Gesundheitspolitik in Betrieben muss Chefsache werden

In Deutschland wird viel investiert, um gesundheitliche Schäden zu beseitigen und auszugleichen - aber zu wenig, um Krankheiten von Beschäftigten in Betrieben vorzubeugen. Diesen Missstand kritisiert die von der Bertelsmann Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung gebildete Expertenkommission "Betriebliche Gesundheitspolitik" in ihrem Abschlussbericht.

28.04.2004

Unternehmen, Verwaltungen und Dienstleistungsorganisationen sollten mehr Verantwortung für die Gesundheit ihrer Beschäftigten übernehmen und selbst eine aktive Gesundheitspolitik betreiben, so die Experten. In der Kommission arbeiten seit 2001 Fachleute aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Berufsverbänden, Gesundheitsinstitutionen und Berufsgenossenschaften zusammen.

Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz sowie Angaben der gesetzlichen Krankenkassen machen das Ungleichgewicht deutlich: 2001 gaben die Krankenkassen pro Mitglied rund 2.600 Euro für Kranken-behandlung aus, aber nur etwas weniger als zwei Euro für gesundheits-erhaltende Maßnahmen. Allein im Jahr 2002 verursachte Arbeitsunfähigkeit einen Produktionsausfall von etwa 44 Milliarden Euro. Zwei Jahre zuvor waren es noch 37 Milliarden Euro. Krankheiten des Skeletts und der Muskeln waren mit 27 Prozent die häufigste Ursache für Arbeits-unfähigkeit. 17 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage gingen auf Verletzungen zurück, 16 Prozent auf Krankheiten der Atmungsorgane.

"Unsere Wirtschaft kann nur durch innovative Produkte, durch Wissen und Kompetenz international wettbewerbsfähig bleiben. Dafür brauchen unsere Betriebe gesunde, gut qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gesunde Arbeitsplätze und leistungsfähige und engagierte Beschäftigte sind deshalb für jedes Unternehmen ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg und eine wichtige Voraussetzung, um Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen", sagte der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement, anlässlich der Vorstellung der Kommissions-Empfehlungen.

"Die entstehenden Kosten drohen auf Dauer die sozialen Sicherungs-systeme zu überfrachten und die Lohnkosten weiter ansteigen zu lassen", warnte der Vorsitzende der Expertenkommission Hermann Rappe. Gesundheitsförderung sei aber nicht nur Sache des Staates sondern auch der Betriebe. Dort müsse sie oberste Priorität haben. Sie müsse zur Führungsaufgabe werden, systematisch geplant sein und das Wissen über neue Krankheitsbilder und -ursachen berücksichtigen. Eine besondere Rolle sollten auch die Qualität der Menschenführung, die Unternehmenskultur und die zwischenmenschlichen Beziehungen spielen.

Gesundheitliche Aspekte hätten in der Betriebs- und Tarifpolitik jahrelang kaum eine Rolle gespielt. Das sei auch betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll. "Investitionen in Mitarbeiter steigern den Unternehmenswert", betonte der wissenschaftliche Leiter der Studie Bernhard Badura, Universität Bielefeld. Mitarbeiter sollten nicht als "Kostenfaktoren" bewertet werden sondern als Ressourcen, die wirtschaftlichen Erfolg ermöglichen. "Gesunde Organisationen fördern beides: Wohlbefinden und Produktivität ihrer Mitglieder", sagte Badura. Politik und Verbände müssten dies unterstützen.

In Zusammenhang mit dem Bericht der Expertenkommission haben sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) auf eine gemeinsame Empfehlung geeinigt. Sie thematisiert den integrierten Arbeitsschutz, praxisgerechte Instrumente und Beratung, gemeinsame Initiativen, den Dialog mit überbetrieblichen Akteuren und den Ausbau der Prävention.
Quelle: UD
 
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