Circular Economy

Ein zweites Leben für Nespresso Kapseln

Deutschland ist europäischer Spitzenreiter beim Verpackungsmüll. Trotz einer sehr guten Sammelinfrastruktur besteht bei der Recyclingquote noch Optimierungsbedarf. Das neue Verpackungsgesetz ab 2019 will genau das angehen. Was aber können Hersteller tun?

11.05.2018

Ein zweites Leben für Nespresso Kapseln

Um bei dieser Entwicklung Schritt halten zu können, müssen Hersteller ihre Verpackungen weiter optimieren. Der Kaffeekapsel-Hersteller Nespresso ist hier Vorreiter, lassen sich die Kapseln doch einfach und gut recyceln. Dafür hat das Unternehmen seine Kapseln bereits 1993 freiwillig beim Grünen Punkt lizenzieren lassen. So finden gebrauchte Kapseln in einer Vielzahl von Produkten neue Anwendung.

Ob Alu-Dose, Joghurtbecher oder Getränkekarton: Jeder Bundesbürger wirft im Schnitt pro Jahr mehr als 200 Kilogramm an Verpackungen weg. Damit ist Deutschland Europameister beim Verpackungsmüll – kein Titel, auf den man stolz sein könnte. Hinzu kommt: Gerade einmal 15 Prozent dieses Mülls werden recycelt, ein Großteil landet zusammen mit dem Restmüll in Verbrennungsanlagen. Dadurch gehen viele wertvolle Rohstoffe verloren.

Immerhin: Die Trennung und Verwertung von sogenannten Siedlungsabfällen funktioniert heutzutage viel besser als noch vor rund 25 Jahren. Das belegt eine Erhebung der DSD – Duales System Holding. Während Restmüll im Jahr 1990 noch einen Anteil von 30,5 Millionen Tonnen an der Gesamtmenge des Abfalls aus privaten Haushalten ausmachte, belief sich sein Anteil im Jahr 2014 nur noch auf 13,1 Millionen Tonnen. Leichtverpackungen aus Aluminium oder Kunststoff machten im selben Jahr einen Anteil von 2,5 Millionen Tonnen aus. Laut einer Studie des Öko-Instituts hat die Verwertung von Leichtverpackungen die beste Klimabilanz aller Siedlungsabfallarten und trägt pro Tonne 19 Mal mehr zum Klimaschutz bei als die Entsorgung des Restmülls.

Von der Tonne zum Wertstoffballen

Der Weg zur Verwertung und zum Recycling führt von den Haushalten über die Sammlungen der dualen Systeme – sprich: den gelben Sack, die gelbe Tonne oder die Wertstofftonne – zunächst bis in die Aufnahmehallen der Sortieranlagen.

Ein Fahrzeug der Firma Lobbe lädt Müll ab.
Ein Fahrzeug der Firma Lobbe lädt Müll ab.

Die europaweit modernste Anlage steht in Iserlohn-Sümmern. Auf dem Werksgelände der von der Firma Lobbe betriebenen Anlage herrscht täglich reger Betrieb. Nur sonntags stehen die Förderbänder still. Jährlich werden hier 95.000 Tonnen Leichtverpackungen, darunter Kunststoffe, Weißbleche, Verbundverpackungen, Folien und Aluminium, abgeladen und sortiert.

Der Sortierungsvorgang beginnt mit der Sichtung des Materials nach Größe und Gewicht. So entstehen unterschiedliche Materialströme, die über Förderbänder mehrere Sortierungsstufen durchlaufen.

Müll wird über Bänder befördert und sortiert.
Müll wird über Bänder befördert und sortiert.

In der Siebtrommel fällt das Material je nach Größe durch unterschiedliche Löcher auf verschiedene Förderbänder. In einem nächsten Schritt werden im sogenannten Windsichter leichte Verpackungen wie Folien separiert. Bei der Metallabscheidung werden dann Weißbleche und anderes Eisen wie Schrauben oder Konservendosen abgetrennt.

