Reporting

„Der DNK ist einfach, flexibel und gut handhabbar“

Ob EU-Richtlinien, Verbraucheranforderungen oder durch Kapitalmärkte - die Nachfrage nach sogenannter extra-finanzieller Berichterstattung steigt kontinuierlich. Vor allem mittelständische Unternehmen stellt dies vor Herausforderungen. Wie berichtet man richtig? Wie umfangreich muss der Bericht sein? Eine attraktive Lösung ist hier der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK). Wir sprachen darüber mit Marlehn Thieme, der Vorsitzenden des Rates für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung.

29.01.2015

Marlehn Thieme ist Juristin und seit 2004 Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung. 2012 wurde sie zur Vorsitzenden des Rates gewählt.
Marlehn Thieme ist Juristin und seit 2004 Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung. 2012 wurde sie zur Vorsitzenden des Rates gewählt.

Den DNK gibt es jetzt seit 2011. Was sind die wichtigsten Eckpfeiler des DNK?

Marlehn Thieme: Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) macht Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen jeder Größe und Rechtsform durch ein vereinfachtes Verfahren sichtbar und vergleichbar. Die 20 DNK-Kriterien umfassen dabei die wichtigsten Aspekte von Ökologie, Sozialem und der Unternehmensführung. Unternehmen können so darstellen, welche Ziele verfolgt werden, welche organisatorischen Vorkehrungen getroffen sind, um Nachhaltigkeit im Kerngeschäft zu verankern, welche Auswirkungen das Unternehmen auf die Umwelt betrachtet, wie es die Interessen von Mitarbeitern berücksichtigt und ob es zum Schutz von Menschenrechten in der Zulieferkette beitragen kann.

In einer Entsprechenserklärung berichtet das Unternehmen, wie es ebendiese Kriterien erfüllt (comply), oder erklärt plausibel, warum es ein Kriterium gegebenenfalls nicht berichtet (explain). Neben dem Kodex an sich ist das zweite wichtige Instrument die DNK-Datenbank. Dort werden Entsprechenserklärungen eingetragen und können von allen Interessierten eingesehen werden. Insbesondere Finanzanalysten und Investoren nutzen dies zur Bewertung von Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen, aber auch die Bundesregierung interessiert sich spürbar dafür.

Anzeige

Was haben Unternehmen davon, wenn Sie den DNK nutzen?

Thieme: Hier möchte ich vor allem drei Aspekte hervorheben:
1. Sie belegen ihre strategische und nachweisbare Nachhaltigkeitsorientierung und
2. erreichen Vergleichbarkeit und mögliches Benchmarking mit Wettbewerbern.
3. Der DNK ist einfach, flexibel und gut handhabbar.

Jetzt steht die EU-Berichtspflicht zu Nachhaltigkeitsleistungen an. Erwarten Sie sich dadurch einen Schub für die nachhaltige Entwicklung in Deutschland und Europa?

Thieme: Dadurch, dass Unternehmen von öffentlichem Interesse berichtspflichtig werden, wird ein Vergleichsrahmen geschaffen. Europaweit werden davon in etwa 6.000 Unternehmen betroffen sein, die bislang noch keinerlei Berichterstattung haben und sich binnen zwei Jahren für die Berichtspflicht fit machen müssen. Ein Vergleichsrahmen unterstützt den Wettbewerb um die besten Berichte und zugleich um die besten Verfahren und Methoden. Hier haben vor allem die Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil, die negative Effekte auf Umwelt und Gesellschaft vermeiden und sich heute schon mit ihrem Geschäftsmodell auf die Herausforderungen der Zukunft ausrichten. Der DNK schreibt diese Perspektive nicht vor, aber er macht sichtbar, wo ein Unternehmen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung steht und welche Beiträge es leistet oder eben nicht. Transparenz über die unterschiedlichen Level unternehmerischen Engagements zu schaffen, zahlt auf die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Wirtschaftsraumes und die europäische Wirtschafts- und Nachhaltigkeitsstrategie ein. Diese Perspektive ist für Politikerinnen und Politiker zunehmend wichtiger – von daher: ja, ich erwarte durchaus einen Schub für nachhaltige Entwicklung in Deutschland und Europa.

Welche Rolle kann der DNK in diesem Zusammenhang spielen? Gibt es da bestimmte Erwartungen?

