CSR-Management

„Bayer muss Monsanto auf vergleichbares Niveau heben“

Wenn man dieser Tage Nachhaltigkeitsintessierte auf den Bayer-Monsanto-Deal anspricht, dann erntet man Kopfschütteln. Monsanto ist für viele ein rotes Tuch. Aber ist der Kauf nachhaltig betrachtet wirklich so schlecht? Und was müssen die CSR-Akteure dort jetzt beachten? Wir sprachen darüber mit Dr. Klaus Gabriel, Geschäftsführer von CRIC, einem wichtigen Akteur für nachhaltiges Investment.

10.10.2016

„Bayer muss Monsanto auf vergleichbares Niveau heben“ zoom

Bayer ist ein solides, vielleicht zuweilen biederes Unternehmen mit guten CSR-Bewertungen. Monsanto dagegen ist schillernd, provoziert gern Stakeholder und gilt deshalb für viele fast schon als Ausschlusskriterium. Wie bitte passen die beiden für Sie zusammen?

Dr. Klaus Gabriel: Wirtschaftlich ergänzen sich die beiden Unternehmen gut im Agro-Bereich: Bayer ist stark bei Pflanzenschutzmitteln, Monsanto beim Saatgut. Was die Nachhaltigkeitsdimension betrifft wirken die beiden Unternehmen tatsächlich nicht so kompatibel. Bayer ist diesbezüglich zwar um Klassen besser als Monsanto, aber trotzdem noch lange kein nachhaltiges Unternehmen im eigentlichen Sinne. In Bezug auf Nachhaltigkeit hat auch Bayer noch viel Luft nach oben. Insgesamt birgt diese Fusion aber schon das Potenzial, dass am Ende ein Konzern entsteht, der eher dem Nachhaltigkeitsniveau von Bayer als dem von Monsanto entspricht. Und das wäre schon ein toller Erfolg.

Monsanto hat ein denkbar schlechtes Image. Ist das wirklich so finster oder wie erleben Sie die Firma aus der Nachhaltigkeitsperspektive betrachtet?

Gabriel: Monsanto hat in der Nachhaltigkeitsszene – vielleicht mit Ausnahme der Nachhaltigkeits-Consultants – praktisch keine Fans. Zu Recht, muss man sagen: Monsanto ist bekannt für seine aggressiven Vertriebsmethoden und für Knebelverträge bei Landwirten speziell in Entwicklungs- und Schwellenländern. Es ist auch kein Geheimnis, dass Monsanto vehement politisches Lobbying betreibt und mit Patenten versucht, Monopolstellungen zu erlangen. Das Unternehmen hat es nicht geschafft, aus der Schmuddelecke rauszukommen und es in der letzten Zeit auch gar nicht mehr versucht. So nach dem Motto: Ist der Ruf erst mal ruiniert, lebt es sich gänzlich ungeniert. Interessant ist aber, dass Monsanto immer wieder betont, einen wichtigen Beitrag für die Welternährung zu leisten und man mit vielen Vorwürfen zu Unrecht konfrontiert wird. Ich glaube ja auch nicht, dass bei Monsanto nur Bösewichte ihr Unwesen treiben und es dort so was wie einen Masterplan zur Unterwerfung der Welt gibt. Aber so, wie das Unternehmen agiert, kann man diesen Eindruck tatsächlich gewinnen.

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Als Begründung für den Zusammenschluss heißt es immer „Size matters“. Warum ist das so? Und ist das für Sie nachhaltig gedacht?

Gabriel: Natürlich, eine gewisse Größe ist wichtig, um im Wettbewerb bestehen zu können. Aber Größe ist nicht alles und einiges spricht dagegen, dass „immer größer“ automatisch „immer besser“ bedeutet: Viele der Mega-Fusionen der letzten Jahre haben sich als Fehler erwiesen, teilweise wurden sie auch wieder rückgängig gemacht. Und ob das Zusammengehen von Bayer und Monsanto ein wirtschaftlich richtiger Schritt ist, muss sich erst weisen. Außerdem: Noch ist das letzte Wort ja nicht gesprochen, es fehlt die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden.

