Soziales Engagement

Bayer: Aspirin-Sozialpreis würdigt „Trauerland“

146 Initiativen bewarben sich um den Aspirin Sozialpreis - den ersten Platz sicherte sich am Ende das Zentrum zur Begleitung trauernder Kinder und Jugendlicher „Trauerland“ aus Bremen. Zum ersten Mal verlieh die Bayer Cares Foundation den Preis mit Ziel, vorbildliche Sozialprojekte im Gesundheitsbereich zu finden, auszuzeichnen und so bekannter zu machen. UmweltDialog stellt die Gewinner vor.

21.06.2010

Trauerland-Mitarbeiterin Ines Schäferjohann beschäftigt sich mit den Kindern. Foto: Bayer AG
Trauerland-Mitarbeiterin Ines Schäferjohann beschäftigt sich mit den Kindern. Foto: Bayer AG

„Ich war zuerst überhaupt nicht traurig oder schlecht drauf, irgendwie konnte ich gar nicht begreifen, was passiert ist“, berichtet Kathrin rückblickend im Interview mit der Trauerland-Mitarbeiterin Ines Schäferjohann. Kathrin war 13, als ihre Mutter ganz plötzlich an einem Herzinfarkt starb. Damals wusste sie nicht mit ihren Gefühlen umzugehen und zog sich zurück. Ihr Vater fand keinen Zugang mehr zu ihr und suchte Hilfe bei Beratungsstellen. So erfuhren sie vom Zentrum für trauernde Kinder. Hier treffen sich Kinder, die einen Angehörigen verloren haben. Gemeinsam können sie spielen, toben, Musik hören und, wenn sie wollen, auch über den Verstorbenen sprechen. An ihrer Seite ist immer ein Mitarbeiter - es gehört zu den Regeln des Zentrums, dass Kinder nie alleine sind. Die Arbeit im Trauerland unterscheidet sich von der typischen Therapie und wird von den Mitarbeitern als „ein Begleiten und Unterstützen“ beschrieben. Die Kinder finden im Zentrum einen geschützten Raum, in dem sie ihren „individuellen Trauerweg“ finden können. Denn Kinder verarbeiten ihre Trauer nicht nur durch reden und weinen, sondern auch durch spielen, malen oder schreien. Gegenüber ihren Eltern verleugnen sie aber oft ihre Gefühle, um sie nicht noch mehr zu belasten wenn diese selbst unter dem Sterbefall leiden. Viele Eltern sind dann - wie damals Kathrins Vater - ratlos. Im Zentrum finden beide Seiten Unterstützung. Kathrin kann sich an ihren ersten Besuch noch sehr gut erinnern: „Ich kam mir total bescheuert vor. Ich hatte keine Ahnung, was man in so einem Zentrum überhaupt tun sollte“, berichtet sie. Trotzdem entschied sie sich dazu, wiederzukommen. Regelmäßig über drei Jahre. „Heute weiß ich, dass es sehr wichtig ist, im Zentrum andere Kinder zu treffen, bei denen auch jemand gestorben ist“, erzählt Kathrin.

Unter 146 Bewerbungen entschied sich die Jury des Aspirin-Sozialpreises bei der Vergabe des ersten Platz für das Trauerland. Die Begründung: Der gemeinnützige Verein habe auf dem Gebiet der Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen in Deutschland Pionierarbeit geleistet. Dr. Richard Pott, Vorstandsmitglied der Bayer AG und Vorstand der Bayer Cares Foundation, überreichte die Sieger-Urkunde in einer Feierstunde in Berlin an Trauerland-Vorstandsmitglied Marita Schierenbeck. „Wir freuen uns riesig über den ersten Platz. Er ist eine große Anerkennung für unsere Arbeit“, so Schierenbeck. Die Einrichtung darf nun ein Preisgeld von 15.000 Euro ihr Eigen nennen.

Einblick in eine Patenfamilie mit Patenkind. Foto: Bayer AG
Einblick in eine Patenfamilie mit Patenkind. Foto: Bayer AG

2. Platz: Patenschaftsprogramm für Kinder psychisch erkrankter Eltern

Wenn Eltern psychisch erkranken, wie geht es eigentlich den Kindern? Dies ist der Grundgedanke des Projekts „Patenschaften für Kinder psychisch erkrankter Eltern“, der „Ambulanten Sozialpädagogik Charlottenburg“ (AMSOC). Schwerwiegende, chronische psychische Erkrankungen verlaufen oft in Phasen. Betroffene sind zeitweise sehr gut in der Lage, für ihre Kinder zu sorgen. Oft sind sie jedoch überfordert und können nur noch schwer oder gar nicht auf deren Bedürfnisse eingehen. Die Kinder sind dann allein mit ihren Ängsten und versuchen dazu meist, sich ihrerseits um die Eltern zu kümmern. Suchen die Eltern nicht rechtzeitig Unterstützung, und es kommt zu einer Klinikeinweisung, können Kinder oft nur in Heimen oder Pflegefamilien untergebracht werden. In vielen Fällen ziehen sich psychische Erkrankungen über Jahre, und die Kinder müssen derartige Beziehungsabbrüche zu ihren Eltern mehrmals erleben. Es hat sich gezeigt, dass diese Kinder ein höheres Risiko tragen selbst psychisch zu erkranken. Mit Hilfe der kontinuierlichen Betreuung durch eine emotional stabile Bezugsperson kann das vermieden werden. Solch eine Person zu vermitteln, ist das Ziel des Patenschaftsprogramm. Aufgabe des Paten ist es, regelmäßig mit dem ihm zugeteilten Kind Zeit zu verbringen und es in Krisenzeiten der Eltern bei sich aufzunehmen. Dazu gehört aber auch, einen freundschaftlich-nachbarschaftlichen Kontakt zu den erkrankten Eltern des Kindes aufzubauen. Von der Seite der Eltern muss die Bereitschaft bestehen, offen mit ihrer Krankheit umzugehen und die Unterstützung anzunehmen.

