Soziales Engagement

E.ON: Professionelle Bewerbungstrainings für Geflüchtete

In einem fünftägigen Training haben Personalexperten des Energieversorgers E.ON 24 Geflüchteten die Gepflogenheiten und Regeln bei Bewerbungen in Deutschland erklärt - ganz praktisch vom Bewerbungsschreiben bis zum Arbeitsvertrag. Welche Erkenntnisse haben diese Trainings gebracht, welchen Nutzen haben sie - auch für Unternehmen? Das hat der DIHK Mareike Onnebrink von E.ON gefragt.

17.06.2016

E.ON: Professionelle Bewerbungstrainings für Geflüchtete

Von Daphne Grathwohl/DIHK

Bei dem Bewerbungstraining waren Reiseleiter, Rechtsanwälte, Ärzte, Lehrerinnen und Ingenieure dabei. Das sind nicht alles typische Berufe, die man bei E.ON gebrauchen kann. Warum hat E.ON das Training initiiert?

Die Mitarbeiter der E.ON Deutschland in Essen haben die Möglichkeit, sich für fünf Tage im Jahr für ehrenamtliches Engagement im Bereich der Flüchtlingsintegration freistellen zu lassen. Es ist also ein durch E.ON ermöglichtes, aber privates Engagement unserer Personalabteilung. Wir haben überlegt, wie wir unsere Expertise sinnvoll einsetzen können. Da kam uns die Idee, Bewerbungstrainings zu initiieren. Denn so viele Geflüchtete suchen einen Job und nicht nur die Sprache ist ein Hindernis, sondern auch das fehlende Know How, wie man sich bewirbt.

Wie haben Sie die Geflüchteten für Ihre Trainings gefunden?

Wir haben die Ehrenamtsagentur in Essen gefragt und sie waren sofort Feuer und Flamme. Sie haben uns über ihre Kontaktkanäle geeignete, jobsuchende Geflüchtete vermittelt. Etwa fünf bis sechs Teilnehmer waren es dann pro Training.

Haben Sie bei dem Training bereits für Ihr Unternehmen geeignete Kandidaten gefunden?

Das Ziel war ja nicht, Mitarbeiter für E.ON zu finden, sondern sich zu engagieren für die Geflüchteten. Aber wir haben bei E.ON unabhängig von diesem Training Orientierungs- und Schnupperpraktika für Geflüchtete. Wir versuchen nun, den ein oder anderen, der von seiner Ausbildung in unser Unternehmen passen würden, erst einmal für ein Praktikum bei uns unterzubringen.

Ein mittelständisches Unternehmen kann sich eine solche Initiative nicht leisten. Aber könnte es vielleicht doch von Ihrem Training profitieren?

Wir haben den Trainingskandidaten auch gezeigt, wo man Stellenanzeigen findet, um sich zu bewerben. Insofern können die KMU davon profitieren, dass sich mehr und mehr Geflüchtete bei ihnen selbständig bewerben. Wir haben den Geflüchteten vermittelt, dass die Job- und Ausbildungsplatzsuche manchmal mühsam ist – auch für Deutsche. Dass man manchmal Dutzende Bewerbungen schreiben und aktiv bleiben muss. Und wir haben ihnen ganz praktisch gezeigt, dass ein Lebenslauf möglichst lückenlos sein sollte, dass man beschreiben muss, was man getan hat. Und dass es auch auf die Optik in der Bewerbung ankommt. Wir helfen den Teilnehmern auch im Anschluss an die Bewerbertrainings, ihre Unterlagen für einen konkreten Job durchzusehen. Von alledem können die KMU durchaus profitieren, bei denen sich die Kandidaten nun bewerben.

Zufriedene Gesichter beim Bewerbertraining von E.ON.
Zufriedene Gesichter beim Bewerbertraining von E.ON.

Würden Sie gute Kandidaten an andere Unternehmen weitervermitteln?

Wir sammeln die Lebensläufe ein und wollen geeignete Bewerber in unserem – privaten – Netzwerk an Unternehmer, Selbständige etc. vermitteln – zunächst zu einem Gespräch, einem Praktikum und dann mal sehen, was sich entwickelt. Schließlich ist es eine durch E.ON zwar ermöglichte, aber doch private Initiative.

