BMW: Clean Production schafft milliardenschweren Mehrwert

Die BMW Group ist eines der umwelteffizientsten Unternehmen Deutschlands. In Geld ausgedrückt erwirtschaften die Münchner im Vergleich zum europäischen Durchschnitt einen Mehrwert von über 9,5 Mrd. Euro. Das ergab eine EU-Studie auf Basis der „Sustainable Value“-Methode. Wie schafft BMW das? Bei einem Besuch im Stammwerk München bekam UmweltDialog einen Einblick in die Produktion.

09.06.2006

Der heutige Stadtteil Milbertshofen im Münchner Norden bestand noch vor einem halben Jahrhundert überwiegend aus „Wies´n“. Auf viel Freifläche und doch vor den Toren der Landeshauptstadt entstand hier im Jahr 1916 das Bayrische Motorenwerk. Doch erst nach dem zweiten Weltkrieg kam 1952 der Durchbruch mit der Umstellung auf Automobile. Seitdem hat sich nicht nur das Unternehmen BMW rasant verändert, sondern auch der Standort München. Heute liegt das Stammwerk mitten in der Stadt und Werksausdehnungen sind kaum möglich. Dieser Platzmangel macht erfinderisch und effizient. Die BMW Group produziert mittlerweile auf gleicher Fläche mehr Fahrzeuge denn je, indem es die Produktionsstrecken raffiniert ineinander und sogar übereinander verschachtelt angeordnet hat.

Doch die BMW Group ist nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch höchst effizient, wie eine aktuelle Studie belegt. Hierzu haben Forscher im Auftrag der EU erstmals 65 Unternehmen analysiert. Die BMW Group belegte dabei als bestes deutsches Unternehmen den 4. Platz. BMW sei, so das Fazit, der öko-effizienteste Automobilhersteller in Europa und schaffte im Jahr 2003 einen nachhaltigen Mehrwert von rund 9,5 Mrd. Euro. Insgesamt setzte das Unternehmen seine Umweltressourcen fast viermal effizienter ein als die EU 15 im Durchschnitt. Erfinder dieser Berechnungsmethode, die sich Sustainable Value nennt, sind die beiden Wissenschaftler Tobias Hahn und Frank Figge. Die grundlegende Logik des Sustainable-Value-Ansatzes ist einfach: „Ein Unterneh­men schafft mit einer ökologischen Ressource, wie z.B. Wasser, nur dann Wert, wenn es mit der eingesetzten Ressourcenmenge mehr Ertrag erzielt als andere Unternehmen“, erläutert der Umweltwissenschaftler Tobias Hahn.

Die Methode ist pfiffig, da sie die Nachhaltigkeit eines Unternehmens erstmals in Euro und Cent berechnet. Das macht das oft als „weichen Faktor“ gescholtene Thema CSR zu einer harten Währung und auch für Analysten greifbar. Allerdings kann das Modell Nachhaltigkeit nicht in Gänze berechnen, da es nur metrische Größen in monetäre Ergebnisse umwandeln kann. Soziales Engagement etwa ist damit nur schwerlich zu fassen. Aber gerade auf dem klassischen Umweltmanagement ansetzend verdeutlicht der Ansatz die enorme ökonomische Dimension, die durch entsprechendes Management geschaffen oder vernichtet wird.

BMW setzt auf „Clean Production“

Bei der BMW Group firmiert ökoeffiziente Produktion unter dem Schlagwort „Clean Production“. Wie bei vielen großen deutschen Industrieunternehmen ist der Ausgangspunkt dabei der betriebliche Umweltschutz, der im Laufe der Jahrzehnte zu einem komplexen CSR Management ausgeweitet wurde. 70 hauptamtliche Mitarbeiter sind weltweit an den Standorten tätig. Im letzten Jahr investierte der Konzern rund 25 Mio. Euro in produktbezogenen Umweltschutz. Den bedeutenden Mehrwert, den die EU-Studie jetzt errechnete, erwirtschaftete das Unternehmen unter anderem in drei Schlüsselbereichen: Wasser- und Energieverbrauch sowie Klimareduktion

Eine Erfolgsgeschichte beim Wasserverbrauch ist die Lackiertechnologie: Die BMW Group setzt als einziger Automobilhersteller bei der Lackierung seiner Fahrzeuge auf die sogenannte Pulverlacktechnologie. Dabei werden weder Wasser noch Lösungsmittel benötigt. Mit Erfolg: Durch einen nahezu 100% Nutzungsgrad des Pulvers werden erhebliche Materialkosten gespart und ökologische Folgekosten, etwa für Abwasser, entfallen gänzlich.

