Was Unternehmen aus der BP-Krise lernen können

Wer in diesen Tagen ein Paradebeispiel für misslungene Krisenkommunikation sucht, dem fällt schnell BP ein. Der Energieriese tut sich nicht nur bei der Bekämpfung der Ölpest im Golf von Mexiko schwer. Auch bei der Krisenkommunikation macht der Konzern eine unglückliche Figur. Welche Fehler BP von Beginn an gemacht hat und was Unternehmen in einer solchen Situation tun sollten, erläutert der Experte für Krisenkommunikation, Peter Metzinger.

08.07.2010

Verschiedene Organaisationen demonstrieren an BP-Zentrale in Washington. Foto: BridgetteBlair, Public Citizen, flickr.com
Verschiedene Organaisationen demonstrieren an BP-Zentrale in Washington. Foto: BridgetteBlair, Public Citizen, flickr.com
Herr Metzinger, der Fall BP beschäftigt Medien und Menschen nun schon eine ganze Weile und die Negativ-Schlagzeilen reißen nicht ab. Was ist aus Ihrer Sicht als Krisenexperte da von Anfang an grundlegend schief gelaufen?

Peter Metzinger: Tony Hayward, der CEO von BP war nicht vorbereitet. Er hatte weder eine klare Kommunikationsstrategie für diese Krise, noch das  geringste Gespür für diejenigen, die seine Botschaften interpretierten. Ich sage bewusst "interpretierten", denn es geht in der Kommunikation nie um die Wahrnehmung von Fakten. Menschen machen sich ihre Meinungen und treffen Entscheidungen aufgrund der Interpretation von Fakten und Botschaften. Es ist völlig unverständlich, dass BP keinen Plan für einen solchen Unfall hatte. Man hätte dies voraussehen und besser vorbereiten können. So entstand dann neben der eigentlichen Story über die Katastrophe, eine weitere Story über die Kommunikationskatastrophe, und aus dieser eine weitere über die schlechte Vorbereitung. Die Sache geriet vollends außer Kontrolle, als die amerikanische Politik die Themenführerschaft übernahm. Der zweite Fehler ist deshalb, dass man es versäumt hat, die Erwartungen der Öffentlichkeit und der anderen Stakeholder aktiv zu managen. Man hat immer wieder zu viel versprochen, anstatt verlässliche Informationen zu geben. Lieber kleine, erreichbare Ziele kommunizieren, als welche, von denen man nicht weiß, ob man sie wirklich schafft. Durch letzteres wurden Erwartungen geweckt, die dann enttäuscht wurden, und BP geriet noch weiter in die Defensive.

Was sollte BP Ihrer Meinung nach jetzt tun? Kann man in dieser Situation überhaupt noch etwas richtig machen? Wie geht man jetzt mit so einem Imageschaden um?

Metzinger:  In einer solchen Situation kann man fast nur noch Schaden begrenzen. Was man höchstens noch erreichen kann, ist eine Kehrtwende, die den Beginn einer langfristigen Arbeit bedeutet, mit dem Ziel, im Laufe der kommenden Jahre das Vertrauen Stück für Stück wiederherzustellen. Dazu müsste der Konzern aber zuallererst einmal lernen, zuzuhören und die Erwartungen, Meinungen und Interpretationen seiner Stakeholder ernst zu nehmen. Genauso wichtig ist es, konsequent bei der Wahrheit zu bleiben, egal wie schmerzlich das ist oder welche Risiken sonst noch damit verbunden sind. Drittens sollte BP, wie oben erwähnt, die Erwartungen aktiv und zielgerichtet managen. Und zu guter Letzt reichen Worte alleine nicht aus, es braucht ein freiwilliges und großzügiges Engagement bei den
Schadenersatzleistungen.

Wie kann man sich auf internationale Krisen vorbereiten? Kann man das überhaupt?

Metzinger: Es gibt beim Militär den Spruch "Kein Plan überlebt den Kontakt mit dem Feind". Häufig wird diese "Erkenntnis" als Ausrede dafür gebraucht, man könne sich sowieso nicht auf eine Krise vorbereiten. Dabei wird aber unterschlagen, dass man beim Militär trotzdem plant. Denn wer einen Plan hat, kann eine neue Situation schneller analysieren und rascher die besseren Entscheidungen treffen, schlicht und einfach, weil man sich schon gedanklich mit den verschiedenen denkbaren Szenarien auseinandergesetzt hat. Zur Vorbereitung gehört deshalb eine Szenarienplanung, eine klare Festlegung, welchen Zielen die Krisenkommunikation dienen soll und, daraus abgeleitet, eine SWOT-Analyse. Die dort identifizierten Schwächen können dann im Alltagsmodus in aller Ruhe eliminiert werden, so dass man bei Eintritt einer Krise  allein schon organisatorisch, infrastrukturell und im Hinblick auf Wissen besser vorbereitet ist.

Wie sieht es mit Chancen und Risiken beim Einsatz von Social Media in dieser Situation aus?

Metzinger:  Social Media bieten die Möglichkeit, ungefiltert in einen direkten Dialog mit der interessierten Öffentlichkeit zu treten. Meinungen wurden früher am Stammtisch gemacht und nicht durch die Massenmedien, heute werden sie zu einem wesentlichen Teil in Social Media gemacht. Nicht zu übersehen ist dabei die Tatsache, dass die jüngeren Generationen fast nur noch über Social Media und andere Online-Plattformen erreicht werden. Zwar gibt es durchaus auch Risiken, nämlich zum Beispiel, dass sich eine negative Nachricht sehr schnell weiterverbreitet und die Community die Kontrolle übernimmt. Diese Risiken bestehen aber genauso, wenn man nicht in Social Media aktiv wird. Wer diese Risiken dämpfen will, kommt nicht darum herum, in Social Media aktiv zu werden und auch hier die Themenführerschaft anzustreben.

Was können Unternehmen aus dem BP-Skandal lernen?

Metzinger:  Kurz gesagt, alles, was man nicht tun sollte. Positiv formuliert: Sich wirklich vorbereiten, nur vorbereitete und erfahrene Personen mit genügend Empathie für die Stakeholder an die Kommunikationsfront, transparent und offensiv die Wahrheit kommunizieren, Erwartungen aktiv managen. Zuerst zuhören, dann reden. Manchmal ist es besser, einzusehen, dass man den Schaden nur noch begrenzen kann. Jeder Versuch, die sprudelnden, kritischen Quellen zu verstopfen, geht grausam schief und nach hinten los.
Quelle: UD / na
 
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