Lieferkette

Lieferanten-Management im Mittelstand

In einer globalen Weltwirtschaft sind Herstellung und Handel über den gesamten Globus verteilt. Das bringt enorme Vorteile etwa bei Produktionskosten, Vertrieb und Kundenbetreuung. Andererseits müssen Unternehmen auch lernen, mit den ausgelagerten Risiken umzugehen.

03.04.2014

Lieferanten-Management im Mittelstand zoom

Die Überprüfung von Zulieferbetrieben nach Qualitäts- und rechtlichen Fragen sowie Umwelt- und Sozialverträglichkeit wird immer aufwändiger. Das betrifft nicht nur die Auftraggeber, sondern genauso auch die Zulieferer, die gegenüber ihren Geschäftspartnern detaillierte Auskünfte über ihre wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Leistungen geben müssen. Vor allem mittelständische Unternehmen stoßen hier schnell an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Mit dem Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) haben gleich zwei Bundesministerien hier praktische Lösungsansätze vorgestellt. Während man beim BMZ auf bewährte Methoden wie Datenbanken und Gemeinsames Lernen setzt, basiert die vom BMAS initiierte Idee auf einer gemeinsamen Plattform für Supply-Chain-Management. Noch handelt es sich dabei allerdings erst um eine Vorstudie.

Kompass Nachhaltigkeit

Der KOMPASS NACHHALTIGKEIT unterstützt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) auf dem Weg zu einer sozial und ökologisch nachhaltigen Beschaffung: Mit praktischen Informationen & Tools, einer Datenbank zu Nachhaltigkeitstandards, Beispielen und vielem mehr. Entwickelt wurde die Webseite von der GIZ und dem BMZ. Dazu heißt es auf der Webseite:

Was ist nachhaltige Beschaffung?
Nachhaltige Beschaffung soll die Einhaltung von sozialen und ökologischen (Mindest-) Anforderungen über die ganze Lieferantenkette einer Organisation auf der Basis ökonomischer Nachhaltigkeit sicherstellen. Es umfasst die Planung, Umsetzung und Überwachung der notwendigen Instrumente und Abläufe zur Durchsetzung von Nachhaltigkeitsstandards bei Lieferanten.

„Warum nachhaltig beschaffen?
o Risikominimierung von Verletzungen grundlegender sozialer und ökologischer Standards in der Lieferantenkette
o Einsparungspotential durch effizientere Ressourcennutzung
o Imageverbesserung der Organisation in der Öffentlichkeit, bei Kunden und Mitarbeitern
o Erhöhung der Qualität und Effizienz der Austauschbeziehungen zu Lieferanten
o Ermöglichung positiver Einflussnahme auf ökologische und soziale Entwicklungen
o Für wen ist nachhaltige Beschaffung ein Thema?
o Für Unternehmen und Organisationen, deren Beschaffungsmärkte in Entwicklungs- und Schwellenländern liegen.

Was beinhaltet nachhaltige Beschaffung im Wesentlichen?
o Verhaltenskodex definieren
o Lieferanten zur Einhaltung des Verhaltenskodex verpflichten
o Risikoreiche Lieferanten kontrollieren
o Über weitere Zusammenarbeit entscheiden“

Kritik:
Vom kritischen Netzwerk Corporate Accountability (CorA) wird die GIZ/BMZ-Entwicklung allerdings heftig kritisiert: Es würden Standards und Module kommentarlos aufgelistet, ohne die Qualitätsunterschiede aufzuzeigen. Das führe zu einem Nutzerverhalten nach dem Motto „Hauptsache, es erfüllt einen Standard“. Die NGOs fordern deshalb eine Nachbesserung in der Form, dass Anbieter und Standardsysteme nach Qualitätskriterien differenziert werden.

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BMAS: Gemeinsame Plattform

Zahlreiche Initiativen dokumentieren das Bedürfnis und den Bedarf des Mittelstandes nach Lösungen für ein effektiveres Supply Chain-Management. Als Teil der Supply Chain größerer Konzerne ist es dem Mittelstand zunehmend weniger möglich, CSR als eine „freiwillige Option“ zu betrachten. Vielmehr werde man vertraglich oder faktisch gezwungen, die eigene Supply Chain im Sinne der Nachhaltigkeit zu managen und den Druck an die eigenen Zulieferunternehmen weiterzugeben.

