Exklusiv-Interview: E.ON definiert Verantwortung als Konzernziel

Gesellschaftliche Verantwortung legitimiert erst die unternehmerische Existenz, erläutert Christoph Dänzer-Vanotti, Vorstandsmitglied der E.ON AG, im Gespräch mit UmweltDialog. Der Konzern unterstützt daher den Emissionshandel und baut seine erneuerbaren Energien aus. Zugleich warnt Dänzer-Vanotti die Politik vor unrealistischen Zielvorgaben in der Energiepolitik.

06.05.2008

Vorstandsmitglied Christoph Dänzer-Vanotti, Foto: E.ON
Vorstandsmitglied Christoph Dänzer-Vanotti, Foto: E.ON
UmweltDialog: Kein Unternehmen kann es sich heute mehr leisten, „verantwortungslos“ in der Öffentlichkeit dazustehen. Inwieweit trägt CR bei E.ON zur Wertschöpfung bei?
 
Dänzer-Vanotti: Verantwortliches Handeln und Geld verdienen sind für mich kein Gegensatz - im Gegenteil: Ich bin fest davon überzeugt, dass ein Unternehmen ohne gesellschaftliche Verantwortungsübernahme heutzutage zunehmend Gefahr läuft, die öffentliche Akzeptanz - seine „licence to operate“ - zu verlieren und damit ggf. mittelfristig überhaupt kein Geld mehr zu verdienen. Deshalb ist gesellschaftliche Verantwortung bei E.ON auch integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie und unserer Unternehmenswerte - und ein klarer „Aktivposten“, der sich in der gesamten Wertschöpfungskette niederschlägt. Dabei birgt CR für mich neben der Rolle als Risikomanagementfunktion und stabilisierendes Element auch immer ein geschäftsgenerierendes Potenzial - denken Sie nur an das Megathema Klimaschutz und die Möglichkeit, hier als Energiekonzern bereits heute an den Themen und Technologien von morgen zu arbeiten.

UmweltDialog: Sie haben dazu Anfang 2007 eine detaillierte CR-Strategie vorgestellt. Könnten Sie die zentralen Ziele erläutern?
 
Dänzer-Vanotti: Die zentralen Ziele unseres vergangenes Jahr vorgestellten CR-Programms lauteten:
Erstens: Konzernweite Verankerung einer verantwortlichen Unternehmenskultur;
Zweitens: Einnahme einer führenden Rolle hinsichtlich einer offenen, vertrauenswürdigen und selbstkritischen Kommunikation;
Drittens: Einnahme einer Vorreiterrolle bei der Verbesserung von Klimaschutz und Energieeffizienz;
Viertens: Öffentliche Wahrnehmung als glaubwürdiger und engagierter Partner in den Regionen.
 
Betrachtet man diese Ziele rückwirkend, so ist es uns in fast allen Feldern gelungen, klare Maßnamen einzuleiten und auch messbare Erfolge zu erzielen - zum Beispiel in den Themenfeldern Klimaschutz und Energieeffizienz sowie transparente Kommunikation. Richtig ist aber auch, dass diese Ziele langfristig ausgerichtet und auch nur durch dauerhaftes konsistentes Handeln erreicht werden können. Hinzu kommt, dass wir unsere CR-Strategie 2007 auch inhaltlich weiterentwickelt haben mit dem Ziel, veränderte Umfeldbedingungen und -erwartungen aufgreifen und adressieren zu können.
 
UmweltDialog: Welche Handlungsfelder ergeben sich daraus für E.ON in den nächsten ein bis zwei Jahren?
 
Dänzer-Vanotti: Da die oben genannten Ziele langfristig ausgerichtet sind und sich zugleich auch in der neuen CR-Strategie widerspiegeln, sehe ich aktuell folgende Kernhandlungsfelder für die nächsten ein bis zwei Jahre: Erstens die deutliche Intensivierung der Vermittlung von CR gegenüber der breiten Mitarbeiterschaft z. B. durch Weiterbildung und Trainings, interne Beratung und Zusammenarbeit, aber auch interne Kommunikation. Zweitens die Intensivierung unserer externen Stakeholderdialoge, da wir nur in einem fortgesetzten Dialog auch mit unseren Kritikern Vertrauen zurückgewinnen und Verständnis - gerade für ein so komplexes Thema wie die Energieversorgung - erzeugen können. Drittens die kontinuierliche Weiterverfolgung und Ausweitung unserer Maßnahmen für Klimaschutz und Energieeffizienz. Und viertens das Angebot innovativer und zukunftsorientierter Programme für die Menschen in den Regionen - wobei wir uns hier auf die Kernthemen Arbeit und Bildung konzentrieren. Speziell im Bildungsbereich sind wir aktuell dabei, gemeinsam mit Partnern ein wegweisendes Energie- und Umweltbildungsprojekt zur frühkindlichen Bildung im Kindergarten zu konzipieren, von dem Sie in Kürze mehr erfahren werden!
Foto: E.ON UK
Foto: E.ON UK
UmweltDialog: Welchen Stellenwert haben dabei regenerative Energien für E.ON?
 
