Energiewende

Bayer: Forschung für effizientere Windkraft

Die Windkraft noch weiter zu beflügeln, das hat sich Bayer MaterialScience zum Ziel gesetzt. Das Unternehmen will mit seinem noch jungen, 2012 gegründeten Kompetenzzentrum im dänischen Otterup Vorreiter in der Materialforschung werden. Von dort und damit aus dem Land, das fast ein Drittel seines Stroms mit Windenergie erzeugt, kommt nun die Nachricht über ein neues und vielversprechendes Verfahren. Die Wissenschaftler melden, eine Methode entwickelt zu haben, die die Herstellung und Wirkung der Rotorblätter verbessern soll.

27.06.2014

Bayer: Forschung für effizientere Windkraft zoom

PUR heißt die Abkürzung und die drei Buchstaben stehen für Polyurethan, das als Klebstoff das bislang verwendete Epoxidharz ersetzen soll. Klebemasse ist bei der Produktion von Windflügeln zwingend erforderlich, gilt es doch, Dutzende von Schichten, die unter anderem aus hauchdünnen und witterungsbeständigen Glas- oder Kohlefaserverbundmatten bestehen, zu einem stabilen Verbundwerkstoff zusammen zu fügen.

Der Einsatz von Epoxidharz habe den schwerwiegenden Nachteil, dass die Herstellung zu lange dauere, heißt es von Seiten des Unternehmens. Die Arbeit allein an einem Flügel nehme einen ganzen Tag in Anspruch. Das Material fließt äußerst langsam und verteilt sich entsprechend stockend innerhalb des Rotorblattes. Da auch Trocknungs- und Aushärtungszeiten hinter den Erwartungen zurückbleiben, ist man schon längst dazu übergegangen, die Windflügel mehrere Stunden bei hohen Temperaturen zu backen. Aber auch diese Vorgehensweise hat ihre Schattenseiten. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die Hitze das Innenleben der Flügel beeinträchtigt und die Qualität in Mitleidenschaft gezogen wird. Kurzum hat Bayer MaterialScience mit erheblichen Materialschäden zu kämpfen, aber auch mit höheren Kosten und ausufernden Produktionszeiten.

PUR fließt schneller

Mit Polyurethan setzt man nun auf einen Stoff, der bei ganz unterschiedlichen Produkten vorwiegend als Bindemittel zum Einsatz kommt, beispielsweise in Schläuchen, Dichtungen, Lacken, Fußbällen oder Gummistiefeln. Zudem wird PUR auch häufig als Schaumstoff verwendet. In der Herstellung der Windflügel hat sich gezeigt, dass der Stoff in der Form als Kunstharz bis zu sechs Mal schneller fließt als Epoxidharz und somit die Fasermatten zügiger erreicht und umschließt. Ebenso verläuft der Aushärtungsprozess ohne Hindernisse, vollkommen unabhängig davon, in welcher Form und Größe die Fasermatten vorliegen. Die Produktionszeit ließe sich um bis zu sieben Stunden verkürzen, so Bayer MaterialScience.

Darüber hinaus hat Polyurethan noch weitere Pluspunkte aufzuweisen. Eingehende Prüfungen haben gezeigt, dass das Material längst nicht so schnell ermüdet wie der Epoxidkleber. Darüber hinaus sorgt PUR für mehr Elastizität, höhere Stabilität und verringert das Gewicht. Wenn nun dieses Kunstharz als Ersatz dienen soll, stellt sich noch die Frage, ob auch die Wirksamkeit der Klebefestigkeit in gleichem Maße gegeben ist. Daran besteht nach Darstellung des Unternehmens kein Zweifel.

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Produktionszeiten senken

Durch die vielen positiven Eigenschaften, die der Einsatz von PUR mit sich bringt, sieht Dr. Marc Schütze, European Project Manager Wind bei Bayer MaterialScience, beste Chancen für eine neue und noch leistungsstärkere Generation von Windkraftanlagen. „Wir wollen die Produktionszeiten weiter senken und uns schrittweise den größeren Modellen widmen“, betont er. Schon heute sorgen an Dänemarks Küsten Windräder für reichlich Ausbeute, deren Flügel eine Länge von bis zu 80 Metern aufweisen, gemessen vom Flansch bis zur Spitze. Das entspricht einer Spannweite eines A380. Die Rotorblätter wiegen mehr als 25 Tonnen. Mit Polyurethan erweitern sich also die Perspektiven. Nicht nur 80, sondern sogar 100 Meter erscheinen da realistisch. Das Department of Energy in den USA fördert derzeit ein entsprechendes Pilotprojekt.

PUR könne man sich nicht nur als Kleber, sondern auch als Material vorstellen, das den Kern des Windflügels stabilisiert, sagt Schütze. Jetzt greift man dazu noch auf Balsaholz zurück, das zwar schon recht leicht ist. Doch mit Schaumstoff aus Polyurethan lasse sich das Gewicht noch weiter verringern. Ein weiteres Verwendungsgebiet sieht Schütz in Folien und Ummantelungen, um die Windräder vor Witterung zu schützen. Die Forscher in Otterup sind ferner bestrebt, die Herstellung der Flügel zu vereinfachen, um eine Vollautomatisierung zu erreichen. Davon versprechen sie sich deutliche finanzielle Vorteile. Bislang ist die Herstellung recht teuer und verschlingt rund ein Viertel einer kompletten Windradproduktion.

Optimierung der Herstellung

Die umfangreichen Forschungen von Bayer MaterialScience sind ganz eng mit dem Ausbau der Windenergie verbunden. Dänemark beispielsweise möchte bis 2017 die Hälfte seiner Energieerzeugung durch Windkraft erreichen. Weltweit wird nach Angaben von Branchenexperten in den kommenden zehn Jahren die Windkraftleistung auf 900 Gigawatt steigen und sich damit im Vergleich zu heutigen Mengen verdreifachen.

Derweil will das Unternehmen bei der Herstellung von Polyurethan neue Wege gehen. Bisher basiert die Gewinnung vor allem auf dem Einsatz von Rohöl. Bayer will nun in Dormagen ab 2016 mit einer rund 15 Millionen Euro teuren Anlage ans Netz gehen, die aus Kohlendioxid einen Vorläufer für Polyurethanschaum erzeugt. Wird wie derzeit Öl verwendet, geht damit nicht nur Energieverbrauch einher, es gelangen auch Treibhausgase in die Luft. Nun hat sich Bayer aber das ehrgeizige Ziel gesetzt, die eigenen CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren. Bildet nun Kohlendioxid die Grundlage, werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Zum einen lässt sich die Ressource Rohöl sparen, zum anderen wird aus dem klimaschädlichen Kohlendioxid ein nutzvoller Rohstoff, wie es Patrick Thomas, CEO von Bayer MaterialScience, formuliert. Weltweit steigt der Verbrauch an Polyurethan seit Jahren deutlich an. Waren es 2002 noch neun Millionen Tonnen, lag die Menge 2010 schon bei 13 Millionen.

Quelle: UmweltDialog
 

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