Freizeit

Nachhaltiger Tourismus: Island entdecken

Die Reiselust der Deutschen ist so groß wie nie zuvor. Viele Urlauber beziehen inzwischen soziale und ökologische Gesichtspunkte bei der Reiseplanung ein. Was das für die Touristendestinationen bedeutet, lässt sich an dem Beispiel Island zeigen. Die Insel der heißen Quellen, Geysire und Gletscher hat im letzten Jahrzehnt einen regelrechten Tourismusboom erlebt.

30.03.2015

Nachhaltiger Tourismus: Island entdecken zoom
Ein Naturschutzgebiet auf Island: Hier strömen vulkanische Gase und Dämpfe aus dem Boden.

Nachhaltiger Tourismus ist in. Und das Interesse an Nachhaltigkeit wird nach Einschätzung deutscher Touristendestinationen in den nächsten Jahren sogar noch steigen. Das geht aus einer jetzt veröffentlichten gemeinsamen Untersuchung der mascontour Tourismus Beratung und der ITB Berlin hervor, an der sich 134 Destinationen aus ganz Deutschland beteiligten. Demnach werden verbindliche Umwelt- und Sozialstandards, Zertifizierungen und Klimaschutz für die Branche in den kommenden Jahren stark an Bedeutung gewinnen.

 
 

Gütesiegel für einen nachhaltigen Urlaub

  • TourCert, die gemeinnützige Gesellschaft (GbR) für Zertifizierung im Tourismus, vergibt seit 2009 ein CSR-Siegel für Reiseveranstalter, Reisebüros und seit 2013 auch für Hotels und führt das Register der CSR-zertifizierten Unternehmen.
  • Viabono (Tourismusangebote Deutschland)
  • Euro-Blume (Tourismus in Europa)
  • Nordic Ecolabel (Nordische Länder)
  • Green Globe (Tourismus weltweit)
 
 

Besonders großes Interesse an Nachhaltigkeit zeigen Natururlauber. Diese zieht es besonders häufig in Regionen mit schöner Landschaft, reiner Luft und sauberem Wasser. Davon hat Island jede Menge zu bieten. Die etwa vier Flugstunden von Deutschland entfernte Insel hat im letzten Jahrzehnt einen regelrechten Tourismusboom erlebt. Besonders beliebt ist sie bei Urlaubern aus Großbritannien, den USA und Deutschland. 2013 kamen laut isländischem Fremdenverkehrsamt rund 800.000 Touristen auf die Vulkaninsel, im Jahr 2023 könnten es über eineinhalb Millionen sein. Der Tourismussektor ist neben der Fischerei inzwischen der wichtigste Motor für die isländische Wirtschaft. Die Ursachen für den Tourismusboom sind vielfältig: Große internationale Aufmerksamkeit erlangte Island vor gut fünf Jahren durch den Ausbruch des Eyjafjallajökull Vulkans, der den Flugverkehr wochenlang lahmlegte. Seitdem hat die Insel für Naturliebhaber noch an Anziehungskraft gewonnen. Zudem ist das Land im Zusammenhang mit der Finanzkrise und der Abwertung der isländischen Krone erschwinglicher für Touristen geworden.

 
 
Viele Touristen zieht es im Urlaub zur Entspannung in die Natur.
Viele Touristen zieht es im Urlaub zur Entspannung in die Natur.
 
 

Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft im Einklang

Mit der steigenden Besucherzahl wächst allerdings auch die Gefahr, dass Attraktionen wie der zum Weltkulturerbe der UNESCO gehörende þingvellir-Nationalpark in der Hochsaison von Touristen überlaufen sind. Dadurch kann nicht nur das Erlebnis für den Besucher geschmälert werden, der mit der Erwartung nach Island gereist ist, Ruhe und unberührte Natur vorzufinden, sondern auch Landschaft und Vegetation können durch den großen Andrang vorrübergehend oder dauerhaft beschädigt werden. Darauf weist ein Forschungsbericht von The Boston Consulting Group von 2013 hin. Demnach steht Island als Touristendestination heute vor der Herausforderung, seine Strategie dahingehend zu ändern, nicht mehr allein auf eine steigende Touristenzahl zu fokussieren, sondern auf einen nachhaltigen Tourismus, der langfristig wirtschaftlich ergiebig und gleichzeitig umwelt- und sozialverträglich ist.

 
 
Die Almannagjá.
Die Almannagjá.
Der þingvellir-Nationalpark.
Der þingvellir-Nationalpark.
Der þingvellir-Nationalpark.
Der þingvellir-Nationalpark.
 