Was waren die größten Probleme und Unterschiede bei Bewerbungsgepflogenheiten, die Sie festgestellt haben?

Ein Unterscheid zwischen deutschen und syrischen Bewerbungsverfahren zum Beispiel ist, dass man dort keine Bewerbungsmappe braucht. Man geht ins Unternehmen, stellt sich vor, spricht mit dem Chef und wenn man gut ist, bekommt man den Job. Ein weiterer Unterschied ist, dass Ausbildung und Qualifikation nicht immer 100-prozentig zur ausgeschriebenen Stelle passen müssen; man bekommt dort den Job oft auch, wenn man formal nicht unbedingt auf´s Stellenprofil passt.

Wie lief die Verständigung?

Sie hat sehr gut geklappt. Die meisten der Bewerber waren schon etwa ein Jahr in Deutschland und konnten ganz gut Deutsch. Wir haben auch alles auf Deutsch besprochen, nur ganz selten wurden ein paar Begriffe auf Englisch übersetzt. Und manchmal haben sie sich gegenseitig geholfen: Wenn einer etwas nicht verstanden hat, hat der andere übersetzt.

Welche positiven Erfahrungen konnten Sie bei dem Training machen?

Ebendiese Kooperation zum Beispiel war eine schöne Erfahrung. Und es ist eine tolle Erfahrung, diesen Menschen dabei zu helfen, eine Arbeit zu finden. Denn das ist für viele der größte Wunsch: Einen Job finden, auf eigenen Füßen stehen. Für mich persönlich war es eine sehr gute Erfahrung, Geflüchtete kennenzulernen, mir selbst ein Bild zu machen, den einzelnen Menschen hinter dem Begriff „Flüchtlinge“ zu sehen. Und zu begreifen, dass da immer ein Schicksal dahintersteht. Wenn man hört, was einzelne durchgemacht haben, dann fragt man sich, ob man selbst solche Situationen meistern könnte. Dann bekommt man mehr Verständnis dafür, dass manches länger dauert.

Sie wollen Bewerbungstraining wiederholen. Was würden Sie Nachahmern empfehlen?

Man sollte seine Konzepte relativ flexibel gestalten und auf die Teilnehmer individuell eingehen: Welchen Hintergrund, welche Ausbildung, welche Qualifikationen und Sprachkenntnisse haben sie? Und man sollte sich Unterstützung suchen: Die Ehrenamtsagentur hat uns zum Beispiel sehr geholfen, den Draht zu den Bewerbern aufrecht zu erhalten und zu stärken.

Vielen Dank für das Gespräch!

Weitere Informationen:

In ihrem Flüchtlingshilfe-Projekt „Zusammen wachsen“ unterstützt die Ehrenamt Agentur Essen e.V. Neuankömmlinge in Essen. Geflüchtete Menschen, die Asyl bekommen, in Essen bleiben und hier arbeiten werden, sollen sich in ihrer neuen Wahlheimat schnell zuhause fühlen. Berufsorientierung ist dabei ein wichtiger Baustein. Das Pilotprojekt wird im Rahmen der Umsetzung des „Nationalen Strategieplans für eine integrierte Stadtentwicklungspolitik“ des BMVBS/BBSR und durch die Anneliese Brost-Stiftung gefördert.

E.ON plant, im Juli weitere Trainings mit Geflüchteten durchzuführen. Ruth Werhahn, HR Director von E.ON Deutschland, erklärt die Motivation des Firmenengagements: „Eine Integration von Geflüchteten in Deutschland können wir nur erreichen, wenn alle einen Beitrag dazu leisten. Das Bewerbertraining ist eines unserer Projekte, mit denen wir das Leben der Menschen verbessern möchten. Denn eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt ist ein großer Schritt in diese Richtung.“ Darüber hinaus arbeitet das Unternehmen an einem strukturierten Praktikantenprogramm für Geflüchtete.

Quelle: UD/cp
 

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