Linde Healthcare: Neue Wege für Intensiv-Pflege

Gesundheitssektor und Kostenexplosion sind zu Zwillingsbegriffen geworden. In einer immer älter und damit auch krankheitsanfälliger werdenden Gesellschaft stellt sich die Frage: Wie kann man Humanität und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen? UmweltDialog sprach darüber mit Gordon Holfter, Geschäftsführer der Linde-Tochter Eibl Homecare GmbH.

04.07.2006

Eine zunehmend vergreisende Gesellschaft, neue Behandlungsmethoden und nicht zuletzt auch das wachsende Wissen um Krankheiten machen seit Jahren das bundesdeutsche Gesundheitswesen selbst zu einem finanziellen Pflegefall. Eigentlich jede Bundesregierung der letzten Jahrzehnte hat daher zu einer Gesundheitsreform ausgeholt, um die Kosten und Beitragssätze nicht weiter steigen zu lassen. Nachhaltige Effekte blieben zumeist aus. Dabei flossen im vergangenen Jahr insgesamt 145 Milliarden Euro in die Gemeinschaftskassen.
 
Es sei die zentrale Herausforderung, erzählt Gordon Holfter, Geschäftsführer der Firma Eibl Homecare GmbH, hier Lösungen zu finden, die deutlich Kosten einsparen, aber nicht zu Lasten von Qualität und Menschlichkeit gehen. Das klingt wie die Suche nach der Zauberformel. Die hat der langjährige Linde-Manager Holfter zwar auch nicht, aber sein Unternehmen bietet zumindest eine interessante Nischenlösung: Die Eibl Homecare GmbH hat sich nämlich auf die Behandlung von Langzeit-Beatmungspatienten spezialisiert. Das sind Patienten, die so schwer krank sind, dass sie in einem Krankenhaus nur auf der Intensivstation adäquat versorgt werden können. Andererseits sind die Plätze dort begrenzt. Und genau an diesem Dilemma setzt das Eibl-Geschäftsmodell an: Das Brandenburger Unternehmen bietet solche Intensivpflege an, und bleibt von den Kosten her rund 20 bis 30 Prozent unter dem Satz der Krankenhäuser. „Die Intensivstationen müssen sehr viel Technik und Leistungen für unterschiedlichste Notfälle vorhalten,“ erläutert Holfter im Gespräch. „Wir haben uns dagegen auf Beatmungs- und Entwöhnungspatienten spezialisiert. Dadurch können wir den notwendigen Aufwand definieren und die Kosten deutlich senken.“

Mehr Transparenz in der Betreuung
 
Für die Patienten ergeben sich laut Holfters Ansicht hierdurch keine Nachteile zu einer Versorgung im Krankenhaus. Beim Personal handelt es sich ausschließlich um examinierte Pflegekräfte, die meist auf einer Intensivstation gearbeitet haben. Auch die technische Ausstattung sei auf den neuesten Stand. Weil „das Haus“ aber kleiner als ein Krankenhaus sei, ergeben sich sogar deutliche Vorteile: Alle Patientenakten liegen zentral vor, dass schafft Transparenz und mehr Effizienz in der Betreuung. Werden Fachärzte benötigt, so kommen diese zum Eibl-Pflegezentrum, und die einzelnen Befunde werden so nicht bei verschiedenen Praxen verstreut. „Auch die Patienten bekommen das mit und sind froh darum,“ so Holfter. Das sei für die weitere Genesung zentral. „Nach Entlassung von der Intensivstation sollen sie trotz der schwierigen Situation durch die maschinelle Beatmung angstfrei leben können.“
Durchschnittlich 170 Tage beträgt die Verweildauer der Patienten bei Eibl Homecare. Etwa jeder Dritte kann danach nach Hause entlassen werden. Auch hier bieten die Brandenburger mit einem spezialisiertem Fachpflegedienst eine kompetente Weiterversorgung an.

Für die Krankenkassen ergeben sich durch dieses Geschäftsmodell enorme Einsparungen: So ist die Station etwa um ein Drittel billiger als eine Intensivstation, und auf die Gesamtkosten im Gesundheitswesen wirkt sich dies sogar noch deutlicher aus, da solche Fälle einen erheblichen Teil der Kosten ausmachen. Holfter: „80 Prozent der Kosten im Gesundheitswesen werden durch 20 Prozent der Versicherten verursacht.“ Dennoch erhielten die Brandenburger zu Anfang nicht nur Zuspruch von den Krankenkassen, erinnert sich Holfter. „Unser Geschäftsmodell war im herkömmlichen Abrechnungssystem nicht vorgesehen.“ Den Krankenkassen fehlte eine rechtliche Grundlage. „Die haben sich damit beholfen, dass sie es zur Einzelfallentscheidungen machten. Da gibt es dann mehr Spielräume.“  Sowohl für den Anbieter als auch die Krankenkasse eine mühsame Variante. Doch seit kurzem gibt es endlich eine gesetzliche Grundlage, und Eibl erhält seitdem bundesweit Anfragen.   

Globale Potenziale
 
Das brandenburgische Unternehmen Eibl Homecare GmbH beschäftigt heute 140 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen  Umsatz von rund sieben Millionen Euro im Jahr. Die 2002 in Mahlow eröffnete Beatmungs- und Entwöhnungsstation hat mittlerweile nach der Komplettierung eines Anbaus eine Kapazität von 38 Betten. Weitere Geschäftsfelder sind die Betreuung weniger pflegeintensiver Patienten zu Hause sowie eine medizintechnische Abteilung.

In 2005 wurde Eibl Homecare durch den Wiesbadener Gase- und Technologiekonzern Linde übernommen. Mit der Integration in das Linde-Geschäftsfeld „Healthcare“ verbinden beide Seiten große Erwartungen. So kündigte Holfter im Gespräch mit UmweltDialog an, dass Eibl eine Ausweitung auf andere Standorte in Deutschland im Blick habe. Zur Zeit beschränkt sich der Einzugsbereich des Unternehmens auf den Großraum Berlin. Beim Mutterhaus Linde denkt man darüber hinaus auch an internationale Potenziale. „Durch diese Akquisition erweitern wir unser therapeutisches Portfolio in Deutschland, und wir werden es als Basis für unsere Differenzialisierungsstrategie für hochkomplexe Pflege auch außerhalb Deutschlands nutzen“, erläuterte Kenth Drott, Marketing- und Entwicklungschef des Linde Homecare-Geschäftsfeldes.
Quelle: UD
 
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