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Tchibo stellt seine textile Lieferkette auf den Kopf

Textile Lieferketten sind komplex und weit verzweigt. Nur selten stammt die Baumwolle aus demselben Land, indem sie zu Kleidungsstücken weiterverarbeitet wird. Für die neue Eco-Logic-Kollektion, die Kunden seit April 2016 bei Tchibo kaufen können, ist dem Unternehmen genau dieser Schritt in Indien gelungen. Dazu musste Tchibo allerdings seine Lieferkette umgestalten und neu denken. Am Anfang der Wertschöpfung steht hierbei die qualitativ hochwertige Bio-Baumwolle von Mani Chinnaswamy. Der Geschäftsführer von Appachi Eco-Logic Cotton hat ein Projekt initiiert, das Kleinbauern der Region dabei hilft, sozial- und umweltverträglich Baumwolle anzubauen.

27.05.2016

Tchibo stellt seine textile Lieferkette auf den Kopf
Mani Chinnaswamy ist von der Qualität seiner nachhaltigen Baumwolle überzeugt.

„Ich sehe, dass sich einiges verbessert hat, seit wir im Appachi Eco-Logic Project sind und nur noch natürliche Pflanzenschutzmittel und Dünger verwenden“, erklärt die Kleinbäuerin Shashi Beleaiah. Sie ist eine von mittlerweile 300 Farmern, die sich an der Baumwoll-Initiative in der südindischen Kabini-Region beteiligen. „Ich bin davon überzeugt, wenn wir unsere Böden gesund halten, bleiben wir es auch.“

Öko-Baumwolle ist nicht nur frei von Pestiziden und künstlichem Dünger; für ihren Anbau darf auch kein genverändertes Saatgut verwendet werden. Im Verhältnis zu konventionell erzeugter Baumwolle, gestaltet sich der Anbau von Biobaumwolle allerdings aufwendiger und setzt spezielles Fachwissen der Farmer voraus. Aus diesem Grund erhalten die Bauern, die am Appachi Eco-Logic Projekt teilnehmen, regelmäßig Unterrichtseinheiten, um ihre landwirtschaftlichen Fähigkeiten kontinuierlich zu verbessern. Dabei stehen auch Themen wie Qualitäts- und Ertragssteigerung auf dem Stundenplan: „Gleichzeitig garantieren wir ihnen die Baumwollerträge abzunehmen und sichern ihnen so ein besseres Einkommen zu. Das erhöht auch das Vertrauen der Farmer, beim nachhaltigen Baumwollanbau zu bleiben“, sagt Chinnaswamy.

Koexistenz zwischen Mensch und Umwelt

Das Appachi Eco-Logic Project verbessert nicht nur die Situation der lokalen Kleinbauern. Darüber hinaus übernimmt die Initiative auch einen wichtigen Beitrag für den Naturschutz. Die Felder der Bauern sind von mehreren Waldschutzgebieten umgeben, die zu den artenreichsten der Welt zählen. Neben seltenen Pflanzen- und Vogelarten sind hier Säugetiere wie beispielsweise Tiger und Elefanten beheimatet. Damit Bauern und Elefanten nebeneinander leben können, integrieren die Farmer spezielle Futterstellen für die Dickhäuter, sodass sie nicht die Felder und damit die Baumwollernten bei der Futtersuche zerstören.

„Eine Sache, die mir besonders an der ökologischen Landwirtschaft gefällt, ist der Fokus auf ein ausgewogenes System. Es werden alle Interessen berücksichtigt, ohne dass harte Grenzen gezogen werden müssen“, erklärt Liesl Truscott, European and Materials Strategy Director bei Textile Exchange. Die gemeinnützige Organisation macht sich global für die Umstellung der Textilbranche auf nachhaltige Produkte und Prozesse stark und begleitet das Projekt in Indien. Darüber hinaus arbeitet Textile Exchange mit Tchibo zusammen und unterstützt das Unternehmen bei seinem Weg, künftig ausschließlich Bio-Baumwolle für seine Textilien zu verwenden.

