Politik

Nachhaltige Beschaffung bei Staat und Städten

Öffentliche Aufträge machen in Deutschland rund 13 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus. Davon entfallen rund 50 Prozent auf Kommunen. Damit hat die öffentliche Hand eine weitreichende Nachfragemacht. Nachhaltige Einkaufspolitik gewinnt jetzt immer mehr an Bedeutung. UmweltDialog beleuchtet Akteure auf Bundes- und Landesebene und listet nützliche Publikationen.

23.08.2013

Bund entdeckt nachhaltige Beschaffung als Thema für sich. Bild: Marion Lenzen
Bund entdeckt nachhaltige Beschaffung als Thema für sich. Bild: Marion Lenzen
Die öffentliche Hand ist mit einem Beschaffungsvolumen von ca. 260 Mrd. Euro im Jahr auf dem Markt aktiv. Im hessischen Innenministerium weiß man daher: „Durch diese Marktposition kann Beschaffung, neben den direkten Umweltauswirkungen einzelner Einkäufe, auch Einfluss auf zukünftige Produktangebote und -entwicklungen ausüben und hier die Entwicklung innovativer Produkte fördern und unterstützen. Denn, wer beim Einkaufen auf Qualität und Verantwortung setzt, gibt Impulse für eine Entwicklung des Marktes zu Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsanforderungen.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat daher auf der Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung ein Online-Portal zur Schulung der Vergabestellen von Bund, Ländern und Kommunen auf eine nachhaltige öffentliche Beschaffung eröffnet. „Zwar verlangt das deutsche Vergaberecht, dass das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhält. Das ist allerdings zu unterscheiden vom billigsten Angebot.“ Lebenszykluskosten und Umwelteigenschaften spielten bei der Vergabe ebenfalls eine Rolle, sagte sie. „Wir arbeiten an dem Verständnis, dass das, was wirtschaftlich ist, eben nicht das Billigste ist“, so die Bundeskanzlerin. Der Bund kauft jährlich Produkte und Dienstleistungen in Höhe von mehreren Milliarden Euro ein.

Eine wesentliche, weitere Plattform ist KOMPASS NACHHALTIGKEIT. Dort informiert die GIZ im Budnesauftrag öffentliche Beschaffer aus Kommunen, Ländern und Bund über Möglichkeiten zur Berücksichtigung nachhaltiger sozialer und ökologischer Kriterien in der Auftragsvergabe. In einer zentralen Standarddatenbank finden sich detaillierte Informationen zu Nachhaltigkeitsstandards und Labels für unterschiedliche Produktgruppen. Zudem werden rechtliche Rahmenbedingungen, Möglichkeiten zur Integration nachhaltiger Kriterien in den Vergabeprozess sowie thematische Schwerpunkte die für eine nachhaltige Beschaffung relevant sind, erläutert.

Procurement in Österreich

Bereits seit 2010 gibt es im benachbarten Österreich einen Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung, der vom Ministerrat angenommen wurde.
(Download der Kurzfassung, PDF) Der Aktionsplan besteht aus zwei Teilen. Teil I beinhaltet:
- Politischer Hintergrund
- Definition nachhaltige Beschaffung
- Ziele und Maßnahmen
- Implementierung und Fortschreibung
- Status Quo der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung in Österreich

Teil II besteht aus einer Handlungsanleitung, die sich direkt an die operativ tätigen Beschaffungsverantwortlichen richtet, sowie den derzeit vorliegenden ökologischen Kernkriterien für 16 Beschaffungsgruppen.

Kommunaler Einkauf auf Landesebene: Beispiel Hessen

Im Juni 2009 startete das Projekt „Hessen: Vorreiter für eine nachhaltige und faire Beschaffung“. Unter der gemeinsamen Federführung des Hessischen Innenministeriums Finanzministeriums arbeitet man dort an umsetzungsfähigen Konzepten und Strategien. Aus der Arbeitsgruppe heißt es: „Für eine wirksame Implementierung von Nachhaltigkeit in der Beschaffung ist das aus der Praxis gewonnene Fachwissen von Beschaffern und die Kompetenz aller gesellschaftlich relevanten Gruppen sowie von externen Experten zusammen zu führen. Um dem übergreifenden Ansatz gerecht zu werden, setzt sich die Projektgruppe aus Teilnehmern aus Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und der Gesellschaft zusammen. Auf diese Weise sollen vorhandenes Wissen und Erfahrungen sowie Anregungen und Impulse möglichst umfassend in das Projektergebnis einfließen.“

NRW schafft Kompetenzstelle für nachhaltige und faire Beschaffung

Mit dem Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Landesregierung und der Stiftung Umwelt und Entwicklung (SUE) stärkt Nordrhein-Westfalen die „Faire Beschaffung“ von Gütern und Dienstleistungen. Mit der Kooperationsvereinbarung wird für die Dauer von fünf Jahren ein Projektbüro eingerichtet, das die Beschaffungsstellen der öffentlichen Hand dabei unterstützen soll, vermehrt fair und nachhaltig produzierte Produkte und Dienstleistungen anzuschaffen. In NRW geben das Land, Städte, Gemeinden und Landschaftsverbände insgesamt pro Jahr rund 50 Milliarden Euro für Waren und Dienstleistungen aus. Das Projektbüro soll dazu beitragen, diese „Nachfragemacht“ zur Förderung des fairen und nachhaltigen Handels zu mobilisieren.

