Biodiversität

Internationale Wolfskonferenz: Fakten statt Vorurteile

Seit 15 Jahren leben wieder Wölfe in Deutschland. Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V. freuen sich Viele darüber. Die Rückkehr des Wildtieres löst aber auch Ängste und Sorgen aus. Über die Einstellungen gegenüber Wölfen sowie über Chancen und Strategien für ein friedliches Miteinander von Mensch und Wolf diskutierten jetzt Vertreter aus Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft bei der internationalen Wolfskonferenz in Wolfsburg. Eingeladen hatten der NABU und die Volkswagen AG, die die Umwelt- und Artenschutzaktivitäten des Umweltverbands seit nunmehr 15 Jahren unterstützt.

02.10.2015

Internationale Wolfskonferenz: Fakten statt Vorurteile zoom

Auf einem Truppenübungsplatz in der sächsischen Oberlausitz ereignete sich im Jahr 2000 aus Naturschutzsicht eine Sensation: Einst vom Menschen aus seinem Lebensraum vertrieben und ausgerottet, wurden hier nach eineinhalb Jahrhunderten wieder Wölfe in Freiheit geboren. Heute leben nach Angaben des NABU 35 Wolfsfamilien in Deutschland. Europaweit wurde die Anzahl der Wölfe im Jahr 2014 auf zwölf bis vierzehn Tausend Tiere geschätzt.

Trotz überwiegend positiver Reaktionen auf seine Rückkehr hält sich das Bild vom "bösen Wolf" hartnäckig. Das zeigen auch die Ergebnisse einer im Auftrag des NABU durchgeführten forsa-Umfrage: Demnach haben 30 Prozent der Befragten Angst, in einem Gebiet mit Wolfsvorkommen in den Wald zu gehen. Zudem kann es dort, wo der Wolf wieder heimisch geworden ist, zu Konflikten mit Jägern, Bauern und Schäfern kommen. Grund für Panik und Hysterie gebe es jedoch nicht, "denn die auftretenden Konflikte sind lösbar. Wir müssen dem Wolf eine Chance geben und gleichzeitig den Umgang mit Wildtieren wieder lernen", erklärt NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Hat der Wolf eine Zukunft in Deutschland?

Dass Wölfe selbst dann, wenn es zu Konflikten kommt, in Deutschland leben sollten, finden 80 Prozent der Umfrageteilnehmer. Ebenfalls 80 Prozent der befragten Bundesbürger sind überzeugt, dass Wölfe genauso selbstverständlich in unsere Landschaften gehören wie Rehe oder Füchse. Für lediglich elf Prozent der Befragten stellt die Rückkehr des Wolfes eine Bedrohung dar. „Diese Ergebnisse zeigen, dass die Bevölkerung in Deutschland grundsätzlich positiv zur Rückkehr des Wolfes eingestellt ist“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Damit ist eine Grundlage gelegt, dass der Wolf 150 Jahre nach seiner Ausrottung durch den Menschen heute eine Zukunft in Deutschland hat."

Internationale Wolfskonferenz "Mensch, Wolf!"

Darüber, wie diese aussehen soll, diskutierten Wissenschaftler, Politiker und Praktiker aus Europa und den USA jetzt auf der internationalen Wolfskonferenz. Ziel der Veranstaltung von NABU und Volkswagen war es, eine Dialogplattform für den – teilweise auch kontroversen – Austausch von Wissen, Erfahrungen und unterschiedlicher Perspektiven zu schaffen. Im Mittelpunkt stand hierbei, mit Mythen und Vorurteilen aufzuräumen und diesen mit sachlichen Informationen zu begegnen.

Ein Herdenschutzhund ist der ideale Aufpasser.
Ein Herdenschutzhund ist der ideale Aufpasser.

Tatsache ist zum Beispiel, dass es seit der Rückkehr des Wolfes nach Deutschland "kein aggressives Verhalten gegenüber Menschen" gegeben habe, erklärt Miller. Menschen gehören nicht ins Beuteschema des Wolfes, der sich gewöhnlich von großen Huftieren wie Rehen, Hirschen und Wildschweinen ernährt. Zu Problemen mit Menschen kann es beispielsweise dann kommen, wenn der Wolf eine Schafsherde angreift. Schafe gehören zwar nicht zu seiner bevorzugten Nahrungsquelle, stellen unzureichend geschützt jedoch leichte Beute dar. Hier greifen sogenannte Herdenschutzmaßnahmen: Mit speziellen Zäunen und Herdenschutzhunden kann dafür gesorgt werden, dass die Schafe keine attraktive Beute mehr darstellen.

