Lieferkette

SustainHub: Mehr Transparenz für Lieferketten

Wie kann nachhaltiges Lieferkettenmanagement in der Automobil- und Elektronikindustrie erleichtert und angesichts komplexer werdender Lieferantenbeziehungen Transparenz bewahrt werden? Dieser Frage geht das 2012 gestartete, von der Europäischen Kommission geförderte Forschungsprojekt Sustainability Data Exchange Hub (SustainHub) nach. Das auf drei Jahre angelegte Projekt zielt darauf, eine Softwarelösung für das Sammeln und den Austausch von nachhaltigkeitsrelevanten Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu entwickeln.

04.12.2014

Schematischer Aufbau und Funktionsweise des SustainHub-Datenbanksystems.
Schematischer Aufbau und Funktionsweise des SustainHub-Datenbanksystems.

Lieferantenbeziehungen werden von großen Unternehmen als komplex bzw. sehr komplex wahrgenommen. Das geht aus einer Studie der Leuphana Universität aus dem Jahr 2010 hervor. So geben Dreiviertel der befragten Unternehmen an, dass die Produktions- und Dienstleistungsstandorte internationaler geworden sind und die Anzahl der Lieferländer und Lieferanten zugenommen hat. Insbesondere für Hochtechnologieunternehmen der Automobil- und Elektronikindustrie wird es somit immer schwieriger, die Herstellung eines Produkts mit Blick auf die gesamte Lieferkette zu kontrollieren. Ein Fahrzeug beispielsweise besteht aus über 10.000 Teilen – und ist damit Produkt einer sehr komplexen Wertschöpfungskette.

Umweltfreundliche Produkte stark nachgefragt

Neben der durch die Globalisierung bedingten internationalen Verflechtung sehen sich deutsche Unternehmen laut Studie mit einer steigenden Nachfrage von Verbrauchern nach umweltfreundlichen und nachhaltigen Produkten und einer wachsenden Anzahl von Umweltbestimmungen konfrontiert. Zu diesen zählen beispielsweise die RoHS-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances) oder die REACH-Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals). Infolgedessen müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie über die gesamte Lieferkette hinweg den hohen Qualitätsanforderungen an nachhaltige Produkte entsprechen. Ein effektiver Austausch von Informationen über die Nachhaltigkeit der Produkte wird vor diesem Hintergrund für Unternehmen immer wichtiger und zu einem bedeutenden Wettbewerbsfaktor auf dem Markt.

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SustainHub: weniger Aufwand, mehr Transparenz

„Eine Analyse der Daten, zum Beispiel im Hinblick auf Schadstoffe, ist normalerweise sehr teuer und aufwändig“, erläutert Dipl.-Ing. Jürgen Henke vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (Fraunhofer IPA). Das Fraunhofer IPA koordiniert das Projekt SustainHub, das darauf zielt, das Management nachhaltigkeitsbezogener Informationen entlang der Lieferkette – von der Generierung über die Auswertung bis hin zum Austausch – für Unternehmen zu erleichtern. Für das unter dem „Seventh Framework Programme“ der Europäischen Kommission geförderte Projekt haben sich 15 Partner aus sieben Ländern zusammengeschlossen. Neben dem Fraunhofer-Institut engagieren sich weitere Experten aus Universitäten, Forschungsinstituten und beispielsweise der Elektronik- und Automobilbranche sowie das Software- und Beratungsunternehmen iPoint-Systems in dem EU-Projekt. „Das Projekt zeigt, welches Potenzial in einem verbesserten Datenaustausch zwischen den Unternehmen steckt. Aktuell haben vor allem kleine und mittlere Unternehmen damit zu kämpfen, die vielfältigen Anforderungen Ihrer Kunden bezüglich Detailtiefe und Datenqualität zu bedienen. Die technischen Innovationen im SustainHub ermöglichen es, die Aufwände bei diesen Unternehmen deutlich zu senken und ermöglichen ihnen, die Bereitstellung von Nachhaltigkeitsdaten als Wettbewerbsvorteil wahrzunehmen“, sagt Tom Bley, Projektmanager Nachhaltigkeit iPoint-systems.

Bessere Risikoanalyse

Gemeinsames Ziel ist demnach die Entwicklung eines Datendrehkreuzes für den Austausch von Nachhaltigkeitsdaten in Wertschöpfungsketten als flexibles System, das Neuerungen bei Richtlinien und Produkten berücksichtigt und durch eine kontinuierliche Erweiterung der Daten immer auf dem neuesten Stand ist. Zudem soll es mit einem Testnetzwerk dem Austausch über und dem gemeinschaftlichen Gebrauch von vorhandenen und fehlenden Daten und Tests (zum Beispiel RoHS-Screenings) dienen und die Risikoanalyse verbessern.

Ein „international klar definiertes Bewertungsgerüst“ für Nachhaltigkeitsdaten gebe es bisher nicht, sagt Professor Rupert Baumgartner in dem Online-Magazin der Karl-Franzens-Universität Graz, die ebenfalls an der Entwicklung der Datendrehscheibe arbeitet. Daher gelte es im Rahmen des Projekts „Kennzahlen und Indikatoren festzulegen, um die Daten mess- und vergleichbar zu machen.“ Ein Etappenziel sei bereits erreicht worden: „Wir haben mehr als 150 Nachhaltigkeitsaspekte identifiziert und rund 70 Indikatoren definiert".

Anwendungsbeispiele

Ein Beispiel für die Anwendung des SustainHub-Systems in der Elektronikindustrie ist der Austausch von Analysedaten von elektronischen Bauelementen zwischen Unternehmen, die gleiche Bauelemente einsetzen. Elektronikhersteller können so Daten zur RoHS-Konformität bestimmter Bauelemente austauschen. Auf diese Weise muss nicht jeder Hersteller die immer gleichen Bauelemente analysieren lassen.

Eine weitere Funktion sind im Projekt entwickelte Algorithmen, die aus allen möglichen verfügbaren Quellen Daten sammeln und analysieren. Das Internet kann dann beispielsweise durchsucht werden nach bestimmten Stichworten im Zusammenhang mit speziellen Stoffen. So kann frühzeitig erkannt werden, ob bei bestimmten Stoffen in absehbarer Zeit mit gesetzlichen Verboten zu rechnen ist.

Erste Tests des entwickelten Softwareprototyps seien äußerst vielversprechend verlaufen, sagt Tom Bley von iPoint-systems. Ende Januar 2015 soll die Testphase abgeschlossen sein.

Quelle: UD/cp
 

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