Nichteisenmetalle wie Aluminium wiederum werden mithilfe eines sogenannten Wirbelstromscheiders ausgesondert. Hierbei erzeugen rotierende Magnete einen Wirbelstrom im Aluminium, das so vom Band abgestoßen und über eine Trennwand geworfen wird.

Die Kaffeekapseln werden gut vom Sortiersystem erkannt und können leicht aussortiert werden.
Die Kaffeekapseln werden gut vom Sortiersystem erkannt und können leicht aussortiert werden.
Aluminium wird mithilfe eines Wirbelstromscheiders ausgesondert.
Aluminium wird mithilfe eines Wirbelstromscheiders ausgesondert.
 
 
Die Kaffeekapseln werden gut vom Sortiersystem erkannt und können leicht aussortiert werden.
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Aluminium wird mithilfe eines Wirbelstromscheiders ausgesondert.
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Es folgt die optische Sortierung: Nahinfrarotgeräte trennen hier mithilfe von Druckluft die Verbundverpackungen wie Getränkekartons oder die einzelnen Kunststoffarten wie Polyethylen, Polypropylen, PET oder Polystyrol ab. Teilweise werden die einzelnen Materialströme am Ende noch einmal von Hand sortiert und etwa auf Fremdstoffe hin überprüft. Zu übermannshohen Wertstoffballen verpresst, wird das sortenreine Material schließlich der weiterverarbeitenden Industrie zur Verfügung gestellt.

Das sortierte Material wird zu Werstoffballen verpresst.
Das sortierte Material wird zu Werstoffballen verpresst.

Aluminium: Wertstoff anstatt Abfall

Kunststoffe machen mit jährlich 1,2 Millionen Tonnen den Großteil des Verpackungsmaterials aus, das aus den Sammlungen in die Sortieranlage in Südwestfalen gelangt. Zum Vergleich: Der Aluminiumanteil ist mit 75 Tausend Tonnen deutlich geringer. Auch Nespresso greift für seine Kaffeekapseln auf aluminiumhaltiges Verpackungsmaterial zurück. Das Material schützt den hochwertigen Inhalt optimal vor Umwelteinflüssen wie Luft, Licht und Feuchtigkeit und trägt damit zu einer längeren Haltbarkeit und zum Aromaschutz bei. Die Aluminiumkapseln lassen sich zudem besonders gut recyceln. Das wurde dem Unternehmen auch durch das unabhängige Institut cyclos-HTP bestätigt. Die Kapseln werden gut vom Sortiersystem erkannt und werden so effizient für die Wiederverwertung aussortiert.

Einmal sortiert, wird Aluminium in sogenannten Pyrolyseanlagen weiterverarbeitet. Davon gibt es hierzulande zwei. Unter Nutzung der Energie, die unter anderem das Kaffeepulver aus den gebrauchten Nespresso Kapseln liefert, werden dort zunächst Lebensmittelreste, Lacke und Etiketten in einem Pyrolyserohr verschwelt. Nach dieser Vorbehandlung kann das Aluminium je nach Mischung und Zusammensetzung umgeschmolzen oder raffiniert werden. Während etwa Kunststoffe unter dem Recycling leiden, kann Aluminium mehrfach und nahezu ohne Qualitätseinbußen weiterverarbeitet werden.

Nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ist Deutschland der größte Aluminiumhersteller in der EU. Dabei übersteigt die Produktion aus sogenanntem Sekundäraluminium die Primärproduktion. So kamen im Jahr 2016 knapp 60 Prozent der Gesamtproduktion aus dem Recycling. Schätzungen der European Aluminium Association zufolge sind 75 Prozent des jemals produzierten Aluminiums noch heute in Verwendung. Große Teile des Sekundäraluminiums werden in Deutschland in der Bau- und Automobilbranche wiederverwendet.