 
Die Almannagjá.
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Der þingvellir-Nationalpark.
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Der þingvellir-Nationalpark.
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Rund um Island mit dem Bus

Ankunftsort ist für die meisten Besucher (95 Prozent) der internationale Flughafen Keflavík, der ca. 50 km von der Hauptstadt Reykjavík entfernt liegt. Eine klimafreundlichere Alternative zum Flug ist die Anreise von Dänemark aus mit der Fähre. Für Flugreisende bietet die Klimaschutzorganisation atmosfair die Möglichkeit, die Klimagase der Flugreise zu kompensieren. Wie das funktioniert erfahren Sie hier. Das beliebteste Verkehrsmittel auf Island ist laut Fremdenverkehrsamt der Bus. In der Hauptstadtregion ist das Busnetz hervorragend ausgebaut. In stärker besiedelten Gebieten fahren im Sommer viele Ausflugsbusse und mindestens einmal täglich ein Linienbus.

Eine Busreise auf der sogenannten Ringstraße einmal um die Insel herum stellt eine kostengünstige und umweltfreundliche Alternative zum Mietwagen dar, um Island im eigenen Tempo zu erkundigen. Das Busunternehmen Sterna Travel bietet dazu für rund 260 Euro (Stand: 2014) den Full Circle Passport (gültig vom 16. Juni–31.August) und den East Circle Pass (gültig vom 20.Juni–05. September) an. Auf der Fahrt kann nach Absprache mit dem Busfahrer an jeder beliebigen Stelle ein- und ausgestiegen werden und auch eine Fahrradmitnahme ist möglich. Per Anhalter zu fahren ist ebenfalls nicht unüblich. Da vor allem Touristen ihre Autos aber voll beladen haben, ist hier mit langen Wartezeiten für Tramper zu rechnen.

Die Strecke auf der Nationalstraße 1 bzw. der Ringstraße (isländisch: Hringvegur) zwischen Reykjavík und Akureyri als erste Station im Norden lässt sich mit dem Full Circle Passport montags bis freitags in gut fünf Stunden zurücklegen. Mit dem East Circle Passport ist man um einiges länger unterwegs. Hier fährt der Bus über die Hochlandpiste Kjölur, eine von Schlaglöchern übersäte, holprige Schotterstraße.

 
 
Unterwegs auf der Hochlandpiste.
Unterwegs auf der Hochlandpiste.
 
 

Aber das Abenteuer lohnt sich: Auf seiner elfstündigen Fahrt macht der Bus unter anderem Halt am þingvellir-Nationalpark, der sich auf geologisch und historisch bedeutsamem Boden befindet. In der berühmten Almannagjá (Allmännerschlucht) mit bis zu 40 Meter hohen Felswänden versammelten sich im Jahr 930 die Teilnehmer des ersten isländischen Parlaments, dem Alþing. Im gesamten Gebiet ist das Auseinanderdriften der europäischen und nordamerikanischen Kontinentalplatte zu erkennen, das seine Spuren als tiefe, zum Teil mit Wasser gefüllte Spalten und Schluchten hinterlassen hat.

 
 

Ankunft im hohen Norden

Das erste Etappenziel auf der Busrundreise ist die Hafenstadt Akureyri. Mit ihrer sehr schönen Lage am Fjord Eyjafjörður bietet sie sich an als Startpunkt für Tagestouren mit dem Linienbus: beispielsweise in den nahegelegenen Ort Húsavík für eine Walbeobachtungsfahrt. Auch die Insel Grímsey, die von vielen Vogelarten bevölkert wird, oder der Dettifoss, der größte Wasserfall Europas, sind von Akureyri aus gut erreichbar. Wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt ragt der Berg Súlur über Akureyri auf, der bei schönem Wetter zu einer Wanderung einlädt. Der Weg zum Gipfel führt vorbei an Bachläufen über sumpfige, aber gut markierte Pfade und bietet einen tollen Ausblick auf die Stadt am Fjord.

 
 
Bachlauf auf dem Weg zu dem Hausberg von Akureyri, dem Súlur.
Bachlauf auf dem Weg zu dem Hausberg von Akureyri, dem Súlur.
 
