Produktion

Nestlé: Kinderarbeit aus der Kakaoproduktion verbannen

Für viele Familien in Westafrika ist Kinderarbeit trauriger Alltag: Das berichtet eine aktuelle Studie der Welthandelsorganisation. Gerade in der wichtigen Kakaobranche haben überalterte Pflanzungen und schlechte Anbaubedingungen das Lohnniveau der Bauern soweit verringert, dass die Arbeitskraft der Jüngsten zur wirtschaftlichen Notwendigkeit geworden ist. Der drittgrößte Schokoladenhersteller der Welt, Nestlé, hat auf diese Entwicklung reagiert und seine Zulieferkette von der unabhängigen Fair Labor Association (FLA) untersuchen lassen. Für den Lebensmittelkonzern ist dieser Schritt eine konsequente Weiterführung des bereits 2009 gestarteten „Nestlé Cocoa Plans".

09.08.2012

Nur die Hälfte der fünf bis vierzehn jährigen Kinder in Westafrika besucht eine Grundschule. Foto: matzehielscher/flickr
Nur die Hälfte der fünf bis vierzehn jährigen Kinder in Westafrika besucht eine Grundschule. Foto: matzehielscher/flickr

Seit den Wirtschaftswunderjahren gehört Schokolade zu den beliebtesten Süßigkeiten der Deutschen: Durchschnittlich 11 Kilogramm isst der normale Bundesbürger pro Jahr. Damit wird Angaben des SÜDWIND-Institutes zufolge fast jede achte weltweit angebaute Kakaobohne in Deutschland konsumiert. Doch die Anbaubedingungen bleiben prekär: Der Bericht der Welthandelsorganisation zeigt, dass in der Elfenbeinküste, einem der Hauptanbaugebiete von Kakao, fast jedes zweite Kind zwischen fünf und vierzehn Jahren regelmäßig arbeiten muss. Die Folge: Nur 59 Prozent der Jungen und sogar nur 51 Prozent der Mädchen besuchen eine Grundschule - nur jedes dritte Kind schafft es anschließend auf eine weiterführende Schule.

Diese Entwicklung ist auch auf das Versagen der betroffenen Staaten und die mangelnde Durchsetzung internationaler Abkommen zurückzuführen. Seit Langem glauben viele NGOs deshalb, dass den fünf größten Schokoladenproduzenten der Welt mit einem gemeinsamen Marktanteil von fast 60 Prozent eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung von Kinderarbeit im Kakaoanbau zukommen muss. „Letztendlich werden alle Beteiligten der Wertschöpfungskette und die Regierungen der Anbauländer zusammenarbeiten müssen, um die Situation der Bauern zu verbessern,“ konstatiert SÜDWIND in einer aktuellen Pressemitteilung.

Risiken erkennen und handeln

Bereits mit dem „Cocoa Plan“ hat Nestlé begonnen, seiner Verantwortung gegenüber den Lieferanten und Ihren Familien gerecht zu werden. In 2009 gestartet versorgt das Programm Farmer in Afrika mit resistenten Setzlingen, landwirtschaftlichem Know-how und verbessert so auch die Lebensgrundlage der Familien. Nestlé hofft mit dieser langfristigen Initiative, die Qualität des Kakaos hochzuhalten und die Wertschöpfung für alle an der Lieferkette beteiligten Stakeholder zu steigern. Trotz der bisher erzielten Fortschritte zeigt der Bericht der Welthandelsorganisation, dass im Bereich der Kinderarbeit weitere Anstrengungen nötig sind. Bereits Anfang 2012 beauftragte Nestlé die Fair Labor Assoziation, die eigene Lieferkette für Kakao zu untersuchen. Damit ist Nestlé das erste Lebensmittelunternehmen überhaupt, das der FLA beigetreten ist.

