„Wir entfalten unsere Flügel“ - VW in Polen

Globalisierung wird von vielen als Bedrohung empfunden: Von Jobkillern, Lohn- und Sozialdumping ist hierzulande oft die Rede. Wenn durch Globalisierung neue Produktionsstätten im Ausland entstehen, ergeben sich aber auch Chancen und Hoffnungen. Das Beispiel Poznán in Polen zeigt, wie der Volkswagen-Konzern dort Arbeitsplätze und Existenzen schafft.

28.04.2006

Wer schon einmal mit dem Zug von Berlin nach Warschau gefahren ist, kennt den Namen vom Bahnhofsschild: Poznán, das frühere Posen, ist der einzige Ort, an dem alle internationalen Züge zwischen der deutschen Grenze und Warschau halten. Die Partnerstadt von Hannover boomt seit dem EU-Beitritt Polens sichtlich: Die Arbeitslosenzahl ist mit 6,1 Prozent die zweitniedrigste im ganzen Land. Den wirtschaftlichen Aufschwung verdankt es zahlreichen ausländischen Unternehmen, die sich in der gut angebundenen Stadt angesiedelt haben. Ein Investor der ersten Stunde ist dabei Volkwagen: Ursprünglich war das Werk Poznán eine herkömmliche Automontagestätte. Volkswagen stieß 1993 im Rahmen eines Joint Venture mit dem polnischen Hersteller Tarpan dazu. Drei Jahre später übernahmen die Wolfsburger den Standort zu 100 % und bauten Poznán zu einer modernen Automobilfabrik aus, die westeuropäischen Umwelt-, Qualitäts- und Sozialstandards entspricht. Heute werden dort die Modelle Caddy und der Transporter T5 serienmäßig produziert. Täglich rollen 625 Fahrzeuge vom Band, womit das Werk fast voll ausgelastet ist, so Volkswagen. Darüber hinaus stellen die Polen Komponenten für andere Modelle des VW-Konzerns her wie etwa Zylinderköpfe oder Lenkgehäuse aus Aluminiumlegierung.

Standards über EU-Auflagen

Seit dem EU-Beitritt Polens in 2004 gelten nun auch dort die strengen  Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards der europäischen Gemeinschaft. Ist dies im Zeitalter der Globalisierung, wo Unternehmen gerne dorthin gehen, wo die Gewinne groß und die Pflichten niedrig sind, ein Wettbewerbsnachteil? Mitnichten, wie das Beispiel VW Poznán zeigt:  Im letzten Jahr produzierten die 6.900 Arbeiter 155.000 Fahrzeuge und lieferten 4,5 Millionen Bauteile in den Konzernverbund. Mit einem Umsatz von 1,7 Mrd. Euro, der fast vollständig durch den Export der Waren erwirtschaftet wird, ist VW Poznán heute der zweitgrößte Exporteur Polens. Bei Umweltstandards gibt es keine Abstriche: Das Werk ist nach modernen Regeln wie etwa ISO 14001 zertifiziert. Gezielt geht Poznán über die geforderten EU-Maßstäbe und die durch Zertifizierung erworbenen technischen Standards hinaus, um frühzeitig für mögliche künftige Trends gerüstet zu sein: So sieht etwa die polnische Gesetzgebung keine Umweltschutzschulungen vor. Dennoch absolvieren jährlich mehr als die Hälfte der Mitarbeiter solche Programme.

Seit 2002 mobilisiert Volkswagen Poznán in einer groß angelegten Kampagne seine Mitarbeiter für mehr Eigeninitiative, Erfindergeist und Engagement. Unter dem Motto „Wir entfalten unsere Flügel“ soll für Eigenverantwortung geworben werden. Ziel des Projektes ist es, die Weiterentwicklung der Region hin zu einem Kompetenzzentrum des Automobilbaus zu forcieren, so der VW-Nachhaltigkeitsbericht „Generationen bewegen“. Der Konzern hofft damit die Qualität zu steigern und die Kosten zu senken. Die Mitarbeiter und Lieferanten ihrerseits sichern ihre Arbeitsplätze und identifizieren sich stärker mit dem Werk. Das führt zu Qualitätssteigerungen, von denen letztlich der Gesamtkonzern profitiert.

Wir-Gefühl steigern

Im Herbst 2004 begann die zweite Phase von „Wir entfalten unsere Flügel“. Dabei wurden  ausgewählte Mitarbeiter in Teamarbeit geschult. „Die Idee des Transformationsprozesses ist deshalb so faszinierend, weil alle Führungskräfte und mehr als 600 Mitarbeiter durch die Arbeit an sieben Projekten aktiv Einfluss auf die Verbesserungs- und Veränderungsprozesse nehmen konnten,“ so Christiane Hesse von der Personalabteilung gegenüber „Generationen bewegen“. Die Absolventen der Kurse sind ihrerseits nun Vermittler dieser neuen Ideen. Sie berichten den Kollegen, zeigen, erklären und verfolgen die beginnenden Veränderungen an vielen Stellen. Das schafft Verantwortung und Wir-Gefühl. Auch Anna Habczyk aus der Qualitätssicherung  empfindet das so: „Es war gut, eigene Ideen mutig vortragen zu können. Diese Arbeit hat uns zu Aktivität und Kreativität angeregt.“

Künftig steht die dritte Stufe des Projektes an, bei dem Volkswagen sich als „guter Nachbar“ in der Region präsentieren möchte. Schon heute übt VW Poznán einen großen Einfluss auf die umliegende Wirtschaft aus - etwa durch die Einbindung der Zulieferbetriebe. Rund 1.000 Arbeitsplätze sind in diesen Betrieben seit Beginn der Fertigung von Caddy und T5 rund um Poznán entstanden. Die Nähe der Zulieferer ermögliche „Just in time“-Produktionsverfahren und senke die Kosten durch kurze Lieferwege, so VW. Ryszard Grobelny, Bürgermeister von Poznán, weiß daher um die Wichtigkeit des Werkes: „Volkswagen Poznán ist in unserer Stadt bereits seit über zwölf Jahren präsent. In dieser Zeit ist die Fabrik zu einem festen Bestandteil der Gesellschaft und der Stadt selbst geworden,“ so der Bürgermeister in „Generationen bewegen“. „VW Poznán ist nicht nur einer der größten Investoren in Poznán, sondern vor allem der größte Arbeitgeber. Die Präsenz der Fabrik eines so bekannten Konzerns ist eine Visitenkarte für die Stadt und lockt weitere Investoren an.“

Quelle: UD
 
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