Verpackungshersteller in der Pflicht

Zurück zur Verpackung: Damit diese optimal sortiert und anschließend recycelt werden können, müssen bestimmte Kriterien bei der Produktgestaltung erfüllt werden. Oftmals hängt es von kleinen Details ab, ob keine oder gute Recyclingfähigkeit erreicht wird. Das Problem: Viele Verpackungshersteller nehmen darauf noch keine Rücksicht. Hier besteht noch viel Verbesserungspotenzial. Das weiß man auch bei Lobbe: "Immer mehr Produkte werden in sogenannten Multilayer-Verpackungen oder Verbunden auf den Markt gebracht. Diese sind praktisch gar nicht mehr trennbar und somit trotz innovativer Sortiertechnik für die stoffliche Verwertung verloren. Hier sind die Verpackungshersteller in der Pflicht, ihre Produkte recyclingfähig und ressourcenschonend zu gestalten", erklärte Lobbe-Geschäftsführer Michael Wieczorek kürzlich gegenüber der Presse. Nespresso Kapseln punkten hier mit ihrer Materialzusammensetzung, die eine leichte Trennung ermöglicht. Sie bestehen zu rund 90 Prozent aus Aluminium sowie aus einer dünnen Beschichtung aus Polyurethan und Lack.

Nespresso Kapseln punkten mit ihrer Materialzusammensetzung. Diese ermöglicht eine leichte Trennung.
Nespresso Kapseln punkten mit ihrer Materialzusammensetzung. Diese ermöglicht eine leichte Trennung.

Neues Verpackungsgesetz ab 2019

Durch das neue Verpackungsgesetz, das 2019 in Kraft tritt und die derzeitige Verpackungsordnung ablöst, hat das Thema Verpackungsrecycling eine neue Brisanz erhalten. Das Gesetz sieht deutlich höhere Recyclingquoten für die im Dualen System lizenzierten Verpackungen vor. So soll zum Beispiel die Aluminium-Recyclingquote ab 2019 auf 80 Prozent und bis zum Jahr 2022 auf 90 Prozent angehoben werden. Zum Vergleich: Die Recyclingquote für Kunststoffe liegt derzeit bei 60 Prozent und soll bis 2022 schrittweise auf 90 Prozent erhöht werden. Das stellt Hersteller, Händler und Abfallwirtschaft vor gleichermaßen große Herausforderungen.

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Verbraucher sind für den Recyclingerfolg entscheidend

Aber auch jeder Einzelne ist gefragt. So leisten Verbraucher mit einer guten Vorsortierung einen wichtigen Beitrag dazu, dass Verpackungen dem Recycling zugeführt und effektiv wiederverwertet werden können. Landen etwa große Steine, Fahrradfelgen, alte Videokassetten oder auch nasser Biomüll auf den Förderbändern der Anlagen, kann dies den Sortierungsvorgang erheblich erschweren und die Qualität des Materials deutlich herabsetzen.

Um seinen Kunden das Recycling der Kapseln so einfach wie möglich zu machen, hat Nespresso verschiedene Maßnahmen implementiert. Dazu zählt – neben der Entsorgung über die dualen Systeme – auch die Möglichkeit, gebrauchte Kapseln in den Boutiquen abzugeben. Von dort aus führt man die Kapseln ebenfalls dem Dualen System zu. Daneben informiert Nespresso seine Kunden regelmäßig in Mailings und über Informationsmaterial in den Boutiquen über die Recyclingmöglichkeiten. Schließlich gibt es in 18 Ländern den sogenannten Service "Recycling@home", bei dem der Postbote die gebrauchten Kapseln bei der Anlieferung einer neuen Bestellung einfach mitnimmt. Die weltweite Rücknahmekapazität für gebrauchte Nespresso Kapseln liegt derzeit bei 86 Prozent. Bis 2020 hat sich Nespresso vorgenommen, die Rücknahmekapazität auf 100 Prozent auszubauen. In Deutschland ist aufgrund der freiwilligen Lizenzierung der Kapseln beim Grünen Punkt dieses Szenario schon seit 25 Jahren gegeben.

Quelle: UmweltDialog
 

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