Das Gold der Barentsee

Der weltweite Energiehunger lässt nicht zuletzt auch die Erdgasbranche boomen. Davon profitieren die Explorationsfirmen genauso wie Anlagebauer. Um die Vorkommen optimal auszunutzen, sind allerdings neue Technologien notwendig. Die Linde Group festigt hier als klassischer Anlagenbauer wie auch als Innovator seine Marktposition.

14.11.2007

"Ich denke, wir schaffen 2007 mit dem kommerziellen Start von Hammerfest den Durchbruch auf dem Weltmarkt", versprach Linde-Vorstandsmitglied Aldo Belloni noch im vergangenen Jahr. Jetzt hat tatsächlich Europas größte Erdgasverflüssigungsanlage (LNG-Anlage) auf der norwegischen Insel Melkøya bei Hammerfest die Produktion aufgenommen. Das meldete der norwegische Mineralölkonzern Statoil ASA, der das Snøhvit-Gasfeld in der Barentssee betreibt. Während der letzten rund fünfeinhalb Jahre trug die Linde Group die Verantwortung für das Engineering, die Beschaffung und die Montageüber-wachung der Anlage. Der Gesamtauftragswert für Linde beläuft sich auf rund 900 Millionen Euro. "Melkoya ist für Linde sowohl aus technischer, als auch aus strategischer Sicht ein wertvolles Referenzprojekt", so der Leiter der Gase- und Engineeringsparte der Linde Group, Aldo Belloni. „Wir sind bereit, eine tragende Rolle entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu übernehmen.“
 
Das Erdgas wird durch Förderanlagen auf dem Meeresboden in 300 Metern Tiefe über eine 143 Kilometer lange unterseeische Pipeline bis zur Anlage geleitet. Anschließend werden Kohlendioxid (CO2), Wasser und Quecksilber aus dem Gasstrom herausgefiltert, bevor der Verflüssigungsprozess beginnt. Das verflüssigte Erdgas wird in großen Speichertanks gelagert und dann per Tankschiff zu den US-amerikanischen und europäischen Kunden transportiert. Das herausgefilterte CO2 wird komprimiert und via Pipeline in separate Lagerstätten geleitet. Das führt zu einer deutlichen Minimierung der CO2-Emissionen. Die LNG-Prozessanlage ist darüber hinaus die weltweit energieeffizienteste ihrer Art. Dieser Punkt ist insofern bedeutsam, als dass Studien nachgewiesen haben, dass schon eine 1%-ige Erhöhung der Ausbeuterate einem Zuwachs der globalen Reserven von mindestens einem Jahr des Weltölverbrauchs entspricht.

Das sind also verfahrenstechnische Pluspunkte für den Rohstoff Erdgas, der aber auch so deutliche Umwelt-Vorteile gegenüber anderen fossilen Energieträgern hat: „Flüssiggas ist das kohlenstoffärmste Ölprodukt und damit das klimafreundlichste. In einer Zukunft, in der das Energieangebot immer kohlenstoffärmer werden muss und werden wird, ist das ein großes Plus. Ein Plus, das sich auch in Euro und Cents niederschlagen sollte“, betonte Peter Knoedel, Generalbevollmächtigter der Deutschen BP auf einem Vortrag bereits in 2002.
 
Erdgasmärkte boomen
 
Nach Einschätzung von Experten wird die Nachfrage nach LNG-Anlagen, in denen Erdgas bei minus 162 Grad Celsius verflüssigt wird, bis zum Jahr 2010 um weltweit 60 Prozent steigen. Die Linde Group sieht in diesem boomenden Markt daher enormes Umsatzpotential. Ziel des Unternehmens ist es, bis 2010 rund ein Drittel des Marktes zu erobern. "Ich gehe davon aus, dass bis etwa 2012 weltweit jährlich drei bis vier Verflüssigungsanlagen fertiggestellt werden", sagte Aldo Belloni in einem Interview mit "Euro am Sonntag" im vergangenen Jahr. "Diese Projekte haben in der Regel ein Auftragsvolumen im Milliardenbereich. Wir wollen pro Jahr mindestens ein Projekt gewinnen", so Belloni gegenüber der Zeitung weiter. Im Gegensatz zu Erdöl scheinen hier die Vorkommen auch längerfristiger auszureichen. Dazu Knoedel: „Der Erdgasbedarf steigt schneller als der Ölverbrauch. Trotzdem sind Erdgasreserven noch weniger ein Knackpunkt als Ölreserven. Bei einem jährlichen Verbrauch von 2,4 Mrd. Kubikmeter reichen sie mindestens 60 Jahre.“

Die größte Dynamik zeigen dabei derzeit die Märkte in Asien. Es überrascht sicher nicht, dass in den aufstrebenden Schwellenländern wie China, Indien oder Malaysia der Bedarf an verflüssigtem Erdgas mit zweistelligen Raten jährlich ansteigt. Entsprechend werden in der Region auch eigene Produktionskapazitäten ausgebaut: In China etwa hat Linde im Jahr 2004 mit dem schlüsselfertigen Bau einer LNG-Anlage in der chinesischen Provinz Xinjiang eine neue Ära bei der Energieversorgung der derzeit am schnellsten wachsenden Volkswirtschaft der Welt eingeläutet. Von der Anlage im unzugänglichen Nordwesten des Landes wird das verflüssigte Erdgas über tausende Kilometer zu den Metropolen im Osten Chinas transportiert.

Offshore-Anlagen in der Planung

Und genau an diesem Punkt ergeben sich auch strukturelle Schwächen des derzeitigen Modells: Der Abtransport zu den Erdgasverflüssigungsanlagen auf dem Festland ist nicht für jeden Standort der richtige Schritt. Daher sind die Linde AG und die niederländische SBM jetzt eine Technologie-Allianz für Erdgasverflüssigung auf Offshore-Anlagen eingegangen. Die neue Allianz mit SBM zielt auf den Markt für schwimmende Erdgasanlagen und damit die Nutzung solcher Offshore-Felder, die entweder zu weit entfernt oder zu klein für die konventionelle Grundlastförderung sind. Belloni: „Es ist unser Ziel, eine führende Position auf dem Gebiet des industriellen und chemischen Offshore-Anlagenbaus zu erreichen, und diese erste Anwendung folgt genau unserer Strategie." Linde und SBM planen, die Anlagen entweder schlüsselfertig an die Kunden zu verkaufen oder im Rahmen eines Leasing-Modells anzubieten, bei dem die Partner als Investoren auftreten und die Anlage bauen und betreiben. Der Start der Erdgasproduktion aus der ersten Anlage ist für 2012 anvisiert.  
Quelle: UD
 
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