Optimierungsbedarf

Für die FLA untersuchte ein Team von 20 lokalen und internationalen Experten die Arbeitsbedingungen in den Kakao-Produktionsländern und führte Gespräche mit mehr als 500 Arbeitern und Farmern. Das Ergebnis ist ernüchternd: Kein Unternehmen könne demnach garantieren, Kinderarbeit auszuschließen. Das hängt auch mit der oft unklaren Altersstruktur der eingesetzten Arbeiter zusammen. Gerade weil Kindern unter 14 Jahren das Arbeiten nach internationalen Abkommen, die auch die Regierung der Elfenbeinküste unterzeichnet hat, verboten ist, gäben viele Kinder einfach ein falsches Geburtsdatum an. Im Bericht heißt es hierzu: „Selbst Kinder, die nur wenig oder gar kein Französisch sprechen, können ihr Alter auf Nachfrage erhöhen. Die jungen Arbeitnehmer geben daher oft ein Alter zwischen 19 und 21 Jahren an“ und werden anschließend als vollwertige Arbeitskräfte eingesetzt. Da die Menschen in vielen Ländern Westafrikas nicht über eine offizielle Geburtsurkunde verfügen, sei die Kontrolle an diesem Punkt oftmals schwierig. Darüber hinaus sei es im traditionellen Familienleben der betroffenen Länder normal, dass auch junge Kinder ihren Eltern bei der Arbeit zur Hand gehen.

Für Nestlé bedeuten diese Ergebnisse vor allem, den eingeschlagenen Weg konsequent fortzusetzen. So sollte das Segment Kinderarbeit bei den Trainingsmaßnahmen für Farmer im Rahmen des „Cocoa Plans“ noch stärker berücksichtigt werden und Zulieferfirmen konsequent mit dem Anspruch des Lebensmittelherstellers vertraut gemacht werden, Kinderarbeit auszuschließen. Die Fair Labor Association bemängelt zudem das Fehlen eines internen Monitoringprozesses: „Nestlé muss ein stichhaltiges System zur Auswertung und gegebenenfalls Umwandlung der Zulieferkette (dazu gehören Bauern, Pächter, Farmarbeiter und ihre Familien) entwickeln.“ Auch die Vernetzung der lokalen und internationalen Zulieferer sei eine wichtige Zukunftsaufgabe Nestlés. Insgesamt sei es jedoch möglich den „Cocoa Plan“ mithilfe einiger Anpassungen und Verbesserungen zu einem umfangreichen Entwicklungsprogramm weiterzuentwickeln.

Auf allen in Hamburg produzierten Kit-Kat-Produkten kann seit 2012 das "Cocoa Plan-Logo" verwendet werden. Foto: Nestlé
Auf allen in Hamburg produzierten Kit-Kat-Produkten kann seit 2012 das "Cocoa Plan-Logo" verwendet werden. Foto: Nestlé

Gemeinsam Werte schaffen

Positive Auswirkungen des „Cocoa Plans“ für die Elfenbeinküste können bereits heute beobachtet werden: So nahmen 2012 mehr als 6.000 Bauern an Ausbildungsmaßnahmen teil und erhielten über 800.000 hochwertige Kakaosetzlinge. Auch eine Gemeinschaftsschule wurde im März an die örtliche Partnerschaftskooperative übergeben - die Schule ist eines von 40 Bildungsprojekten, die Nestlé in den nächsten vier Jahren mit der World Cocoa Foundation umsetzen möchte. Auch für die Konsumenten in Deutschland sind erste Erfolge sichtbar: Wie das Unternehmen berichtet, konnten die am „Cocoa Plan“ partizipierenden Kleinbauern 2012 trotz des vorausgegangenen Bürgerkriegs in der Elfenbeinküste genug Kakao anbauen und ernten, um alle in Hamburg produzierten Kit-Kat-Produkte herzustellen.

Die Qualität der Nestlé-Maßnahmen betonte auch Margret Will, freiberufliche Beraterin mit Spezialisierung in den Bereichen Privatwirtschaftsförderung und Lebensmittelsicherheits- und Nachhaltigkeitsstandards. Auf der Gründungsveranstaltung des Forums Nachhaltiger Kakao am 27. Juni würdigte sie den „Cocoa Plan“ als gutes Beispiel für neue Perspektiven im Kakaosektor. Das Forum bringt erstmals Verarbeiter der Kakaobohnen, Hersteller von Schokolade, Einzelhändler, Zertifizierungsorganisationen, Entwicklungshilfeorganisationen, Vertreter des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher zusammen und soll neue Maßnahmen für eine nachhaltige Zulieferkette erarbeiten. Friedel Hütz-Adams, Kakaoexperte bei SÜDWIND, formulierte als Gastgeber der Auftaktveranstaltung am 27. Juni: „Es ist zu hoffen, dass das Forum ergebnisorientiert arbeitet und binnen kurzer Zeit einen Rahmen dafür festlegt, dass die deutsche Industrie Verbesserungen in den Anbaugebieten umsetzt. Angesichts der gravierenden Missstände in den Anbauländern muss schnell gehandelt werden.“

Quelle: UD
 

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