Bei der Verleihung des Aspirin-Sozialpreises sprach Jury Mitglied Mirjam Schöning von der Schwab Foundation ihre Anerkennung für die „außergewöhnlichen Menschen, hinter dem Patenschaftsangebot“ aus: „Die Paten, die sich ehrenamtlich dazu verpflichten, dem Kind einen festen Platz in ihrem Leben einzuräumen. Aber auch die psychisch erkrankten Eltern, die es ihrem Kind ermöglichen, zu einer anderen Person eine tiefe Beziehung aufzubauen.“ Der zweite Platz mit einem Preisgeld von 10.000 Euro ging somit an das Programm der AMSOC. „Wir freuen uns vor allem, dass Kinder psychisch erkrankter Eltern mit dieser Auszeichnung mehr Anerkennung bekommen“, so die Leiterin des Projekts Katja Beeck.

Nicolas Höfer, Claudia Kotter und Ina Brunk (2., 3. und 4. v.l.) von „Junge Helden e.V.“ mit Bayer-Vorstand Dr. Richard Pott (r.) und Dieter Gutschik, ehemals Geschäftsführer von „Aktion Mensch“. Foto: Bayer AG
Nicolas Höfer, Claudia Kotter und Ina Brunk (2., 3. und 4. v.l.) von „Junge Helden e.V.“ mit Bayer-Vorstand Dr. Richard Pott (r.) und Dieter Gutschik, ehemals Geschäftsführer von „Aktion Mensch“. Foto: Bayer AG

3. Platz: Der Verein „Junge Helden“

Claudia Kotter war 23 und eigentlich mitten in ihrem Auslandsstudium in den USA, als die Ärzte ihr sagten, dass sie nur eine Lungentransplantation langfristig am Leben halten würde. Die gebürtige Frankfurterin leidet an der Krankheit Sklerodermie - einer Erkrankung des Bindegewebes, bei der es zu einer Verhärtung der Blutgefäße kommen kann. Auch Organe können davon betroffen sein. Im Fall von Claudia ist es die Lunge. Damals musste sich Claudia zwangsweise mit dem Thema Organspende auseinandersetzen. „Ich hatte vorher keine Ahnung davon und meinen Freunden ging es ähnlich“, erinnert sie sich. Schnell wurde ihr bewusst, dass es hauptsächlich an der Aufklärung mangelt. Repräsentative Umfragen aus 2008 bestätigten das: 82 Prozent der Deutschen stehen dem Thema Organspende positiv gegenüber, aber nur zwölf Prozent haben einen Organspendeausweis. Claudia entschließt sich, mit Familie und Freunden den Verein „Junge Helden“ zu gründen. Ziel ist es, das Thema Organspende gesellschaftsfähig zu machen, Ängste abzubauen und aufzuklären. Menschen sollen eine bewusste Entscheidung für oder gegen die Organspende treffen. Claudia Kotter selbst ist heute 29, hat vor drei Jahren eine neue Lunge bekommen und kann inzwischen ein neues Leben genießen. „Ich kann jeden verstehen, der sich aus Angst oder anderen Gründen gegen Organspende entscheidet“, sagt Claudia. Aber: Egal wie entschieden wird, den „Jungen Helden“ ist wichtig, dass entschieden wird. 5.000 Euro erhielt der Berliner Verein für den dritten Platz bei der Verleihung des Aspirin-Sozialpreises.

Zusätzlich zu den Plätzen eins bis drei verlieh die Bayer Cares Foundation auch einen Publikumspreis, der mit 5.000 Euro dotiert war. Über ein Online-Voting mit mehr als 20.000 Teilnehmern gewann diesen der Deutsche Kinderhospizverein. Der aus Olpe stammende Verein arbeitet bundesweit mit Familien, deren Kinder unter unheilbaren, lebensverkürzenden Krankheiten leiden. „Der Preis zeigt uns, das unsere Arbeit geschätzt und gewürdigt wird“, so der Geschäftsführer Martin Gierse.

"Der neu gegründete Preis ist eine weitere Maßnahme im Rahmen unseres intensiven gesellschaftlichen Engagements, mit dem wir unserer sozialen Verantwortung gerecht werden wollen. Als Unternehmen mit Kernkompetenzen auf dem Gebiet der Gesundheit legen wir bei unseren sozialen Aktivitäten einen besonderen Fokus auf Fragen der Gesundheitsfürsorge“, erläutert Dr. Richard Pott, Vorstand der Bayer Cares Foundation. Mirjiam Schöing von der Schwab Foundation betonte zudem in einem Interview mit UmweltDialog, dass es bei dem Aspirin-Sozialpreis auch darum gehe, „auf interessante Organisationen und Initiativen aufmerksam zu machen, die als potenzielle Partner für engagierte Unternehmen in Frage kommen. Marktteilnehmer, denen es mit der sozialen Dimension ihrer Verantwortung Ernst ist, finden hier also ein relevantes Förderfeld“, so Schöning.

Die Bayer Cares Foundation wird die Auszeichnung nun jährlich vergeben. Beginn der neuen Bewerbungsrunde ist der 1. September 2010.

Quelle: UD
 

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