Dänzer-Vanotti: Das Thema erneuerbare Energien nimmt für uns im Sinne der Zukunftsausrichtung des Konzerns einen klaren strategischen Stellenwert ein, weshalb wir die regenerativer Energien kürzlich auch in einer eigenen Einheit „E.ON Climate & Renewables“ gebündelt haben. Und wir haben das erklärte Ziel, durch Konzentration unserer Kompetenzen und Anstrengungen in diesem Feld branchenweit eine führende Position zu erreichen. 2007 stammten bei E.ON bereits 12% der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien - und die Tendenz ist aufgrund der jüngsten Akquisitionen und Planungen stark steigend. So wird E.ON bis 2010 insgesamt rund 6 Mrd. € in erneuerbare Energien investieren - mehr als jedes andere Energieunternehmen der Welt. Dennoch halten wir die proklamierten Ziele der EU bzw. Bundesregierung, bis 2020 im Stromsektor einen Anteil von 25 bis zu 30% Erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch zu erreichen, für sehr ambitioniert und in Teilen unrealistisch.
 
UmweltDialog: In der Fachöffentlichkeit wird derzeit argumentiert, dass durch raffinierte Kombikraftwerke und andere Zusammenschlüsse erneuerbare Energien durchaus eine Volllast-Grundversorgung gewährleisten könnten. Brauchen wir da noch fossile Kraftwerke?
 
Dänzer-Vanotti: Die grundsätzliche Frage lautet für mich nicht, was theoretisch machbar ist, sondern was sich unter Berücksichtigung der gesamtgesellschaftlichen Ziele der Energieversorgung - Energie wirtschaftlich, sicher und klimaschonend zu produzieren - insgesamt am sinnvollsten darstellt. Und wie bereits erwähnt hat eben jede Erzeugungstechnologie Ihre spezifischen Vor- und Nachteile, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Fakt ist, dass Wind, Sonne und Biomasse speziell in Deutschland nur eingeschränkt verfügbar sind, gegenwärtig mit hohen staatlichen Subventionen gefördert werden und die Grundlastversorgung durch fossile und nukleare Kraftwerke nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen noch lange nicht ersetzen können. Hinzu kommt, dass weiterführende Innovationen, z.B. zur Speicherung von Strom, erst am Anfang stehen, weshalb wir an windreichen Tagen ein Überangebot von Windstrom im küstennahen Raum haben, das sich aber nicht bundesweit nutzen lässt. Daher sind heute die machbaren Potenziale eingeschränkt und ein Ersatz fossiler und nuklearer Erzeugung illusorisch.
Foto: Peter Hamel/E.ON
Foto: Peter Hamel/E.ON
UmweltDialog: Stichwort Emissionshandel. Die Stromversorger sind über die derzeitigen  EU-Maßnahmen und nationalen Allokationspläne nicht glücklich. Allerdings sagen die meisten Experten, dass es zum Emissionshandel an sich kaum eine Alternative gibt. Wie müsste diese aus Ihrer Sicht ausgestaltet werden?

Dänzer-Vanotti:
Wir unterstützen als E.ON den Emissionshandel, weil wir glauben, dass dies das richtige Anreizsystem zur Förderung des Klimaschutzes darstellt. Jedoch müssen die Zuteilungsregeln auf europäischer Ebene dringend harmonisiert werden, denn nur dann wird das System nach 2012 insgesamt mehr akzeptiert werden und besser funktionieren. Nur dann spricht aus unserer Sicht auch wenig gegen eine Auktionierung. Und nur dann, wenn alle Anlagenbetreiber in der EU bei der Zuteilung gleich behandelt werden, kann aus unserer Sicht ein sukzessiv steigender Anteil von Zertifikaten versteigert werden.
 
UmweltDialog: Was bedeutet das Auslaufen des deutschen Steinkohlenbergbaus im Jahr 2018 für Kraftwerksneubaupläne?
 
Dänzer-Vanotti: Bei der Beschaffung von Kohle ist E.ON in einen weltweiten Rohstoff- und Energieträgerhandel einbezogen, weshalb die Situation an einem Standort nur bedingte Auswirkungen auf die Gesamtplanungen hat. Richtig ist aber, dass das Auslaufen des deutschen Steinkohlenbergbaus unsere Importabhängigkeit weiter erhöhen wird. Zugleich versuchen wir jedoch, durch neue hocheffiziente Kraftwerke wie Staudinger oder Datteln mit einem angestrebten Wirkungsgrad von 45% und höher den Energieträgerverbrauch weiter zu reduzieren.
 
UmweltDialog: Herzlichen Dank für das Gespräch!


Erfahren Sie im zweiten Teil  unseres Exklusiv-Interviews mit Chistoph Dänzer-Vanotti mehr über die Rolle Erneuerbarer Energien, Kostentransparenz bei den Verbraucherpreisen und günstige Tarife für sozial Schwache.
Quelle: UD
 
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