Plastik & Müll

Recyclingfähige Verpackungen sind gefragt

Plastik genießt bei Verbrauchern mittlerweile einen schlechten Ruf. Vor allem unnütz in Kunststoff verpackte Ware bringt Kunden in Rage. Allerdings erfüllen gerade Plastikverpackungen wichtige Funktionen, indem sie Produkte schützen oder im Fall von Lebensmitteln haltbar machen. Um den Plastikmüllbergen Herr zu werden, setzen Politik und Unternehmen auf bessere Recyclingfähigkeit.

13.02.2019

Recyclingfähige Verpackungen sind gefragt

Kunststoff ist allgegenwärtig. Offensichtlich in Plastiktüten, Strohhalmen oder Tupperware. Weniger offensichtlich als Polyester oder Nylon in Kleidungsstücken oder als Mikroplastik-Kügelchen in Kosmetikprodukten. Auch Computergehäuse, Elektronikgeräte oder Autos kommen ohne Kunststoff nicht aus: „So wie Stahl die Grenzen im Bauwesen verschob, ermöglichte Kunststoff eine billige und simple Verbrauchskultur, die wir bis dato für selbstverständlich gehalten haben“, schreibt Stephen Buranyi vom Guardian. „Sich mit Plastik zu beschäftigen, bedeutet in gewisser Weise, sich mit dem Konsumverhalten selbst auseinanderzusetzen.“

Schaut man sich die Proteste gegen Plastikverbrauch aus der Zivilgesellschaft in den vergangenen Jahren an, ist genau das passiert. Insbesondere die riesigen Plastik- und Müllmengen, die in den Meeren umhertreiben und die Gesundheit von Tieren gefährden, führten zu öffentlichen Empörungswellen. Und die Politik hat darauf reagiert. So hat sich beispielsweise die Europäische Union auf ein Verbot für Einweg-Plastikprodukte wie Besteck oder Strohhalme geeinigt, das in zwei Jahren wirksam werden soll.

Einweg-Plastikbesteck steht vor dem Aus.
Einweg-Plastikbesteck steht vor dem Aus.

Niedrige Recyclingquote von Kunststoffmüll

Auch in der Konsumgüter- und Lebensmittelindustrie spielen Kunststoffe als Verpackungen eine zentrale Rolle. Sie schützen die Produkte vor Verunreinigungen oder machen sie im Fall von Lebensmitteln haltbar: „Ein Stopp der Vermüllung der Umwelt gelingt nicht durch den Verzicht auf Kunststoffverpackungen oder Substitution durch andere Materialien“, schreibt Christian Detrois, Leiter Corporate Packaging Nestlé Deutschland, in der Lebensmittel Zeitung. „Die Lösung liegt darin, Verpackungen zu sammeln und sinnvoll zu verwerten.“ Das Problem: Bis dato werden beispielsweise in Deutschland gerade einmal um die 30 Prozent des Kunststoffabfalls stofflich verwertet. Der Rest wird verbrannt oder exportiert.

Plastikverschmutzung gemeinsam bekämpfen

Millionen Tonnen von Plastikmüll landen jährlich im Meer und werden teilweise an die Strände gespült. Einer Berechnung der Ellen MacArthur Foundation zufolge können die Ozeane bis 2050 sogar mehr Kunststoffe als Fische enthalten. Die Ursache dafür liegt oftmals in einer fehlenden Infrastruktur, die das Einsammeln, Sortieren und Recycling von Kunststoff- und Verpackungsmüll gewährleistet. Nestlé hat gemeinsam mit anderen Unternehmen und Regierungen das New Plastics Economy Global Commitment der Ellen MacArthur Foundation und des UN-Umweltprogramms unterschrieben. Ziel ist es, gemeinsam entlang der gesamten Wertschöpfungskette nach Lösungen zu suchen, Kunststoffe im Kreis zu führen und Kunststoffabfall zu vermeiden: „Wir werden unseren Teil dazu beitragen, dass keine unserer Verpackungen, einschließlich Kunststoffe, in die Natur gelangen“, sagt Mark Schneider, CEO Nestlé.

Nestlé hat sich außerdem als erstes Lebensmittelunternehmen dem Project STOP („Stop Ocean Plastics“) angeschlossen, das 2017 in Indonesien ins Leben gerufen wurde. Innerhalb der Initiative arbeiten öffentliche und privatwirtschaftliche Partner zusammen, um nachhaltige, kreislauforientierte und kostengünstige Systeme zur Abfallwirtschaft einzurichten. Dabei unterstützt STOP etwa bestehende lokale Initiativen und informelle Wertstoffsammler in der indonesischen Küstenregion. Nestlé will künftig die Erkenntnisse aus dem Projekt auf weitere Länder seiner Geschäftstätigkeit übertragen, um in den dortigen Märkten auf Plastikneutralität hinzuarbeiten, wie das Unternehmen gegenüber der Presse mitteilt.

