Shell-Chef: Brent-Spar-Debakel war ein "Weckruf"

Zehn Jahre nach dem Brent-Spar-Debakel ist "nachhaltiges Wirtschaften und soziales Denken" nach den Worten des Chefs der Deutschen Shell Holding, Kurt Döhmel, "integraler Bestandteil unseres täglichen Geschäfts" geworden. Die Besetzung der Ölplattform durch Greenpeace 1995 und die anschließenden Boykott-Aktionen seien für das Unternehmen "ein Weckruf" gewesen, sagt Döhmel. Shell habe damals die mögliche Wahrnehmung der Öffentlichkeit in seinen Überlegungen "einfach vergessen".

12.05.2005

Am 30. April 1995 besetzte Greenpeace die ausgemusterte Ölverladeplattform in der Nordsee zum ersten Mal. Der Ölkonzern Shell wollte den 15.000 Tonnen schweren Stahlkoloss als erste Plattform in den Nordost-Atlantik schleppen und versenken. Nach 52 Tagen heftiger Auseinandersetzungen, einer ungeahnten Protestwelle von Verbrauchern und breiter politischer Unterstützung gab Shell am 20. Juni auf. Die Brent Spar wurde zerlegt und für eine neue Kaianlage bei Mekjarvik/ Norwegen genutzt. 1998 konnte Greenpeace schließlich ein generelles Versenkungsverbot von Plattformen im Nordost-Atlantik und der Nordsee durchsetzen.

Die Brent Spar-Kampagne gilt als ein Höhepunkt der internationalen Umweltbewegung. Getrübt wurde die Kampagne von einem Messfehler: Kurz vor ihrem Ende gab Greenpeace eine falsche Schätzung über die restliche Ölmenge auf der Brent Spar heraus. Der gelegentliche Vorwurf, die Kampagne hätte von Anfang an auf falschen Zahlen basiert, stimmt aber nicht. Greenpeace hatte bis dahin mit korrekten Zahlen aus Shell-Dokumenten gearbeitet.
 
"Heute pflegen wir mit Greenpeace und anderen Nichtregierungsorganisationen einen regelmäßigen Gedankenaustausch", erklärt Döhmel in der ZEIT. Shell habe sich "grundlegend gewandelt" und orientiere sich in seiner Politik an einer nachhaltigen Entwicklung. In den neunziger Jahren sei es zu einer "Überbetonung des Shareholder-Value" gekommen, sagt Döhmel. Die Debatte über die soziale Verantwortung von Unternehmen sei "ein notwendiges Korrektiv" und werde auch unter Managern intensiv geführt. Die Kapitalismuskritik des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering teile er jedoch nicht. "Polarisierung bringt uns nicht weiter."
 
Jährlich fließen 14.000 Tonnen Öl in die Nordsee
 
Die alltägliche Verschmutzung der Nordsee hat dagegen zugenommen. "Damit ist das Meer noch nicht gerettet. Wir dürfen uns von dem großen Erfolg der Brent-Spar-Kampagne nicht blenden lassen", sagt Greenpeace-Ölexperte Christian Bussau. Ölplattformen sind nach Ansicht von Greenpeace noch immer eine große Belastung für das Meer. Von etwa 500 Plattformen fließen jährlich 14.000 Tonnen Öl in die Nordsee - das entspricht einem Tankerunfall pro Jahr. Diese Bilanz veröffentlicht Greenpeace zehn Jahre nach der Kampagne gegen die Versenkung der Brent Spar.

2002 leiteten die Plattformen nach Angaben der zuständigen Ospar- Kommission täglich 1,3 Millionen Kubikmeter ölhaltiges Produktionswasser ein. "Unsere aktuellen Luftbilder zeigen riesige Ölteppiche, die von den Plattformen ausgehen", erklärt Bussau. Bei 4 von 17 überprüften Plattformen im Brent-Feld vor Großbritannien hat Greenpeace erhebliche Öleinleitungen dokumentiert. Nun will die Ölindustrie noch in neue, unberührte Gebiete vordringen. Inzwischen gerät die ökologisch wertvolle Inselregion der Lofoten vor Norwegen ins Visier. Bedroht sind Seeadler, Kormorane und Papageientaucher, die auf den Fischreichtum angewiesen sind.

Quelle: UD
 
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