Bio-Baumwolle bei Tchibo

Tchibo verkauft bereits seit 2008 Kleidungsstücke aus zertifizierter Bio-Baumwolle. Mittlerweile werden 85 Prozent der angebotenen Textilien aus nachhaltiger Baumwolle produziert. Damit gehört Tchibo laut Textile Exchange zu dem drittgrößten Anbieter weltweit. Bei der Umstellung der Textilien arbeitet das Unternehmen eng mit drei verschiedenen Partnern zusammen. Neben Textile Exchange sind das Cotton made in Africa, das die Wettbewerbschancen afrikanischer Baumwollfarmer verbessern will und die Better Cotton Initiative, die sich weltweit für einen verantwortungsvollen Anbau von Baumwolle engagiert.

Kunden von Tchibo können die Kleidung aus nachhaltiger Baumwolle an verschiedenen Siegeln erkennen. Dazu zählen unter anderem der OE 100 Standard (gilt für Textilien, die mehr als 95 Prozent nachhaltige Baumwolle beinhalten) und der OE Blended Standard (gilt für Textilien, die mehr als fünf und weniger als 95 Prozent nachhaltige Baumwolle beinhalten). Beide werden von Textile Exchange herausgegeben.

Darüber hinaus beschäftigt sich Tchibo aber nicht nur mit dem nachhaltigen Anbau der Baumwolle, sondern auch mit ihrer nachhaltigen Weiterverarbeitung wie etwa dem Färben oder Bedrucken der Stoffe. Deshalb hat sich das Unternehmen 2014 nach dem Global Organic Textile Standard zertifizieren lassen, der aller relevanten Verarbeitungsprozesse berücksichtigt.

Lieferketten neu denken

Dabei geht es Tchibo nicht nur darum, das Rohmaterial aus nachhaltigen Quellen zu beziehen, sondern auch die weiterverarbeitenden Schritte bis zur Konfektionierung der Kleidungsstücke umwelt- und sozialverträglich zu gestalten: „Das ist keine einfache Aufgabe“, erklärt Achim Lohrie, Direktor der Unternehmensverantwortung bei Tchibo. „Dahinter stehen viele Entwicklungsprojekte und eine ganz neue Art der Lieferkettengestaltung wie wir das in Indien durchgeführt haben.“

Normalerweise beginnt die Lieferkette des Unternehmens in Hamburg. Dort gestalten die Designer die Kleidungsstücke und die Mitarbeiter aus den Bereichen Qualität und Einkauf leiten daraus die Anforderungen für die Materialien und Lieferanten ab. Somit organisieren sie die Lieferkette ausgehend vom Design bis hin zu den Rohmaterialien. Im Fall der neuen Kollektion lief es genau anderes herum: „Wir wollten sicherstellen, dass unsere Produkte die hochwertige Baumwolle von Mani Chinnaswamy beinhalten. Dafür mussten wir – ausgehend vom Rohstoff Baumwolle – komplette indische, nachhaltige Zulieferketten selbst organisieren“, so Lohrie weiter.

So sieht die Eco-Logic-Kollektion aus.
So sieht die Eco-Logic-Kollektion aus.

Ausgewählte Lieferanten

Mit der Textilherstellung der Eco-Logic-Kollektion beauftragte Tchibo daraufhin bewährte indische Partner aus dem Lieferantenqualifizierungsprogramm des Unternehmens, WE genannt. Dieses hat zum Ziel, Themen wie Umweltschutz und Arbeitsrechte bei strategisch relevanten Zulieferern in den Produktionsländern der Tchibo-Waren voranzutreiben. Dabei setzt das Programm auf die Förderung der Beziehung zwischen den jeweiligen Unternehmensmanagern und ihrer Belegschaft, um die Arbeitsbedingungen vor Ort zu verbessern. Dazu zählen Maßnahmen wie die Einführung besserer Sozialleistungen, Gesundheitsschutz, höhere Löhne oder Arbeitnehmervertretungen. Außerdem hilft Tchibo den teilnehmenden Lieferanten dabei, Umweltmanagementsysteme aufzubauen, um den Ressourcenverbrauch zu senken.

Künftig plant Tchibo, die Kooperation mit Mani Chinnaswamy auszubauen und weitere Stücke in Einzelkollektionen anzubieten.

Quelle: UmweltDialog
 

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