Auch im Energiesektor hat sich in der Automobilindustrie viel verändert: BMW konnte in den letzten zehn Jahren den Energieverbrauch für die Herstellung eines Fahrzeugs um rund 25% auf heute 2,94 MWh reduzieren. Erreicht wurde dies zum Beispiel dadurch, dass die Wärme aus der Abluft genutzt wird, um die Produktionshallen zu beheizen. Dennoch ist der Verbrauch pro Einheit in diesem Industriesegment traditionell hoch, und die Frage nach der Herkunft der Energie wird hier für eine Gesamtbetrachtung der CSR-Performance künftig zunehmend interessant. Dank der Verringerung des Energiewerbrauchs konnte in der letzten Dekade auch der Ausstoß am Klimakiller Kohlendioxid (CO2) um 20% gesenkt werden. Dies macht sich auch monetär bei der BMW Group bemerkbar: Das Unternehmen unterliegt dem europäischen Emissionshandel  EU-ETS. In 2005 hatte es eine ausgeglichene Bilanz - es erhielt genauso viele Emissionszertifikate zugeteilt, wie es verbrauchte.

US Werk  setzt auf  Erneuerbare Energien

Welche Potenziale hier im Einzelnen noch möglich sind, zeigt eine jüngste Maßnahme des BMW Werks Spartanburg in South Carolina: Dort hat  man die Energieversorgung der Lackiererei zum Mai 2006 vollständig auf recyceltes Methangas umgestellt. Das Gas entsteht beim biologischen Abbau von Abfallstoffen in einer 15 Kilometer entfernten Abfalldeponie. Das BMW Werk in Spartanburg erschließt damit eine bisher ungenutzte erneuerbare Energiequelle und entlastet gleichzeitig die Umwelt. Insgesamt bezieht das BMW Werk Spartanburg rund 50% seiner Energie über Methangas. Damit verringern sich die CO2 Emissionen um ca. 17.000 Tonnen pro Jahr - das entspricht in etwa dem Energiebedarf von 10.000 amerikanischen Haushalten. Gleichzeitig sinken die jährlichen Energiekosten im Werk um einen sechsstelligen Euro-Betrag.

Im Jahr 2002 wurde zum ersten Mal recyceltes Methangas zur Energieversorgung des Werkes genutzt. Die Ergebnisse der Pilotanwendung haben überzeugt und den Grundstein für die jetzige 100% Energieabdeckung in der Lackiererei gelegt.

Das Projekt im BMW Werk Spartanburg ist Teil eines Programms der US-Umweltschutzbehörde EPA (Environmental Protection Agency) zur stärkeren Nutzung von Gas aus Deponien. Die EPA unterstützt Unternehmen darin, die Umwelt zu entlasten, die Zukunft nachhaltig zu sichern und die Betriebskosten zu senken.

Zulieferanteil aus Niedriglohnländern steigt

Fazit: Mit seiner „Clean Production“ setzt die BMW Group auch über die eigene Branche hinaus Maßstäbe. Der durch die Sustainable Value-Methode gemessene Vorsprung zu den Wettbewerbern ist gewaltig. Möglich wird dies nicht zuletzt auch dadurch, dass BMW sich mit seinem Produktangebot im Premiumsegment bewegt, also die „Einpreisung“ von Umweltqualität beim Kunden leichter durchsetzen kann. Dass dies von den Käufern auch akzeptiert wird, zeigen die seit Jahren kontinuierlichen Absatzsteigerungen. Allerdings spüren auch die Münchner den globalen Wettbewerbsdruck: Einkaufsvorstand Burkhard Göschel erklärte jüngst gegenüber der Wirtschaftswoche, dass der Konzern künftig verstärkt Komponenten in Niedriglohnländern bestellen werde. "Da kann man jede Menge Kosten sparen", so Göschel im Magazin. So soll der derzeitige Zulieferanteil von 15 Prozent in den kommenden fünf Jahren auf mindestens 25 Prozent erhöht werden. "Der Preisdruck lässt gar nichts anderes mehr zu," zitiert ihn die Wirtschaftswoche. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten wird daher künftig das Augenmerk noch stärker als bisher auf die Supply Chain rücken müssen.

Quelle: UD
 
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