Reporting

Transparency nimmt Nachhaltigkeitsberichte deutscher Großunternehmen unter die Lupe

Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland stellt fest, dass in den Nachhaltigkeitsberichten deutscher Großunternehmen über die Einflussnahme auf politische Entscheidungen nur unzureichend berichtet wird. Es wurden Berichte von 2016 untersucht, die entlang der Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI) erstellt wurden. Informationen über Lobbying sind wenig ausführlich und bleiben deutlich hinter dem – bereits niedrigen – Niveau früherer Berichte zurück. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland, merkt dazu an: „Transparenz im politischen Bereich ist ein zentrales Thema jeder funktionierenden Gesellschaft. Daher sollte GRI eine Berichtspflicht über Parteispenden und Lobbying einführen.“

18.04.2017

Transparency nimmt Nachhaltigkeitsberichte deutscher Großunternehmen unter die Lupe zoom
Transparency International

Transparency Deutschland hat zum dritten Mal eine Studie über die Nachhaltigkeitsberichts-Erstattung deutscher Großunternehmen erstellt. Es wurden Berichte aus 2016 begutachtet, die auf den Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI) aufbauen, dem internationalen Standard der Nachhaltigkeitsbericht-Erstattung. Untersucht wurde der Umgang der Unternehmen mit den überarbeiteten GRI-Leitlinien und wie über die Themenbereiche Korruption und politische Einflussnahme berichtet wird. Und das sind die wichtigsten Fachergebnisse:

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G4 umfangreicher aber flexibler als G3

Der Übergang der GRI-Leitlinien von der Version G3 zur Version G4 wurde von der Fachwelt mit großem Interesse verfolgt. Das Berichtsprogramm von G4 ist gegenüber der Vorgängerversion G3 deutlich erweitert, sowohl im Bereich der allgemeinen Standardangaben, die allgemeine Angaben zum Unternehmen und zum Bericht umfassen, als auch besonders bei den spezifischen Standardangaben (Aspekte und zugehörige Indikatoren), die die Nachhaltigkeitsleistung der Unternehmen darstellen sollen. Es werden gleichzeitig aber auch neue Wahlmöglichkeiten gegeben, was den Unternehmen die Möglichkeit gibt, die Berichterstattung an die Geschäftstätigkeit anzupassen. Während unter
G3 die Berichterstatter – sofern sie die Anwendungsebene A, die höchste von 3
Anwendungsebenen, wählten – ein relativ starres Berichtsprogramm zu befolgen hatten, bestimmen sie bei G4 mittels einer Wesentlichkeitsanalyse
selbst, über welche Aspekte sie berichten.

Bei den untersuchten Berichten wurden auf der Ebene der Aspekte die durch G4 neu
hinzugekommenen Themen Bewertung der Lieferanten und Beschwerdeverfahren
gut akzeptiert. Gleichzeitig wurden aber Aspekte, die schon in den G3-Richtlinien enthalten waren, nicht in alle Berichte wieder aufgenommen. Eine durchgängige Vernachlässigung bestimmter Themenbereiche war allerdings nicht festzustellen (der Sonderfall Politik wird weiter unten diskutiert). Im Ergebnis wurde durchschnittlich etwa über die gleiche Anzahl von Aspekten berichtet, wie sie bei G3 vorgegeben war – in den Berichten mit der Option umfassend etwas mehr, in den Berichten mit der Option Kern etwas weniger.

Deutliche Unterschiede im Umfang der Berichterstattung

Die Flexibilität der G4-Leitlinien eröffnet die Möglichkeit, die Berichterstattung an die Art der Geschäftstätigkeit und die Situation der Unternehmen anzupassen. So wurde festgestellt, dass Unternehmen der verarbeitenden Industrie im Durchschnitt deutlich umfangreicher berichten als andere Unternehmen. Gleichzeitig variiert der Umfang der Berichterstattung erheblich zwischen den einzelnen Berichten. Die große Differenz, die auch zwischen gleichartigen Unternehmen zu beobachten ist, beeinträchtigt allerdings die von den GRI-Leitlinien angestrebte Vergleichbarkeit. Es wäre wünschenswert, dass die Praxis der Wesentlichkeitsanalyse sich stärker vereinheitlicht.