Thieme: Die Themen im DNK decken die Bereiche Umwelt, Gesellschaft, Mitarbeiter, Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung und Vielfalt in Führungsgremien ab und erfüllen damit schon heute die EU-Berichtspflicht. Bei der Auswahl der Leistungsindikatoren haben wir auf das Wesentliche reduziert. Damit ist der DNK im Vergleich zu anderen Standards leichter handhabbar und ermöglicht einen schnellen Überblick. Mit dem Eintrag der Entsprechenserklärungen in die Online-Datenbank entstehen quasi kleine Nachhaltigkeitsberichte. Der DNK bietet so einen einfachen Einstieg in die Berichterstattung und kann dabei helfen, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Interessierten Lesern – Konsumenten, Zulieferern und Investoren - verschaffen die kurzen Berichte einen Überblick über die wesentlichen Themen und Strategien des Unternehmens in Sachen Nachhaltigkeit.

Unterschiedliche Rechtsräume erschweren den Vergleich verschiedener Strategien. Was der Nachhaltigkeitskodex leistet, ist: Unternehmen -egal an welchem Standort- beschreiben, was zum Kern unternehmerischer Nachhaltigkeit gehört – wenn Sie so möchten, ist das eine mögliche Legaldefinition die unter Beteiligung von Stakeholdern entwickelt wurde.
Die EU-Kommission hat den DNK als einzigen nationalen Standard im Kontext der EU-Berichtspflicht empfohlen. Auf Grund seiner einfachen Handhabung würde ich es begrüßen, wenn der DNK als „The Sustainability Code“ auch auf internationaler Ebene ein weit verbreiteter Standard wird. Wenn er darüber hinaus auch noch ein Beispiel für moderne Politikgestaltung wird, wäre das ein Gewinn für alle.

Neben dem DNK gibt es auch GRI und den Global Compact. Für nicht ganz so firme Außenstehende und Einsteiger ist das verwirrend. Wie verhält sich der DNK zu anderen Nachhaltigkeitsberichtstandards?

Thieme:
Der DNK baut auf diesen internationalen Initiativen auf. Wir haben nichts neu erfunden, sondern möchten mehr Wirksamkeit und Relevanz erzeugen, indem wir sie handhabbarer machen. Die teils komplexen Anforderungen dieser Standards hat der Rat für Nachhaltige Entwicklung gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Finanzmärkte, Unternehmen und der Zivilgesellschaft auf das Wesentliche reduziert. Mit dem „report or explain“-Ansatz, eignet sich der DNK insbesondere für Unternehmen, die bisher noch kein etabliertes Berichtswesen haben, aber trotzdem glaubwürdig und strukturiert über ihre Aktivitäten kommunizieren möchten.

Die Entsprechenserklärung ist zudem anschlussfähig: Unternehmen, die nach GRI berichten oder einen Fortschrittsbericht zum Global Compact haben, können auf den jeweiligen Bericht verweisen. Anders herum sind Entsprechenserklärungen zum DNK, angereichert um ein Statement der Geschäftsführung zum Global Compact, vollwertige Fortschrittsberichte.

Gerade kleine und mittlere Unternehmen scheuen den damit verbundenen oftmals hohen Aufwand. Wie umfangreich ist denn die Bearbeitung?


Thieme: Das hängt ganz davon ab, wie tief Nachhaltigkeit im Unternehmen bereits verankert ist und inwieweit die nötigen Daten und Fakten schon aufbereitet vorliegen. Wo die Anforderungen des DNK nicht per Kurzbericht erfüllt werden können, erlaubt der „comply or explain“-Ansatz zu erläutern, warum Kennzahlen fehlen oder das Kriterium für das Unternehmen nicht relevant ist. Damit bietet der DNK Unternehmen jeder Größenordnung auch die Möglichkeit, sich von Erklärung zu Erklärung weiter zu entwickeln.

Ist der DNK auch für international agierende Unternehmen interessant? Immerhin heißt er „Deutscher“ Nachhaltigkeitskodex?


Thieme: Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat als Initiator bewusst den Namen „Deutscher Nachhaltigkeitskodex“ gewählt, weil ein deutsches Beratungsgremium mit einem Entwicklungsprozess, der mit deutschen Stakeholdern aufgesetzt war, schlecht Universalitätsanspruch erheben kann. Klar ist aber auch, dass die multinationalen Unternehmen mit ihren weltweiten Lieferketten und die Investoren bei der Entstehung des DNK auf die internationale Anwendbarkeit und Anschlussfähigkeit gedrungen haben. Im Ergebnis ist er international anwendbar. Deswegen ist er als „The Sustainability Code“ in Englisch verfügbar, Entsprechenserklärungen können gleichfalls in Englisch angelegt werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: UD
 

Related Posts

Newsletter

Unsere Verantwortung/Mitgliedschaften

Logo
Serverlabel
The Global Compact
Englisch
Gold Community
Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
Caring for Climate

© macondo publishing GmbH
  Alle Rechte vorbehalten.

 
Lasche