 

Der Wasserfall der Götter

Wenige Kilometer von Akureyri entfernt und unweit der Nationalstraße 1 stürzt der Goðafoss, der Wasserfall der Götter, 12 Meter in die Tiefe. In den frühen Morgenstunden, vor der Ankunft der ersten Sightseeing-Busse, lässt sich das Naturschauspiel in aller Ruhe genießen. Dann ist auch Gelegenheit für einen Spaziergang in der Umgebung mit ihren interessanten Bewohnern wie dem Regenbrachvogel oder dem Goldregenpfeifer.

 
 
So bunt ist Island.
So bunt ist Island.
Ein Goldregenpfeifer.
Ein Goldregenpfeifer.
Ein Bachlauf in der Nähe des Goðafoss.
Ein Bachlauf in der Nähe des Goðafoss.
Der Goðafoss, der Wasserfall der Götter.
Der Goðafoss, der Wasserfall der Götter.
 
 
So bunt ist Island.
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Ein Goldregenpfeifer.
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Ein Bachlauf in der Nähe des Goðafoss.
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Der Goðafoss, der Wasserfall der Götter.
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Jahrtausende altes Eis

Es geht weiter auf der Ringstraße in Richtung Süden. Die Straße schlängelt sich entlang der Fjordküste und kommt dem Gletscher, den man bislang nur in weiter Ferne erahnen konnte, auf der anderen Seite immer näher. Am Gletschersee Jökulsárlón legt der Fahrer einen Stopp ein. Hier bietet sich die Gelegenheit für einen Ausflug auf einem Amphibienfahrzeug. Ein Guide erklärt während der Bootsfahrt, dass die weiß und blau leuchtende Eisberge Jahrtausende alt sind.

 
 
Ein Guide auf dem Amphibienfahrzeug auf dem Gletschersee Jökulsárlón.
Ein Guide auf dem Amphibienfahrzeug auf dem Gletschersee Jökulsárlón.
Ein Eisberg
 
 

Der Skaftafell-Nationalpark

Am Fuße des Gletschers Vatnajökull liegt auch der Skaftafell-Nationalpark. Dieser lässt sich mit Karten aus dem Besucherzentrum und auf gut markierten Wegen erkunden. Nach kurzer Wanderung gelangt man zum Svartifoss (schwarzer Wasserfall), der sich über eine schroffe Felskante ergießt. Diese besteht aus langen Basaltsäulen, die in ihrer Gestalt an Orgelpfeifen erinnern.

 
 
Der Svartifoss.
Der Svartifoss.
 
 

Folgt man den Pfaden weiter bergauf, erhält man einen faszinierenden Ausblick über den Gletscher und den größten Sander Islands, der von zahlreichen Armen der Gletscherflüsse durchzogen wird. Die großflächige graue Ablagerung ist im Laufe von Jahrtausenden durch Gletscherläufe entstanden, die Sand und Geröll herbei geschwemmt haben.

Schwarze Strände im Süden

Ganz im Süden der Insel liegt schließlich der kleine Ort Vík mit dem sogenannten Vogelfelsen, von wo aus die von schwarzem Sand gesäumte Küste überblickt werden kann. Im Sommer lässt sich auch mit ein wenig Glück und Geduld ein Blick auf Papageitaucher (isl. Lundi, engl. Puffin) erhaschen, die zu Millionen auf Island beheimatet sind, und die in den Abendstunden vom Meer an die Küste zurückkehren. Mit der Fahrt von Vík nach Reykjavík endet die Rundfahrt wieder am Ausgangspunkt in der Hauptstadt.

 
 
Warten auf die Rückkehr der Papageitaucher an die Küste.
Warten auf die Rückkehr der Papageitaucher an die Küste.
Blick vom Vogelfelsen auf die Küste bei Vík.
Blick vom Vogelfelsen auf die Küste bei Vík.
 
 

Praktische Reisetipps

  • Reiseanbieter: Contrasttravel hat sich auf nachhaltigen Urlaub in Island spezialisiert und bietet Individual- und Gruppenreisen an. Der Reiseanbieter ist Mitglied im forum anders reisen, dem Dachverband für nachhaltigen Tourismus.
  • Übernachtung: Icelandic Farm Holidays organisiert Reisen und Ausflüge und bietet Übernachtungsmöglichkeiten auf der ganzen Insel an – von Bed and Breakfast über Hotels bis hin zu Bauernhöfen. Als EarthCheck zertifizierter Reiseanbieter hat sich Icelandic Farm Holidays einem nachhaltigen Tourismus verpflichtet.
  • Literatur: Gerade ist eine Neuauflage des Reiseführers „Rund um Island auf der Ringstraße“ im Conrad Stein Verlag erschienen.
Quelle: UmweltDialog
 

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