Politik

KfW-Nachhaltigkeitsindikator 2010: Umwelt auf dem Vormarsch

Zum dritten Mal hat die KfW Bankengruppe den KfW-Nachhaltigkeitsindikator veröffentlicht. Er liefert ein umfassendes Bild über den Stand der nachhaltigen Entwicklung 2010 in Deutschland. Dazu wurden für die Hauptbereiche Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaftlicher Zusammenhalt jeweils Schlüsselthemen sowie entsprechende Basisindikatoren analysiert und bewertet. Das Gesamtergebnis des KfW-Nachhaltigkeitsindikators bescheinigt leichte Fortschritte in der nachhaltigen Entwicklung Deutschlands. Dabei schneidet der Bereich Umwelt besonders gut ab.

02.02.2011

Der Entwicklung des Bereichs erneuerbare Energien erlitt keine Einbrüche durch die Krise. Foto: Tellmewhat/flickr.com
Der Entwicklung des Bereichs erneuerbare Energien erlitt keine Einbrüche durch die Krise. Foto: Tellmewhat/flickr.com

Zur Ermittlung aller Ergebnisse diente ein Scoreverfahren, bei dem auf einer Punkteskala der Wert -2 das Minimal- und +2 das Maximalergebnis darstellt. Im Vergleich zum zuvor ermittelten Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre veranschaulichen die Zahlen des Scoreverfahrens den Stand der jeweiligen nachhaltigen Entwicklung.

So erzielte der Hauptbereich „Wirtschaft“ erstmals seit vier Jahren ein negatives Gesamtergebnis. Er verlor 0,5 Zähler und liegt nun bei 0,0 Scorepunkten. Als Ursache hierfür nennt die KfW die globale Finanz- und Wirtschaftskrise. Trotzdem beschreibt sie die wirtschaftliche Verfassung Deutschlands als solide, denn der Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre wurde trotz Krisenbelastung nicht unterschritten.

Zu den Schlüsselthemen des Bereichs Wirtschaft zählt unter anderem die „Staatsverschuldung“, bei der die Situation als „merklich eingetrübt“ beschrieben wird. Dennoch sollte „nicht dramatisiert werden“: Anzuerkennen ist, dass trotz Krisenbelastung kein Negativergebnis erzielt wurde. Besonders im Vergleich zu anderen Industrieländern spräche das für „relativ solide Staatsfinanzen“. Anlass zur Sorge gäbe jedoch das Resultat des Themas „Innovationen“: Hier rutschte der Scorewert auf -0,7 ab und büßte dabei gegenüber 2008 -0,1 Zähler ein. Dabei ist nach Ansicht der KfW das Hervorbringen neuer Produkte und Herstellungsverfahren für die nachhaltige Entwicklung Deutschlands besonders wichtig, da es zu denn rohstoffarmen und exportorientierten Ländern gehört. Grund für die Verschlechterung ist unter anderem der Rückgang von Patentanmeldungen durch die Krise. Besonders positiv sticht dagegen das Schlüsselthema „Zukunftsvorsorge“ hervor. Hier liegt der Wert im Jahr 2009 bei 0,5 und hat damit seit 2008 um +1,5 Zähler zugenommen. Bereits seit 2005 ist ein stetiger Aufwärtstrend zu verzeichnen.

Positive Auswirkungen der Krise

In 2009 gingen die Treibhausgasemissionen stark zurück. Foto: Marion Book
In 2009 gingen die Treibhausgasemissionen stark zurück. Foto: Marion Book