Die Gründe hierfür liegen in der falschen Mülltrennung und im Design der Verpackungen: „Sind Kunststoffen etwa Farbstoffe, Weichmacher oder Stabilisatoren beigemengt, vermindert das ihre Einsatzmöglichkeiten in neuen Produkten erheblich. Auch die Größe des Etiketts kann der Verwertung im Weg stehen – je größer es ist, desto schlechter kann das Plastikmaterial von der Infraroterkennung in der Sortieranlage erkannt werden“, schreibt Jessica Sadeler von der FAZ. „Verbundmaterialien und schwarzes Plastik lassen sich besonders schwer sortieren, ebenso miteinander verklebte Folien oder durchsichtige PET-Schälchen.“

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Verpackungsgesetz belohnt Recyclingfähigkeit

Hier setzt das neue Verpackungsgesetz an, das Anfang Januar in Kraft getreten ist. Dieses will u.a. Verpackungsabfälle reduzieren und die Recyclingquote von Plastikverpackungen steigern; bis 2022 müssen demnach 63 Prozent davon recycelt werden. Zudem will es sicherstellen, dass alle Unternehmen, die Verpackungen wie Plastik, Papier oder Glas einsetzen, auch für deren Sammlung und Recycling bezahlen. Das zentrale Verpackungsregister soll die notwendige Transparenz und Kontrolle hierfür bringen.

Das Verpackungsgesetz gibt außerdem vor, dass Entsorger die Preise nach Wiederverwertbarkeit der Verpackungen staffeln sollen. Also, je leichter sie zu recyceln sind, zum Beispiel durch Sortenreinheit, desto günstiger wird es für den Hersteller. Dazu sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Wir wollen, dass die Wirtschaft umfassend darüber nachdenkt, welche Verpackungen wirklich notwendig sind und welche Materialien umweltschonend zum Einsatz kommen. Das funktioniert besonders gut, wenn umweltschädliches Verhalten teurer und umweltfreundliches Verhalten belohnt wird.“

Unternehmen wie Proctor&Gamble unterstützen das neue Verpackungsgesetz. „Wir befürworten die Staffelung der Entgelte. Denn diese Art der Incentivierung ist eine wirtschaftlich sinnvolle Art, zu einer besseren Kreislaufwirtschaft im Verpackungswesen zu gelangen“, erklärt Dr. Katharina Marquardt, die die Wissenschaftskommunikation DACH bei P&G leitet, im Interview mit UmweltDialog. „Auch uns trifft die Staffelung, weil wir nicht nur Verpackungen aus Monomaterialien auf den Markt bringen“, so Marquardt weiter. „Wir arbeiten daran, dass bis 2030 alle unsere Verpackungen recyclierfähig sind.“

Der Lebensmittelhersteller Nestlé will, dass bis 2025 alle seine Verpackungen recyclingfähig oder wiederverwendbar sind.
Der Lebensmittelhersteller Nestlé will, dass bis 2025 alle seine Verpackungen recyclingfähig oder wiederverwendbar sind.

Nestlé: Verpackungsstrategie 2025

Der Lebensmittelhersteller Nestlé will das bereits in den nächsten sechs Jahren schaffen. Außerdem ist sein erklärtes Ziel, bis 2020 insgesamt 140 000 Tonnen Verpackungsmaterial einzusparen: „Kunststoffabfälle sind eines der größten Nachhaltigkeitsthemen, mit denen die Welt heute konfrontiert ist“, so Nestlé CEO Mark Schneider. „Wir möchten verbesserte Lösungen zur Reduzierung, Wiederverwendung und Wiederverwertung finden. Unser Ziel ist es, dass 100 Prozent unserer Verpackungen bis spätestens 2025 recyclingfähig oder wiederverwendbar sind.“ Das Unternehmen fokussiert sich dabei auf folgende Kernbereiche:

  • Vermeiden von nicht recyclingfähigem Plastik (PVC, PS, ePS)
  • Vermeiden oder Optimieren von Verpackungskombinationen wie Plastik/Papier oder Materialverbunde
  • Fokussierung auf Materialien wie PET, PE oder PP, für die eine gute Recyclingstruktur besteht

„Schließlich arbeiten wir auch an den Farben unserer Verpackungen, um die Qualität von Rezyklaten zu erhöhen und eine bessere Erkennung in den Sortieranlagen zu ermöglichen“, führt Detrois aus. Darüber hinaus unterstützt das Unternehmen künftig seine Kunden bei der Mülltrennung der Nestlé-Verpackungen, indem es auf diesen Informationen über richtiges Recycling platziert. Teil der Strategie ist es außerdem, den Anteil an recycelten Kunststoffen in den Verpackungen zu erhöhen. So werden zum Beispiel die europäischen PET-Flaschen bis 2025 mindestens 25 Prozent an recyceltem Plastik enthalten.

Recycling alleine genügt nicht

Um Plastikmüll zu vermeiden, fokussiert sich Nestlé nicht alleine auf die Recyclingfähigkeit seiner Verpackungen, sondern sucht auch nach Alternativen. Dazu zählen kompostierbare Papier-Materialien oder biologisch abbaubare Polymere, die vor allem für Orte ohne Recyclinginfrastruktur gedacht sind. Im Dezember 2018 hat das Unternehmen die Gründung des Institute of Packaging Sciences bekannt gegeben, das alternative Verpackungsmaterialien evaluiert und neue nachhaltige Verpackungskonzepte entwickelt.

Wie die aussehen können, zeigt Nestlé mit anderen Partnern in der NaturALL Bottle Alliance, die eine neue biobasierte PET-Generation konzipiert: „Hierbei sollen Rohstoffe aus Biomasse verwendet werden, die weder Ressourcen noch Anbauflächen beanspruchen, die für Nahrungsmittel geeignet sind. Das daraus gefertigte PET ist chemisch mit dem erdölbasierten Material identisch und somit vollständig mit bestehenden Recyclingströmen kompatibel“, so Detrois.

Für Anfang 2019 können sich die Kunden von Nestlé bereits auf folgende Verpackungsalternative einstellen: So wird das Unternehmen schrittweise auf Plastikstrohhalme verzichten oder Papierverpackungen für Nesquik einführen.

Quelle: UmweltDialog
 

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