Aus Nachhaltigkeitssicht ist zu sagen: Die Größe von Unternehmen spielt eine ganz wichtige Rolle sowohl in Bezug auf die Nachhaltigkeit des Unternehmens selbst als auch auf die nachhaltige Entwicklung auf unserem Globus. Es macht sowohl im Anspruch als auch in der Wirkung einen Unterschied, ob man einen global operierenden Konzern mit 150.000 Mitarbeitern oder ein regionales Kleinunternehmen auf Nachhaltigkeitskurs bringt. Sich auf neue Verhältnisse einzustellen oder auf geänderte Rahmenbedingungen zu reagieren, fällt großen Unternehmen in der Regel schwerer als kleinen. Nicht umsonst kommen viele Innovationen zu nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsstilen von kleinen Unternehmen. Und wo ganz wenige große Unternehmen den Markt dominieren, gibt es vermutlich weniger Druck, „nachhaltiger“ zu werden, als dies bei kompetitiven Verhältnissen der Fall ist, wo Nachhaltigkeit ein Differenzierungsmerkmal und Wettbewerbsvorteil sein kann.

Schließlich gibt es in der Nachhaltigkeitsdebatte auch ein wachsendes Bewusstsein dahingehend, dass Systeme – auch die Wirtschaft – resilient sein müssen, also unerwartete Ereignisse und Schocks abzufedern in der Lage sein sollen. Resilienz in der Wirtschaft bedeutet: plurality matters. Eine solche ökonomische Heterogenität wirkt systemstabilisierend und ist damit nachhaltig.

Was erwarten Sie von beiden CSR-Teams? Wie geht man so eine Fusion idealerweise an?

Gabriel: Das wird spannend, denn aus vergleichbaren Fällen wissen wir, dass der Erfolg oder Misserfolg von Fusionen zu einem großen Teil auch davon abhängt, ob und wie es gelingt, unterschiedliche Unternehmenskulturen zusammenzubringen. Und so viel man bisher weiß, prallen hier doch sehr unterschiedliche Unternehmenskulturen aufeinander. Idealerweise stellt man das Gemeinsame vor das Trennende, aber zu glauben, dass das Trennende dadurch einfach verschwindet, ist natürlich ein Trugschluss. Die kulturelle Dimension wird generell stark unterschätzt.

Von außen betrachtet scheint Bayer bei Nachhaltigkeitsthemen mehr Expertise und Reputation zu haben als Monsanto. Erwarten Sie, dass Leverkusen hier die Regie übernimmt?

Gabriel: Alles andere wäre wohl eine Überraschung. Bayer verfügt zum Beispiel über eine valide Strategie in Bezug auf Klimarisiken und vergleichsweise hohe Standards bei Menschen- und Arbeitsrechten – in diesen beiden Bereichen hinkt Monsanto weit hinterher. Ich gehe auch davon aus, dass Bayer hier keine Abstriche macht, sondern versuchen wird, Monsanto auf ein vergleichbares Niveau zu heben. Seien wir froh, dass die Fusion so verlaufen ist und nicht Monsanto Bayer gekauft hat!

Aber ich würde davor warnen, das System Bayer eins zu eins auf Monsanto zu übertragen. Ein guter Regisseur berücksichtigt den Spielort und stellt sich auf die Schauspieler ein, damit diese über sich hinauswachsen können.

CRIC - Corporate Responsibility Interface Center - ist ein Verein zur Förderung des ethisch-nachhaltigen Investments im deutschsprachigen Raum. Bedeuten solche Übernahmen für Sie bei der (Überzeugungs-)Arbeit Gegenwind oder Rückenwind?

Gabriel: Solche Anlässe sind öffentlichkeitswirksam und haben zur Folge, dass über unternehmerische Verantwortung und Nachhaltigkeit diskutiert wird. Das hilft uns in Erinnerung zu rufen, dass die wirtschaftliche Realität nicht einem Naturgesetz folgt, sondern gestaltbar ist – zum Beispiel dadurch, wie man sein Geld anlegt. Also Rückenwind. Und wir freuen uns über Wind aus Achtern, denn gegen den Wind aufkreuzen müssen wir ohnehin oft genug ;-)

Quelle: UmweltDialog
 

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