Ministerin Schwall-Düren: „Das Land Nordrhein-Westfalen ist dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung verpflichtet. Aus dieser Verpflichtung ergibt sich das Anliegen, dass Güter und Dienstleistungen, die von öffentlichen Verwaltungen des Landes und ihnen angeschlossenen oder nachgeordneten Institutionen in Auftrag gegeben oder beschafft werden, unter fairen und gerechten Bedingungen erzeugt, weiterverarbeitet und gehandelt werden. Die öffentliche Verwaltung und öffentliche Institutionen stellen im Wirtschaftsgeschehen eine große Nachfragemacht dar. Entsprechend groß sind ihre Potenziale zur Förderung entsprechender Mindeststandards bei ihren Wirtschaftspartnern.“

Nützliche Ratgeber und Broschüren

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) hat unter der engagierten und konstruktiven Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der nachgeordneten Einrichtungen einen Leitfaden zur nachhaltigen Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen im Geschäftsbereich des BMELV entwickelt. "Innovativ, energieeffizient, nachwachsend, biobasiert, zertifiziert, fair und sozial - das sind wichtige Kriterien bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen. Der Bund geht hier mit gutem Beispiel voran", sagte Peter Bleser, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Der Leitfaden zeigt auf, welche Kriterien neben dem Preis zu berücksichtigen sind. "Eine erfolgreiche Umstellung einer vorrangig an ökonomischen Kriterien ausgerichteten Beschaffung auf eine nachhaltige Beschaffung erfordert ein strukturiertes und systematisches Vorgehen. Der neue Leitfaden zeigt, wie die Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen in unserem Geschäftsbereich noch intensiver als bisher auf das Ziel der Nachhaltigkeit ausgerichtet werden kann", sagte Bleser.

Leitfaden zur nachhaltigen Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen im Geschäftsbereich des BMELV (PDF, 52 KB, nicht barrierefrei)

Besonders gelungen ist  die Broschüre "Nachhaltig beschaffen - eineOrientierung für Gemeinden". Sie wurde vom Lebensministerium zusammen mit dem Klimabündnis und dem BeschaffungsService Austria erarbeitet. Die Broschüre richtet sich an Beschaffungsverantwortliche in den Gemeinden. Sie soll Sie beim Einkauf nachhaltiger Produkte, Bau- und Dienstleistungen unterstützen - von Büroartikeln über Computer bis hin zu Gemeindefahrzeugen. Die Broschüre bietet für 15 Produktgruppen, die von den Gemeinden besonders häufig nachgefragt
werden, folgende Informationen:
• Tipps, was Sie konkret tun können
• Gütesiegel & Informationen
• Good-Practice-Beispiele

Die Broschüre „Vorteile überzeugen - Nachhaltige Beschaffung in der kommunalen Praxis" wiederum möchte darüber informieren, was bereits heute auf diesem Gebiet praktisch und rechtlich möglich ist.  Gute Beispiele aus der Praxis illustrieren darüber hinaus Erfahrungen aus Städten und Gemeinden, die bereits Schritte in diese Richtung getan haben. Mit entsprechenden Informationen, Argumenten und Beispielen möchten wir noch mehr Kommunen anregen, ihr großes Potenzial nachhaltig zu nutzen. Herausgeber ist agenda-transfer Agentur für Nachhaltigkeit GmbH.

Dienstleister

Eine Vielzahl von Anbietern haben sich auf Angebote für Kommunen und öffentliche Träger spezialisiert. Einen guten Überblick über Anbieter in einer Vielzahl von Branchen liefert das Firmen-Verzeichnis der ZfK - Zeitung für kommunale Wirtschaft. Seit 1954 ist das Magazin das Leitmedium für die kommunale Wirtschaft in Deutschland.

Das Angebot reicht bis zu Anbieter, die Produkte den Gemeinden sogar kostenlos zur Verfügung stellen. Damit begegnet man dem häufigen Argument der leeren kommunalen Kassen. Beispielsweise pms Werbung hat ein innovatives Konzept, dass sich über regionale Unternehmen oder Sponsoren, die sich mit ihrem Firmenlogo auf dem jeweiligen Objekt präsentieren, finanziert. In jedem Fall sollte immer nach Nahhaltigkeitskriterien dezidiert nachgefragt werden, da die meisten Anbieter dies nicht proaktiv kommunizieren.
Quelle: UD
 
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