Informationsdefizite und Unklarheiten bezüglich externer Prüfung

Unbefriedigend ist die Behandlung der externen Prüfung. In fast allen untersuchten Berichten wird angegeben, dass der Bericht extern (d.h. in der Regel durch eine
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) geprüft wurde. In welchem Umfang und bei welchen Themen dies geschah, ist in den Berichten nur teilweise dokumentiert. Auf der Grundlage der vorliegenden Angaben dürften im Durchschnitt Prüfungen bei etwa 35 Prozent der spezifischen Standardangaben erfolgt sein. Die Prozentsätze schwanken jedoch stark zwischen den verschiedenen Berichten, zwischen 5 Prozent und 100 Prozent.

Welcher Art die Prüfungshandlungen sind, verbirgt sich in den Bestätigungsvermerken der Prüfer hinter recht unterschiedlichen, vagen und zumindest für den Laien nicht transparenten Beschreibungen (z.B. eingeschränkt geprüft, validiert, prüferische Durchsicht). Ein Grund dafür ist, dass es in Deutschland bisher keine diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen oder Standards gibt. Wie viel, was und wie geprüft wird, unterliegt der freien Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Damit ist die Idee einer unabhängigen Prüfung weitgehend ad absurdum geführt. Es bleibt abzuwarten, ob das Gesetz zur Umsetzung der CSR-Richtlinie der EU für die nicht-finanzielle Berichterstattung hier eine Verbesserung bringen wird.

Neue allgemeine Standardangaben zur Korruptionsbekämpfung

Transparency Deutschland interessiert vor allem, wie über Antikorruption und politische Einflussnahme berichtet wird und begrüßt es sehr, dass durch G4 unter der Überschrift Ethik und Integrität drei allgemeine Standardangaben neu aufgenommen worden sind, die wichtige Instrumente der Korruptionsprävention und -bekämpfung beschreiben: Grundsätze und Code of Conduct (G4-56), Verfahren für Ratsuchende (G4-57) und Hinweisgeber (G4-58). Die Standardangabe G4-56 wurde in allen Berichten beantwortet, die beiden anderen sind bei Wahl der Option Kern freiwillig, wurden aber auch in einige Berichte dieser Gruppe aufgenommen.

Aspekt Korruptionsbekämpfung als wesentlich identifiziert, aber viele Auslassungen

Der Aspekt Korruptionsbekämpfung wurde – mit einer Ausnahme – von allen berichtenden Firmen als wesentlich eingestuft. Allerdings sind bei diesem Aspekt zahlreiche Auslassungen zu verzeichnen, und zwar überwiegend bei den Informationsanforderungen und Informationselementen, die durch G4 neu eingeführt wurden. Es handelt sich um:

  • die Nennung der ermittelten erheblichen Korruptionsrisiken,
  • Angaben zur internen und externen Kommunikation von Antikorruptionsmaßnahmen, aufgeschlüsselt nach Mitarbeiterkategorie bzw. Geschäftspartnertyp und Region
  • die Aufgliederung von Antikorruptionsschulungen nach Mitarbeiterkategorie und Region sowie
  • die Angabe der Art von Korruptionsvorfällen.

Zu all diesen neuen Punkten finden sich in den Berichten nur sehr wenige Informationen. Besonders bedauerlich ist, dass die Auslassungen nur zu einem geringen Teil im jeweiligen GRI-Inhaltsindex angegeben und begründet werden. Hier liegt ein eindeutiger Verstoß gegen die GRI-Regel report or explain vor. Im strengen Sinne kann deshalb nur wenigen der untersuchten Berichte bestätigt werden, dass sie sich in Übereinstimmung mit den GRI-Leitlinien befinden.

Quelle: UD/pm
 

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