Diese Maßnahmen stellen Schäfer jedoch vor finanzielle und organisatorische Herausforderungen, wie Dr. Regina Walter vom Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband aus eigener Erfahrung zu berichten wusste. Was die Zukunft des Wolfes in Deutschland angeht, äußerte sie sich dennoch zuversichtlich: „Die Ehe zwischen Schäfern und Wolf ist sicher keine Liebesehe, aber ein Zusammenleben ist möglich.“

Auch aus politischer Sicht fiel das Urteil zum Umgang mit Wölfen eindeutig aus: „Der Wolf gehört zu Deutschland“, sagte Dr. Elsa Nickel, Abteilungsleiterin Naturschutz im Bundesumweltministerium, die auf der Konferenz für den Schutz der Wölfe in Deutschland plädierte.

Für eine Versachlichung der Debatte sprach sich auch Dr. David Mech vom International Wolf Center aus: „Fehlinformationen gehören zu den größten Problemen im Zusammenhang mit Wölfen“, lautete das Statement des Wolfsforschers, der zu den renommiertesten der Welt zählt.

Dr. Eick von Ruschkowski, Leiter des NABU-Wolfsprojekts, spricht sich auf der Wolfskonferenz für bundesweite Regeln für den Wolf aus.
Dr. Eick von Ruschkowski, Leiter des NABU-Wolfsprojekts, spricht sich auf der Wolfskonferenz für bundesweite Regeln für den Wolf aus.

Aus Sicht des NABU spielen für die erfolgreiche Koexistenz von Mensch und Wolf jedoch nicht nur gezielte Informations- und Aufklärungsmaßnahmen, sondern auch einheitliche Regelungen eine wichtige Rolle. Für Deutschland fordert der Umwelt- und Naturschutzverband deshalb die Einrichtung eines Kompetenzzentrums: „Wir brauchen eine Koordinierungsstelle, in der Erfahrungen und Daten, die bundesweit im Wolfsmanagement gemacht oder erhoben werden, gebündelt, analysiert und zentral zur Verfügung gestellt werden", so NABU-Präsident Tschimpke.

Kooperation von NABU und Volkswagen auf dem Prüfstand

Der NABU hat die Rückkehr des Wolfes von Anfang begleitet und wird dabei aktiv vom Volkswagen-Konzern unterstützt. Etwa im Rahmen der im Jahr 2005 gestarteten Initiative „Willkommen Wolf" oder im Zusammenhang mit dem Medien-Preis "Klartext für Wölfe", der journalistische Arbeiten zum Thema Wolf prämiert. "Als Wolfsburger haben wir natürlich ein Herz für Wölfe, aber auch genug Verstand, unser Engagement für den Artenschutz nicht mit purer Wolfsromantik zu verwechseln", so Thomas Steg, Generalbevollmächtigter für Außen- und Regierungsbeziehungen der Volkswagen AG.

Die Zusammenarbeit von NABU und Volkswagen wurde bereits 2002 von der deutschen Bundesregierung und der Europäischen Kommission als Vorbild („Best Practice“) im Nachhaltigkeitsmanagement gewürdigt, 2011 wurde sie als beispielhaftes „Public Sponsoring“ ausgezeichnet. Ziel der Kooperation ist es, sich „im Sinne nachhaltiger Lösungsansätze“ in konkreten Projekten gemeinsam zu engagieren, wie es auf der eigens für die Partnerschaft entwickelten Homepage www.mobil-fuer-mensch-und-natur.de heißt. Dies schließe "den offenen, auch kontroversen Austausch" jedoch nicht aus. So forderte der NABU im Zusammenhang mit der Manipulation von Abgaswerten von Diesel-Autos in den USA jetzt eine "lückenlose und schnelle Aufklärung" von Volkswagen: „Das Bestreben von Volkswagen, bis 2018 zum umweltfreundlichsten Autokonzern der Welt zu werden, ist stark beschädigt. Nur durch vollumfängliche Aufklärung und personelle sowie strukturelle Konsequenzen kann wieder Vertrauen hergestellt werden“, so Leif Miller.

Aktuelle Meldungen zum Thema Wolf sowie ausführliche Hintergrundinformationen stellt der NABU-Bundesverband auf seinen Wolfsseiten sowie in einer umfangreichen Broschüre bereit.

Quelle: UD/cp
 

Related Posts

Newsletter

Unsere Verantwortung/Mitgliedschaften

Logo
Serverlabel
The Global Compact
Englisch
Gold Community
Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
Caring for Climate

© macondo publishing GmbH
  Alle Rechte vorbehalten.

 
Lasche