Biodiversität

Die Umweltpolitik geht in die Offensive

Um eine Trendwende beim ungebremsten Verlust der biologischen Vielfalt zu bewirken, müssen die globalen Naturschutzziele von den zuständigen Politikressorts übernommen werden. Einen Anfang sollte jetzt eine gemeinsame Erklärung der höchsten Staatenvertreter noch im Vorfeld der UN-Vertragstaatenkonferenz zur biologischen Vielfalt in Cancún machen.

05.12.2016

Ein Machtwort der Kanzlerin forderte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks Anfang November im Vorfeld der UN-Klimakonferenz, um endlich die Blockadehaltung ihrer Kollegen aus den klimaschutzrelevanten Politikressorts zu überwinden. Am Ende durfte Hendricks zwar ihren Klimaschutzplan in Marrakesch präsentieren, die schärfsten Zähne hatten ihm die zuständigen Minister für Industrie, Verkehr oder Landwirtschaft aber bereits gezogen. Diese Verläufe sind symptomatisch für die Umweltpolitik, und auch für die UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt Anfang Dezember in Cancún erwartete man einen starken Widerstand der betroffenen Politikressorts.

Deshalb hat die CBD dieses Problem nun zur Chefsache erklärt. Das sogenannte High-Level Segment, das Treffen der höchsten Staatenvertreter, fand dieses Mal nicht wie üblich am Ende der Verhandlungen, sondern zwei Tage vor dem Start statt. Am Ende sollte die sogenannte Cancún-Erklärung mit Unterschriften jedes Mitgliedslandes und vor allem derer betroffenen Ministerien stehen. Darin wollte man sich verpflichten, die Ziele der CBD (AICHI-Ziele) und die Implikationen für die jeweiligen Wirtschaftsfelder anzuerkennen und in der Politikgestaltung zu berücksichtigen.

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Die Zeit drängt

Zeit wird es, denn schon 2020 laufen die AICHI-Ziele aus. Darin hatte man 2010 unter anderem versprochen, die gesamte Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft nachhaltig zu gestalten, unter anderem in dem man „perverse Subventionen“ abschaffen würde. Die Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten zeigen jedoch in fast allen Zielen bestenfalls einen zu langsamen Fortschritt, vielfach sogar negative Entwicklungen, gerade was die Abschaffung besagter Subventionen anbetrifft, aber auch den Gefährdungsstatus bedrohter Arten oder den Verlust von Wildnisgebieten.

Die Abschaffung sämtlicher umweltschädlicher EU-Agrarsubventionen hat sich auch das Bundesumweltministerium in seiner Naturschutzoffensive 2020 als Ziel gesetzt. Damit will das Ministerium die Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie von 2007 vorantreiben, da auch hier kaum Erfolge zu vermelden sind. Handlungsbedarf bestehe besonders in der Landwirtschaftspolitik, da hier die Indikatoren für den Verlust an Biodiversität am negativsten ausfielen, meint Dr. Elsa Nickel, Abteilungsleiterin „Naturschutz und nachhaltige Naturnutzung“ des BMUB. Wo man eigene Kompetenzen hätte, würde das Ministerium selbst Maßnahmen vorantreiben, wo andere Ressorts zuständig seien, würde man die Kollegen künftig bewusster „drängen“. Allerdings sind die Möglichkeiten hier offenbar begrenzt. „Der große Wurf ist selten gleich erreichbar. Meistens ist eine beharrliche Politik der kleinen Schritte nötig, für die wir viel Geduld brauchen“, meint Nickel.

Thema Biodiversität wird keine nennenswerte politische Bedeutung beigemessen

Es wäre durchaus mehr möglich, meint hingegen Dr. Norman Laws von der Leuphana Universität Lüneburg. Für sein „Politikbarometer zur Biodiversität in Deutschland - Politische Vorfahrt für biologische Vielfalt“ von 2014 führte der Politologe zwischen 2009 und 2013 über 30 Interviews mit Biodiversitätsbeauftragten Mitarbeitern von elf Bundesministerien. Sein Fazit: Dem Thema Biodiversität wird von den wenigsten Befragten eine nennenswerte politische Bedeutung beigemessen. Entsprechend fänden die bestehende interministerielle Arbeitsgruppe sowie die Personalbildung nicht ausreichend Unterstützung. Dies läge auch am mangelnden Engagement des Bundeskanzleramtes. Eine stärkere Nutzung der Richtlinienkompetenz sei hier notwendig, empfiehlt Laws in der Studie.

Quelle: UD/fo
 

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