Politik

Bildungsgerechtigkeit für die Länder des Globalen Südens

Hochschulbildung überall auf der Welt benötigt ein neues Finanzierungsmodell, um sich selbst zu tragen: eine Lösung, die fair ist, sozial verantwortlich und ethisch – vor allem aber ein Modell, das für alle gleichermaßen zugänglich ist. Ein solches Modell, genannt Umgekehrter Generationenvertrag hat in den letzten 20 Jahren Studierende der Universität Witten/Herdecke bei der Finanzierung ihrer akademischen Ausbildung unterstützt. Dieses Konzept soll nun in Länder des Globalen Südens übertragen werden.

02.06.2017

Bildungsgerechtigkeit für die Länder des Globalen Südens

Dafür bilden zwei von Studierenden der Uni Witten/Herdecke gegründete Organisationen eine strategische Partnerschaft: der gemeinnützige Verein L’appel Deutschland und die CHANCEN Genossenschaft. Gemeinsam mit Juniorprofessorin Dr. Magdalene Silberberger forscht derzeit ein dreiköpfiges Team, bestehend aus den UW/H-Studierenden Batya Blankers, Bartholomäus Peisl und Jakob Skatulla, in Ruanda und Südafrika, um konkrete Strategien zur Übertragung zu entwickeln sowie die potentielle Wirkung zu bemessen. Der Beginn der Umsetzung soll bei gutem Verlauf unmittelbar anschließen.

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Wie funktioniert der RGC?

Das Kürzel „RGC“ leitet sich von der englischen Übersetzung des UGV, „Reverse Generational Contract“, ab. Die Studiengebühren werden zunächst nicht von den Studierenden, sondern aus einem Fonds bezahlt, der durch eine Organisation verwaltet wird. Sobald die Studierenden ihren Abschluss erhalten haben und berufstätig sind, leisten sie Rückzahlungen, die sich prozentual an ihrem Einkommen bemessen. In dem Modell gibt es weder Zinsen noch eine fixe Darlehenssumme: Wer mehr verdient zahlt mehr zurück und trägt damit diejenigen mit, die aufgrund eines geringeren Einkommens weniger zurückzahlen. Voraussetzung für die Rückzahlung ist ein Einkommen, das über einem existenzsichernden Mindesteinkommen liegt. Ohne ein Einkommen fallen keine Zahlungen an. Das Modell des UGV hat sich als erfolgreich erwiesen und gezeigt, dass auch ethische Lösungen finanziell nachhaltig sein können.

„Zugang zu Bildung ist sowohl für die individuelle als auch die gesellschaftliche Entwicklung entscheidend. Der UGV ermöglicht jungen Leuten, finanzielle Hürden beim Zugang zu Bildung zu überwinden. Das Modell ist werteorientiert, es unterstützt persönliche Freiheit und Autonomie und erweitert mögliche Chancen im Leben. Gemeinsam mit L’appel analysieren wir den Wirkungshorizont des Modells, hinterfragen dabei stets, ob wir tatsächlich einen positiven Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung leisten und treiben gleichzeitig die wirtschaftliche Entwicklung des Modells voran. Nur wenn beides, gesellschaftliche Wirkung und wirtschaftliche Tragfähigkeit, zusammenkommen, können wir nachhaltige soziale Veränderungen erreichen.”

- Florian Kollewijn, Vorstandsmitglied der CHANCEN eG

L’appel Deutschland e.V. und die CHANCEN eG haben sich zusammengetan, um das nachhaltige und sozialverträgliche Finanzierungsmodell auf den afrikanischen Kontinent auszudehnen. Die CHANCEN eG verfügt über ausgewiesene Erfahrung bei der nachhaltigen Finanzierung von Bildung. L’appel ist eine Nichtregierungsorganisation mit Felderfahrung bei der Implementierung eines UGV-ähnlichen Modells in Sierra Leone. Beide wurden an der UW/H gegründet, teilen ähnliche Werte und dieselben Visionen. Das Forschungsteam ist sich einig: „Bildung ist das mächtigste Instrument für soziale Transformation von innen heraus. Insbesondere im internationalen Setting bietet sich mit dem RGC eine völlig neue Perspektive für länderübergreifende Solidarität und eine Möglichkeit, einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung unserer Gesellschaften und unserer gemeinsamen Welt zu leisten.“ In einem ersten Schritt analysieren die beiden Organisationen, wie genau der RGC im Globalen Süden eingeführt werden kann. Das derzeitige Modell des UGV muss an die lokalen Umstände und Bedürfnisse angepasst werden. Es gilt, die großen Wachstums- und Entwicklungschancen trotz der im Vergleich zu Deutschland instabileren institutionellen Strukturen zu nutzen.

Die Feldforschung findet von März bis September 2017 in Südafrika und Ruanda in Zusammenarbeit mit der Professur für Development Economics der UW/H statt. Südafrika und Ruanda sind zwei Länder mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen im Bereich der Wirtschaft, Bildung, Beschäftigung und Politik. Die Auswahl dieser Länder basierte auf einer strengen und umfangreichen Potenzialanalyse. „Anhand der Gegenüberstellung eines Landes mit niedrigen Einkommen und einem der oberen Mittelklasse möchten wir die spezifischen regionalen Charakteristika herausarbeiten und so das Wirkungspotenzial diversifizieren“, so das Team. „Es ist ein Grundpfeiler der Philosophie der UW/H, dass Wissenschaft betrieben wird, um eine echte Wirkung zu entfalten und um als Katalysator für positive Veränderung zu dienen. Genau darum geht es bei diesem Projekt“, erläutert Prof. Dr. Magdalene Silberberger ihre Motivation, das Projekt zu unterstützen.

Quelle: UD/fo
 

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