Politik

HIV: Nicht automatisch ein Todesurteil

Träger des HI-Virus können ohne Probleme alt werden. Dies ist eine Erkenntnis der jetzt in Wien zu Ende gegangenen Welt-Aids-Konferenz. In Verbindung mit einer frühzeitigen Diagnose und richtigen Medikamenten versprechen viele neue Therapieansätze nämlich eine hohe Lebenserwartung. Doch diese Chance erhalten nicht alle HIV-Infizierten: Armut und Unterentwicklung bedeuten vielerorts durchaus noch ein Todesurteil.

30.07.2010

Eine bessere Prävention sei weiterhin dringend von Nöten, mahnt Ulrich Heide von der Deutschen Aids-Stiftung. Auch wenn die Zahl der weltweit Neuinfizierten zurückgeht, kommen momentan auf zwei Menschen, die Zugang zu einer antiretroviralen Therapie haben, fünf Neuerkrankungen. Daher müssen diese Infektionszahlen erheblich verringert werden, um in Zukunft Medikamente für alle zugänglich zu machen, so Heide weiter. Schon bei den derzeitigen Planungen ist eine Steigerung des weltweiten Finanzbedarfs für die HIV-Bekämpfung von fast 100 Prozent nötig.

Um den Kostendruck zu senken, soll in Zukunft verstärkt auf Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen gesetzt werden. So hat sich die Pharmafirma ViiV Healthcare bereit erklärt, Patente kostenlos an afrikanische Unternehmen weiterzugeben und eine variable Preisstrategie in Ländern ohne Zugang zu Medikamenten anzubieten. Diese soll sich am Bruttosozialprodukt des jeweiligen Partnerlandes ausrichten. Um der in den letzten Jahren zunehmend beobachten Resistenz von Erkrankten gegenüber bewährten Verfahren entgegen zu wirken, will das Unternehmen seine Zusagen auch auf Medikamente ausweiten, die sich derzeit noch im Entwicklungsstadium befinden. „Moderne Arzneimittel sind in der Lage, das Leben von HIV-Patienten deutlich zu verlängern“, so Dominique Limet, CEO von ViiV Healthcare.

Die Bedeutung dieses Ansatzes ist gerade vor dem Hintergrund der noch immer hohen Sterblichkeitsraten in weniger entwickelten Ländern mit einem geringen oder keinem Grundeinkommen der Bürger verständlich. „Die Menschen sehen weltweit in den Medien, dass ein Überleben mit HIV und Aids in Industrieländern möglich ist", stellte Heide im Vorfeld der Konferenz gegenüber dem Spiegel fest. „Sie melden ihre berechtigte Forderung an, auch überleben zu wollen."

Entwicklungshilfeminister Niebel in der Kritik

Am Rande der Konferenz in Wien kam es in diesem Zusammenhang wiederholt zu Protestkundgebungen gegen die Absicht Deutschlands, die Hilfen für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria zu senken. Am Rande der Konferenz waren Spekulationen laut gewordern, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), beabsichtigte
Foto: www.dirk-niebel.de
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seine Zuschüsse auf der internationalen Wiederauffüllungskonferenz 2010 in New York um bis zu 70 Prozent zu kürzen. Gerade dieses Gremium sei aber„ein besonders wichtiges Finanzierungsinstrument“ bei der Bereitstellung von antiretroviralen Therapien, so Astrid Berner-Rodoreda, Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen AIDS und HIV-Beraterin bei Brot für die Welt.

Ein Grund für die Maßnahme der Regierung ist Medienberichten zufolge ein Strategiewechsel im BMZ: Anstelle der bisher favorisierten multilateralen Zusammenarbeit sollen bilaterale Ansätze in Zukunft stärker gefördert werden. Vertreter verschiedener NGOs reagierten auf diese Ankündigung kritisch und forderten ein Umdenken des Ministers. Christiane Fischer, Geschäftsführerin der BUKO-Pharma-Kampagne, kündigte massive Proteste gegen die Pläne der Bundesregierung an und verwies auf die positiven Ergebnisse der momentanen Strategie. „Wir werden gegen diese unsinnigen Pläne kämpfen. Es kann nicht sein, dass die Erfolge im Kampf gegen HIV/Aids im Zuge der Finanzkrise geopfert werden“ und bei der Rettung von Millionen von Menschen der „Rotstift angesetzt“ werde.

Drogenmissbrauch als Ansteckungsrisiko

Besonders in Osteuropa ist Drogenmissbrauch einer der Hauptübertragungswege von Aids. Diese Region bildete daher ein Schwerpunktthema der Wiener Welt-Aids-Konferenz. In den betroffenen Ländern nimmt die Zahl der Neuinfizierten seit einigen Jahren kontinuierlich zu, was Experten auch auf die Haltung der einzelnen Staaten gegenüber Drogenabhängigen zurückführen. Suchtkranke werden systematisch ausgegrenzt, eingesperrt und haben in den Gefängnissen keinen Zugang zu medizinischer Versorgung.

In ihrer Abschlusserklärung forderten die Delegierten daher einen Wandel in der Behandlung dieses Themas durch Entkriminalisierung der Suchtkranken sowie die vorbeugende Versorgung von Drogenabhängigen in speziellen Suchtzentren. Die bisherige Praxis, den Fokus bei der Bekämpfung illegaler Drogen und der Übertragung von Krankheiten durch deren Konsum auf die Strafverfolgung zu richten, bezeichneten die Delegierten als „gescheitert“. In der abschließenden Wiener Erklärung forderten sie von Politik und Internationalen Organisationen „eine transparente Überprüfung der derzeitigen Drogenpolitik“. Nur so könne sichergestellt werden, dass der „gesundheitspolitische Ansatz“ bei der Ausarbeitung neuer Strategien mit einbezogen werde.
Quelle: UD
 
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