Mode

Ist faire Kleidung möglich?

Mode ist meist schick, aber die Bedingungen, unter denen diese hergestellt werden, oft schäbig. Daran will das Textilbündnis etwas ändern. Die Initiative des Entwicklungshilfe-Ministers Müller hat sich anfänglicher Kritik aus der Modeindustrie auf heute fast 150 Mitglieder entwickelt. Wir sprachen mit Dr. Jürgen Janssen, Leiter des Sekretariats, Bündnis für nachhaltige Textilien, über bisher erreichtes.

31.07.2017

Ist faire Kleidung möglich?
Dr. Jürgen Janssen leitet das Textilbündnis

Das Textilbündnis wurde 2014 als Antwort auf Rana Plaza gegründet. Was ist jetzt besser als vor drei Jahren?

Dr. Jürgen Janssen: Eine ganze Menge: Erstmalig arbeiten die entscheidenden gesellschaftlichen Gruppen gemeinsam daran, den Textilsektor fairer und umweltverträglicher zu machen. Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften lernen voneinander, optimieren Prozesse und Geschäftspraktiken von Unternehmen hier in Deutschland und arbeiten in den Produktionsländern an konkreten Problemen, die keine der Gruppen alleine lösen kann. Dieser Dreiklang ist ein Novum! Die rund 150 Mitglieder haben in diesem Jahr auch erstmalig Jahrespläne eingereicht und sich damit auf individuelle Ziele verpflichtet. Das macht 150 x Verbesserungen: – bei den Geschäftspraktiken, durch die Weiterbildung von Arbeiterinnen und Arbeitern oder auch im Management gefährlicher Chemikalien.

Geht das nicht alles viel zu langsam?

Janssen: Ich würde mir auch eine Alles-wird-gut-Taste wünschen, mit der ad hoc alle Probleme im Textilsektor gelöst sind. Aber die gibt es leider nicht. Ein Multistakeholder-Ansatz ist sicher nicht der schnellste Weg, aber in meinen Augen der effektivste und vor allem nachhaltigste. Klar ist aller Anfang schwer: Gemeinsame Ziele aushandeln, Kriterien festzurren, hinter denen sich niemand verstecken muss, die zugleich jeder mittragen kann, einen Mechanismus für die Zielformulierung und -überprüfung entwickeln, der ambitioniert und zugleich machbar ist – und das für alle Mitglieder und Unternehmenstypen – das sind Mammutaufgaben. Der erste Durchlauf für die Erstellung der Jahrespläne ist daher naturgemäß ein Lernprozess. In den Folgejahren werden die Prozesse leichtgängiger und die Schritte in die richtige Richtung größer und besser sichtbar sein.

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Aber was kommt denn nun wirklich bei der Näherin an?

Janssen: Das ist tatsächlich nicht pauschal zu beantworten. Die Textil-Lieferkette ist komplex und Veränderungen dringen nicht sofort in jede Verästelung. Aber: Was wir jetzt mit dem Textilbündnis tausendfach anstoßen, wird wellenartig in das Gesamtsystem weitergegeben und langfristig spürbare Verbesserungen für alle bringen. Neben der strukturellen Veränderung des Gesamtsystems, die in der Tat ihre Zeit braucht, hat das Textilbündnis aber auch den Hebel der Bündnisinitiativen geschaffen: Damit gehen mehrere Bündnismitglieder gemeinsam einzelne Probleme in Produktionsländern sofort an.

Kann man nicht einfach den Preis für ein T-Shirt erhöhen und dann ist das Problem gelöst?

Janssen: Leider nicht. Das ist ein strukturelles Problem, das auch wieder mit der Komplexität der Lieferkette zusammenhängt. Gerade bei Modebekleidung machen die Herstellungskosten oft nur einen kleinen Teil des Endpreises aus. Dazu kommen Design, Werbung, Kosten für Vorprodukte, Transportkosten und Steuern, Zwischenhändler und nicht zuletzt Kosten für Vertrieb und Verkauf in Deutschland. Der Preis eines T-Shirts ist damit leider auch kein guter Indikator für soziale und ökologische Produktion. Gute Hinweise dafür bieten glaubwürdige Siegel, zunehmend aber auch gute Informationen der Markenhersteller und Handelshäuser, die transparent über Herkunft und Produktionsbedingungen und ihre Aktivitäten berichten. Das Textilbündnis wird ab Juli 2017 die ersten Jahrespläne von Mitgliedern veröffentlichen. Auch dies ein wichtiger Schritt in Richtung sozial und ökologisch fairer Textilproduktion.

Quelle: UD
 

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