Als „äußerst positiv“ beschreibt die KfW Bankengruppe die nachhaltige Entwicklung im Bereich „Umwelt“. Hier verbesserte sich der Gruppenscore gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Zähler und liegt nun bei 0,5. Zumindest zu einem großen Teil ist die Finanz- und Wirtschaftskrise auch für dieses Ergebnis verantwortlich. So verursachte sie im Schlüsselthema „Klimaschutz“ einen „drastischen Rückgang“ des Basisindikators „Treibhausgasemissionen“: Hier sank der Gesamtausstoß aller klimarelevanten Treibhausgase in Deutschland, auf Grund starker Produktionseinbrüche durch die Krise, im Berichtsjahr 2009 gegenüber 2008 um 8,4 Prozent. Das Ziel aus dem Kyoto-Protokoll, die Treibhausgasemissionen bis 2008-2012 um 21 Prozent zu reduzieren, hat Deutschland also erreicht: Insgesamt sanken die Emissionen zwischen 1990 und 2009 um rund 29 Prozent. Trotzdem seien weitere Anstrengungen auf klimapolitscher Ebene erforderlich, um das von der Bundesregierung festgelegte Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 2009, zu mindern. Denn nach der Krise sei im Zuge eines wirtschaftlichen Aufschwungs auch wieder mit einem Anstieg des Treibhausgasausstoßes zu rechnen. Scheinbar spurlos ging die Krise dagegen an dem Bereich „Erneuerbare Energien“ vorbei - einem weiteren Schlüsselthema des Bereichs Umwelt. Im Berichtsjahr 2009 war ein deutlicher Anstieg des Anteils der Erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch zu messen. So kletterte hier der Scorewert von -2 in 2008 auf 1 in 2009.

Flächenverbrauch senken, Artenvielfalt schützen

Auch die Entwicklungen im Bereich „Flächennutzung“ wurde als Schlüsselthema für den Bereich Umwelt überprüft. Hier stellte sich heraus, dass der Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsfläche in den letzten Jahren abgenommen hat: Die Inanspruchnahme entsprechender Flächen lag im Jahre 2008 bei 95 Hektar pro Tag. Dieser Wert liegt deutlich unter dem Zehnjahresdurchschnitt von 118 Hektar pro Tag. Von dem Ziel der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu verringern, ist Deutschland demnach aber noch weit entfernt.

Gleiches gilt für die Zielsetzung im Bereich des Schlüsselthemas Artenvielfalt: Hier wurde im Rahmen der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie vereinbart, „die Bestandsgröße der ausgewählten Vogelarten aus dem Jahr 1975 bis 2015 zurückzuerlangen“. Der Zehnjahresdurchschnittswert zur Zielerreichung liegt hier bei rund 71 Prozent. Im Jahr 2008 wurde dieser Wert mit rund 69 Prozent jedoch unterschritten. Als Ursachen für den Verlust der Artenvielfalt nennt die KfW unter anderem die Intensivierung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, die Versiegelung von Flächen sowie die Zerstörung von Biotopen.

Rückschläge durch geringe Wahlbeteiligung

Das Thema politische Teilhabe erreichte auf Grund geringer Wahlbeteiligungen nur den Minimalwert. Foto: Awaya Legends/flickr.com
Das Thema politische Teilhabe erreichte auf Grund geringer Wahlbeteiligungen nur den Minimalwert. Foto: Awaya Legends/flickr.com

Einen leichten Dämpfer erhielt die nachhaltige Entwicklung in der dritten Hauptgruppe mit dem Titel „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“. Lag der Gruppenscore hier im Berichtsjahr 2008 noch bei 0,2, so fiel er in 2009 auf -0,3. Verantwortlich für dieses negative Gesamtergebnis ist unter anderem das Schlüsselthema „Politische Teilhabe“. Gemessen wird die Entwicklung hier anhand der sogenannten strukturellen Wahlbeteiligung. Diese beinhaltet die Wahlbeteiligung der letzten Bundestagswahl, der letzten Landtagswahl sowie der letzten Kommunalwahl in allen Bundesländern. Damit erreichte das Thema politische Teilhabe nur den Minimalwert von -2. Ausschlaggebend für dieses Ergebnis war vor allem die Bundestagswahl im September 2009: Diese schloss mit der niedrigsten Wahlbeteiligung - nämlich 70 Prozent - in der Geschichte der Bundesrepublik ab.