Eine Vorstudie von PwC und Johanssen + Kretschmer im Auftrag des BMAS untersuchte, ob eine übersichtliche, offene und unabhängige Plattform von kleineren und mittelständischen Unternehmen sowie der Industrie als möglicher Lösungsansatz zum CSR Supply Chain-Management akzeptiert würde. Hierbei zeichnet sich ein möglicher Weg ab, der einerseits strukturierte und quantifizierbare Daten abfragt, andererseits aber auch Raum für die offene Beantwortung von nachhaltigkeitsrelevanten Fragen lässt. Positiv bewertet wurde ein erster fachlicher Vorschlag für einen reduzierten Performancerahmen, der damit auch Grundlage für eine Weiterführung der konstruktiven und offenen Mittelstandsdialoge bilden kann.

Voraussetzungen für eine Plattform:

o Freiwilligkeit als zentrale Grundvoraussetzung
o Entlastung statt Zusatzbelastungen
o Ersatz von Fragebögen
o Beitrag zur Risikobewertung
o Offener Ansatz: Möglichkeit zur Teilnahme unabhängig von Firmen-Größe
o Kompatibilität zu anderen Initiativen oder Plattformen (etwa Global Compact)
o Zumindest europaweite, tendenziell aber auch internationale Einsetzbarkeit
o Glaubwürdige Vermarktung
o Ansprache und Beteiligung der großen Unternehmen
o Staatliche Anschubfinanzierung

"Gerade kleine und mittelständisch denkende Unternehmen kommen bei umfangreichen CSR-Anfragen großer Konzerne schnell an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit", beobachtet Barbara Wieler, Senior Managerin im PwC-Bereich Sustainability Services. Sie ist überzeugt: Eine gemeinsame, allseits anerkannte Plattform könnte den Informationsaustausch deutlich erleichtern. Wieler weiter: "Selbst bei größtem eigenen Engagement für Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility ist es extrem aufwändig, CSR-Standards in der Lieferkette zu etablieren und deren Einhaltung sicherzustellen. Besonders kleine und mittelständisch denkende Unternehmen spüren außerdem immer deutlicher den Aufwand für die Beantwortung von Kundenanfragen zu CSR. Denn Standards gibt es kaum, abgefragt werden immer wieder andere Fakten und Daten. Der Gedanke an eine gemeinsame Online-Plattform für CSR-Informationen drängt sich auf: Unternehmen hätten schnell Zugriff auf Informationen über aktuelle und potenzielle Lieferanten; ihre eigenen Informationen müssten sie nur noch an einer Stelle pflegen. Gemeinsam mit der Kommunikationsagentur Johansen + Kretschmer haben wir von PwC in einer Vorstudie für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) kürzlich die Erarbeitung eines Konzepts für eine solche "KMU-freundliche CSR Supply Chain Management-Plattform" geprüft: Die Akzeptanz einer solchen Plattform scheint groß."

Kritik:
Große Teile des Mittelstandes stehen der Einführung eines nachhaltigen Beschaffungsmanagements abwartend gegenüber, ergab die Studie. Viele KMUs sind zwar ökologisch und/oder sozial engagiert, aber dieses Engagement ist nur selten strategisch ausgerichtet. „Im Normalfall wird auf Kundenwünsche reagiert - nicht aber antizipativ im Sinne der Erlangung von Wettbewerbsvorteilen gehandelt. Insbesondere wird befürchtet, dass eine Neuausrichtung des betriebsinternen Beschaffungs-/Lieferwesens mit zusätzlichen Kosten und einem größeren zeitlichen Aufwand verbunden sein wird“, so die Autoren der Vorstudie weiter. „Als große Herausforderung wird vor allem die Frage empfunden, wie eine Standardisierung in der Form erfolgen kann, dass diese sowohl den Anforderungen der unterschiedlichen Branchen gerecht wird als auch eine qualitativ hochwertige Umsetzung hinsichtlich CSR-Standards - also nicht den "kleinsten gemeinsamen Nenner" – gewährleistet.“

Widerstand gibt es erstaunlicherweise auch von den Unternehmen, die beim Thema CSR schon sehr weit sind: Die Vorstudie kommt zu dem Schluss, dass sich vor allem Vorreiter nicht dazu bewegen lassen, einen „Rückschritt“ zu einem Minimalkonsens zu machen. „Dies gelte umso mehr, als die sehr intensive Auseinandersetzung mit CSR zu einem
Alleinstellungsmerkmal vieler Unternehmen gegenüber ihren Wettbewerbern geworden ist.“

 

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