füllen, so Jägermeyr. „Es zeigt sich, dass landwirtschaftliches Wassermanagement ein bislang vielfach unterbewerteter Ansatz zur Minderung von Unterernährung in kleinbäuerlichen Betrieben ist, und zur Steigerung ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Auswirkungen des Klimawandels.“

Großes Potenzial zur Steigerung von Ernteerträgen in China, Mexiko, Australien

Die Wissenschaftler haben umfassende biophysikalische Computersimulationen durchgeführt. Dabei haben sie für die Berechnungen festgelegt, dass sich Agrarflächen nicht in Wälder ausdehnen dürfen und keine zusätzlichen Wasserressourcen gebraucht werden. Da es sich um eine globale Studie handelt, zeigt sie detaillierte Vegetationsdynamiken und Wassernutzungseffekte in Flussgebieten zwar zu grobkörnig, um die Bedingungen auf der Ebene einzelner landwirtschaftlicher Betriebe zu simulieren, aber durchaus geeignet zum Identifizieren regionaler Brennpunkte. Das Potenzial zur Steigerung der Ernteerträge durch landwirtschaftliches Wassermanagement ist demnach besonders groß zum Beispiel in wasserarmen Regionen wie in China, Australien, dem Westen der USA, Mexiko und Südafrika.

„Die Abschätzung des Potenzials ist oft verzwickt: Wenn Landwirte flussaufwärts Wasser, das sonst nicht genutzt würde, für eine verbesserte Bewässerung und Produktion einsetzen, erreicht weniger Wasser die Nutzer flussabwärts – und das kann dann ihre Ernten verringern“, erklärt Ko-Autor und Teamleiter Dieter Gerten vom PIK. „Wir fanden heraus, dass die Produktion aber unter dem Strich steigt. Trotzdem gibt es natürlich einige Herausforderungen bei der Verteilung. Zudem braucht es vielerlei gesetzliche Regulierung vor Ort und Anreize wie etwa Mikrokredite, um landwirtschaftliches Wassermanagement großflächig zu verwirklichen.“

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Mulchen und Tröpfchenbewässerung als Mittel gegen Klimafolgen

Die Wissenschaftler bezogen eine Vielzahl sehr verschiedener konkreter Möglichkeiten des Wassermanagements mit ein, von Low-Tech-Lösungen für bäuerliche Kleinbetriebe bis hin zu industrieller Bewässerung. Wasser sammeln durch das Auffangen von überschüssigem Regenwasser in Zisternen – für zusätzliche Bewässerung während Trockenperioden – ist zum Beispiel ein in manchen Regionen weit verbreiteter traditioneller Ansatz, etwa in der Sahelzone Afrikas, wird allerdings kaum genutzt in vielen anderen halbtrockenen Regionen etwa in Asien oder Nordamerika. Mulchen ist eine weitere Möglichkeit – Böden werden mit den Ernteresten vom Feld bedeckt, um die Verdunstung zu verringern, manchmal auch mit Plastikplanen. Nicht zuletzt die Verbesserung von Bewässerung durch Tropfensysteme ist ein großer Beitrag zum weltweiten Potenzial.

Gerade bei anhaltendem Klimawandel wird Wassermanagement immer wichtiger, um Nahrungsrisiken zu mindern. Durch die globale Erwärmung treten wahrscheinlich vermehrt Dürren auf und Niederschlagsmuster verändern sich, so dass die Verfügbarkeit von Wasser noch wichtiger wird als bisher. Unter der Voraussetzung eines moderaten CO2-Düngungseffekts – Pflanzen nehmen CO2 auf und können so von höheren Konzentrationen in der Luft profitieren, wobei die Größenordnung noch diskutiert wird – zeigt die Studie, dass in den meisten klimapolitischen Szenarien Wassermanagement einen großen Teil der regionalen Klimafolgen auf die Landwirtschaft aufwiegen kann. Wenn jedoch in einem Business-as-usual-Szenario die Treibhausgasemissionen aus dem Verfeuern fossiler Brennstoffe nicht reduziert werden, wird solches Wassermanagement ganz klar nicht ausreichen, um die negativen Klimafolgen aufzuwiegen.

Planetare Grenzen bald erreicht – Entscheider sollten sich mit Wassernutzung befassen

„Wassermanagement ist zentral, um die dringende globale Herausforderung der Nachhaltigkeit anzupacken“, sagt Ko-Autor Johan Rockström, Direktor des Stockholm Resilience Centre. „Es wurde in vielen lokalen und regionalen Studien erforscht und seine Effekte im Feld gut dargelegt, aber die globale Ebene wurde bisher nicht gründlich analysiert. Die kürzlich verabschiedeten erneuerten Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, die eine nachhaltige Landwirtschaft einfordern, brauchen Belege, wie die Ziele tatsächlich zu erreichen sind, und Wasser ist hierbei ungeheuer wichtig. Da wir rasch an planetare Grenzen stoßen, sollte unsere Studie die Aufmerksamkeit von Entscheidungsträgern auf allen Ebenen auf das Potential von verbessertem landwirtschaftlichen Wassermanagement lenken.“

Quelle: UD/pm
 

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