Ein ebenfalls negatives Ergebnis erzielte das Schlüsselthema „Sicherheit“ mit einem unter dem Zehnjahresdurchschnitt liegendem Wert von -0,5. Hier schlug besonders die höchste Zunahme seit 15 Jahren bei der Anzahl von Wohnungseinbrüchen ins Gewicht: So hatte sich diese im Jahr 2009 um rund 5 Prozent auf etwa 140 Einbrüche pro 100.000 Einwohner erhöht. Positiv ist jedoch der Rückgang der Gewaltverbrechen in 2008 und 2009 um insgesamt 4 Prozent. Weitere Minuspunkte verursachte das Schlüsselthema „Integration“. Hatte sich das Gesamtergebnis dieses Bereichs seit Erreichen des Minimalergebnisses in 2005 bis zum Jahr 2008 auf -1 verbessert, sank der Wert in 2009 wieder auf -1,5. Indikator für das Thema Integration ist unter anderem die Arbeitslosenquote der ausländischen Erwerbspersonen. Diese lag 2008 bei rund 18 Prozent und stieg in 2009 auf 19 Prozent.

Bildung auf dem Vormarsch

In anderen Schlüsselthemen des Bereichs Gesellschaftlicher Zusammenhalt machte die nachhaltige Entwicklung jedoch auch Fortschritte: Besonders im Bereich „Bildung“. Zu den Indikatoren zählt hier unter anderem die Studienanfängerquote. Diese lag in 2009 bei einem Höchstwert von rund 43 Prozent. Bemerkt werden sollte dabei aber, dass in diesem Jahr in einigen Bundesländern die Gymnasialzeit auf acht Jahre umgestellt wurde. So gab es doppelt soviele Abiturienten, die ein Studium aufnehmen konnten. Doch auch abgesehen davon gibt es seit der Bologna-Reform tendenziell mehr Studienanfänger unter den Abiturjahrgängen. Laut KfW-Nachhaltigkeitsindikator sei dies auf die „eher praxisbezogenen Bachelor-Studiengänge“ zurückzuführen.

„Gut behauptet“ hat sich auch das Schlüsselthema „Wirtschaftliche Teilhabe“. Zwar machte das Gesamtergebnis im Vergleich zu 2008 einen Zählerpunkt Verlust und liegt nun bei 1, dennoch ist dieser Wert deutlich besser als der Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre. Gemessen wurde unter anderem die Erwerbstätigenquote. Diese konnte beispielsweise durch die Ausweitung der Kurzarbeit trotz Krise auf einem „hohen Niveau“ gehalten werden: Seit 2005 liegt sie bei dem Maximalwert von 2.

Verdienstrückstand der Frauen stagniert

Der Verdienstrückstand von Frauen gegenüber Männern stagniert seit 2007. Foto: Colleen Lane/flickr.com
Der Verdienstrückstand von Frauen gegenüber Männern stagniert seit 2007. Foto: Colleen Lane/flickr.com

Fortschritte gab es auch im Schlüsselthema „Gleichberechtigung“ zu vermerken: Hier stieg der Zähler auf 0,5. Im Jahr 2008 lag er noch bei -0,5 und 2005 bei -2. Laut KfW liegt hier die Ursache im Rückgang der Differenz zwischen der Quote von geringfügig beschäftigten Frauen und der der Männer. Diese Differenz betrug im Jahr 2009 15 Prozent - eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum Durchschnittswert von 15,8 Prozent der vergangenen zehn Jahre. Zu bemerken ist hier aber, dass die Differenz vor allem gesunken ist, weil die geringfügige Beschäftigungsquote der Männer in 2009 durch die Wirtschafts- und Finanzkrise stark angestiegen ist. Weiterer Indikator des Themas Gleichberechtigung ist auch der Verdienstrückstand von Frauen gegenüber Männern. Dieser liegt stagniert seit 2007 bei 23 Prozent.

Quelle: UD
 

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